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Hammers of Misfortune: The Locust Years (Review)
Artist: | Hammers of Misfortune |
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Album: | The Locust Years |
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Medium: | CD | |
Stil: | Heavy Metal |
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Label: | Cruz Del Sur/Alive | |
Spieldauer: | 45:02 | |
Erschienen: | 2006 | |
Website: | [Link] |
HAMMERS OF MISFORTUNE haben über ein Demo und zwei Alben hinweg einen außergewöhnlichen Stil kultiviert. Bestimmte Kreise sehen „The August Engine“ schon als kleinen Klassiker, da veröffentlichen die Kalifornier den Nachfolger „The Locust Years“. Mit dem dritten Konzeptalbum sind ihre Entwicklungsschritte kleiner geworden, doch anstatt kreativ kürzer zu treten, schreitet die Gruppe ihr nunmehr gefundenes Feld weiträumig ab. Die acht Stücke leben von der neu rekrutierten Pianistin Sigrid Sheie und ihren analogen Synthesizern sowie Sängerin und Bassistin Jamie Myers, die allerdings gemeinsam mit Drummer Chewy mittlerweile ausgestiegen ist. Auch Slough-Feg-Kopf Mike Scalzi – bisher neben Ober-Hammer John Cobbett personelle Konstante – gibt hier seine Abschied.
Dem Unbedarften kann man die Band nur notdürftig als scheuklappenfreien Heavy Metal beschreiben. Das Abgründige des Black Metal wurde schon nach dem Debüt nur noch implizit und nicht mehr mit den ästhetischen Mitteln dieses Genres umgesetzt. Hinzu kommt nach wie vor eine weniger operettenhafte als eher einem Musical entlehnte Theatralik. Zuletzt verweist ein Hang zum Epischen auf Einflüsse aus den Siebzigern. Gemeinsam mit den unverkennbar Cobbetts Handschrift tragenden Melodien sowie den brodelnden Keyboards entsteht eigenwilliges Jahrmarkt-Flair und scheinbar surreale Dramatik.
Wem das nicht sinnfällig genug ist, seien die Songs an sich ans Herz gelegt. Das Titelstück ergeht sich wie bereits der Opener des Vorgängers in mehreren instrumentalen Wendungen und Dynamikwechseln, ehe der gemischtgeschlechtliche Gesang Liedstruktur herstellt. Die raffinierte Musik ist dabei nie selbstverliebt und stets emotional greifbar. In diesem Zusammenhang wünscht man manch bemüht künstlerisch anspruchsvoller Band, derart poetische und gleichzeitig aussagekräftige Texte schreiben zu können. Die von Binnenreimen durchzogenen Verse werden der ausgefeilten und ausladend fließenden Komposition gerecht und machen sie spätestens mit dem eindringlichen Refrain zur Hymne, die das Albumthema vorstellt - Sinnlosigkeit globaler Konflikte, die Rolle der USA zynisch reflektiert mittels verfremdeter Bibelmetaphorik.
Myers beklagt im Folgenden die Hilflosigkeit der Schwachen, symbolisiert durch das Bild der Witwen. Das zweite Stück schreitet dementsprechend lakonisch einher, die alleinige Sängerin voran und wie neben sich stehend. Scalzis Gesangsanteil wurde insgesamt reduziert, doch „Trot Out the Dead“ ist seine Sternstunde und wohl der direkteste Track der Platte. Passend zum verbalen Angriff auf skrupellose Führer steigert die Band sich in furiosen und erneut sehr eingängigen Metal. Danach schließt das hypnotische Rezitativ „Famine´s Lamp“ die Klammer so bedächtig, wie „We Are the Widows“ sie geöffnet hat. Den hier personifizierten Reitern der Apokalypse werden in „Chastity Rides“ eben jene Keusch- sowie die Heiligkeit zur Seite gestellt. Der sparsame Text wird nach stillem Beginn ein zweites Mal vor härterem musikalischen Hintergrund vollständig vorgetragen; da sich dabei der Ausdruck der Stimme nicht ändert, entsteht eine verheißungsvolle Reibung.
„War Anthem“ leitet die hörerseitigen Erwartungen temporeich in Wohlgefallen um und das progressive letzte Albumdrittel ein. Titelgemäß treiben die Instrumentalpassagen kämpferisch voran und schlagen Haken auf dem Schlachtfeld, räumen den Platz aber vorübergehend für rhythmische Einwürfe im Gestus einer Marschkapelle. Das gesangsfreie „Election Day“ behält diesen Spielwitz bei und erinnert vage an ähnliche Stücke der frühen Iron Maiden. „Widows´s Wall“ spricht zunächst dieselbe Sprache wie das ähnlich benannte Requiem an früherer Stelle: Resignation passend zur zurückgefahrenen Klangmacht, die sich nur langsam erhebt, dann aber ein feuriges Finale zulässt. Zerfall ist unvermeidlich, und die mahnenden Stimmen haben Recht behalten.
FAZIT: HAMMERS OF MISFORTUNE sind nicht nur ob ihrer Unkategorisierbarkeit eine beeindruckende Band; sie verweigern sich eklektischer Innovationssucht, entkrampfen aber den für gewöhnlich schablonenhaften Umgang mit der Rock- und Metalgeschichte solchermaßen, dass etwas völlig Eigenes entsteht. Damit gefallen sie potentiell dem Freund von obskurem klassischen Metal wie dem Artrock-Fan. „The Locust Years“ ist das bislang songorientierteste Werk einer der spannendsten Kapellen der letzten Jahre.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- The Locust Years
- We Are The Widows
- Trot Out The Dead
- Famine´s Lamp
- Chastity Rides
- War Anthem
- Election Day
- Widow´s Wall
- Bass - Jamie Myers
- Gesang - Mike Scalzi, Sigrid Sheie, Jamie Myers
- Gitarre - John Cobbett, Mike Scalzi
- Keys - Sigrid Sheie
- Schlagzeug - Chewy
- The Locust Years (2006) - 12/15 Punkten
- 17th Street (2011) - 12/15 Punkten
Kommentare | |
Oger [musikreviews.de]
gepostet am: 27.10.2011 User-Wertung: 12 Punkte |
Großartiges Album, sehr treffendes Review. Eine Schande, dass ich das erst jetzt entdeckt habe. |
Andreas
gepostet am: 27.10.2011 |
Göttliche Band, ausnahmslos alle Alben. |
Thomas
gepostet am: 02.02.2013 User-Wertung: 11 Punkte |
Die positive Rezension kann ich gern unterstreichen. Erste Bekanntschaft hatte ich mit dem Album 17Th Street; dieses hier finde ich deutlich beeindruckender |
Nils [musikreviews.de]
gepostet am: 03.02.2013 User-Wertung: 12 Punkte |
Läuft auch bei mir seit Jahren rauf und runter. |