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Interview mit U.D.O. (18.08.2010)

U.D.O.

Im Rahmen des diesjährigen Wacken Open Airs ergab sich die Möglichkeit, ein Interview mit U.D.O. zu führen, die es natürlich zu nutzen galt. So traf man sich am Samstag nachmittag mit dem legendären Frontmann Udo Dirkschneider und Bassist Fitty Wienhold, um eine halbe Stunde lang über den Metal-Nachwuchs, Russland, das kommende Album und die tragischen Ereignisse in Duisburg zu plaudern.

U.D.O.Hallo Udo, hallo Fitty, wie geht's euch?

Udo: Uns geht's gut, hervorragend. Wir können nicht klagen.

Fitty: Sonnenschein, wir sitzen auf einer Kuh, prima!

Ihr habt schon ein bisschen Musik auf dem Wacken gemacht...


U: Ich hab schon Musik gemacht. Wir hatten ja die Ehre, die neue Hymne zu schreiben, die hab ich mit Stefan Kaufmann geschrieben. Die hab ich am Donnerstag dann mit der Band Skyline präsentiert und ich glaub' die kam auch gut an, ist jedenfalls eine gute Nummer geworden.

Das Wacken Open Air wird ja gerne mal als zu groß, zu kommerziell beschrieben und dass viele Leute da wären, die mit der Szene nichts zu tun haben. Wie seht ihr das?

U: Wacken ist ja mittlerweile ein ziemlich großes Festival geworden und die Leute sagen auch manchmal, dass es zuviele Bands wären. Ist natürlich ein Riesenevent geworden, wo verschiedene Fernsehstationen antanzen, um darüber zu berichten. Das kann man natürlich so und so sehen. Aber man hat ja auch die Möglichkeit, die komplette Weltpresse zu treffen, was mit Sicherheit auch gut für junge Bands ist, hier zu spielen, weil sie sich hier wirklich präsentieren können.

F: Ich denke, Wacken muss man anders sehen. Das ist ja mittlerweile eine Institution geworden. Und wenn man sich mal anguckt, wie es Ende der 70er, Anfang der 80er mit den Festivals war, solche Riesenevents gibt's ja gar nicht mehr. Klingt jetzt scheiße, aber ist wirklich wahr, es geht ja nicht mehr so richtig darum, ob jetzt 30 oder 150 Bands spielen, sondern darum, dass hier fast 100.000 Leute hinkommen, die alle Metal-Fans sind. Das ist ein zentraler Treffpunkt für Metal-Fans, die hier über vier, fünf Tage eine Riesenparty feiern. Das zeigt den Musikern, der Presse und auch den Plattenfirmen, dass das Interesse an Metal da ist. Die Frage ist dann, wie man diese Menge an Leuten über das Jahr hinweg auf andere Festivals verteilt. Deshalb finde ich das schon richtig geil, was hier aufgezogen wird. Dass das teilweise auch für die Musiker stressig ist, das ist quasi die Zitrone der Medaille, aber vom Event her ist das echt das Größte. Jede Band, die ich kenne, will auch hier spielen, du musst einmal in Wacken gewesen sein, du musst das einmal erlebt haben. Man muss halt auch mal in Ibiza im Café Del Mar gewesen sein.

Das schöne hier ist ja auch der Stilmix, dass es von Hardrock bis Black Metal alles gibt, was das Herz begehrt...

F: Und das halt mit 100.000 Leuten, die eine Party feiern. Auf der Loveparade bringen sie sich gegenseitig um, das haste hier nicht.

U: Naja, gegenseitig umbringen war das ja nicht... da wurden halt Sachen vom Ordnungsamt freigegeben, die einfach nicht okay waren.

F: Die hier verstehen halt ihren Zirkus, die in Duisburg haben's nicht verstanden.

U: Ja, so ungefähr.

Wenn ihr als Musiker so etwas wie in Duisburg mitbekommt, macht man sich dann Gedanken, ob so etwas auch hier passieren könnte?


U: Betroffen macht sowas schon, klar. Wir toben ja auch auf vielen Festivals in der ganzen Welt rum, haben da aber noch nie so eine katastrophale Organisation erlebt. Gerade hier in Wacken, das ist ja auch nicht gerade klein, da passiert sowas einfach nicht. Und dann sieht man das in Duisburg, wo im Vorfeld die ganze Organisation einfach abgenickt wurde und man sich nicht wirklich damit beschäftigt hat. Was ich so in den Nachrichten mitbekommen habe, ist ja, dass die Leute das einfach haben wollten, sich aber nicht so richtig Gedanken darüber gemacht, wie groß das Ding werden könnte und haben vielleicht mit weniger Leuten gerechnet. Ich finde das schon scheiße, was da gelaufen ist.

F: Das ist richtig scheiße, nicht nur, dass da diese Katastrophe stattgefunden hat, sondern auch für Events im Allgemeinen. Bei der Loveparade läuft etwas schief, weil die Leute einfach gepennt haben oder nicht auf Profis gehört haben, die es in Nordrhein-Westfalen ja auch gibt und die wissen, wie man so ein Ding händelt. Dann heißt es nämlich jetzt, dass alle Events gefährlich sind und dass es für alle Festivals neue Auflagen gibt. Einer baut richtig scheiße und alle anderen "leiden" darunter. Und mittlerweile schieben die sich die Schuld gegenseitig zu und keiner will Veranwtortung übernehmen... oh ne, oh ne, Jungens, das muss doch nicht sein.

U: Von unserer Seite auf jeden Fall herzliches Beileid an alle Familien der Opfer, die tun mir wirklich leid.

Ihr spielt heute Abend, ne? Hat man Erwartungen wenn man auf so einem Festival spielt oder geht man einfach auf die Bühne und spielt sein Programm runter?


U: Die Erwartung ist natürlich, dass die Leute gut drauf sind, aber da bin ich mir ziemlich sicher. Wir stricken unser Programm für ein Festival ja auch immer ein bisschen um, so eine Art "Hitparade". Auf den Festivals geht es ja auch nicht darum, ein neues Album zu präsentieren, da wollen die Leute einfach gewisse Songs hören und eine gute Zeit haben. Mach dir das Leben einfach und spiel Hitparade. Genug Material ist ja vorhanden und dann wird es auch was von dieser alten Band, wo ich mal war, zu hören geben.

Wo du es gerade ansprichst... habt ihr Iron Maiden am Donnerstag gesehen?


U: Ich hab nur gehört, geguckt hab ich nicht. Die Musik hab ich aber schon mitbekommen.

Die haben halt einen Haufen Songs gespielt, die eigentlich kein Schwein hören will...


U: Das ist schon verkehrt.

F: Wer U.D.O. kennt, weiß im Prinzip, was ihn erwartet. Wir sind keine Band, die mit irgendwelchen Feuersäulen und irgendeinem Hasse-nich-gesehn rumhantiert. Gibt zwar auch Bands, da sieht das klasse aus, aber wir sind ne Band, die Musik macht und wir wollen Spaß haben und Party machen. Die Leute wissen das und kriegen das und geben genau das zurück. Und das machen wir heute abend.

Ihr arbeitet schon am neuen Album, hab ich gehört.

U: Wir sind dran. Was ich jetzt schon sagen kann, ist, dass am 14. Januar 2011 Veröffentlichung ist. Titel steht aber noch nicht und wir haben zur Zeit die Qual der Wahl aus 22 Songs. Wir haben also reichlich Material und ich kann schon sagen, dass es ein bisschen härter wird als das letzte Album. Es wird ein bisschen strammer.

U.D.O.Ihr seid ja schon richtig lange dabei. Wie seht ihr die Metal-Szene heutzutage? Was ist geil, was stört?

F: Was ist geil? Geil ist sowas wie hier. Wir hatten ja auch mal einen richtigen Tiefpunkt im Metal, das haben wir am eigenen Leibe erlebt, wie alle anderen Bands wie Motörhead, Saxon oder Dio auch. Da war es richtig unten. Wenn Du du so ein Event wie hier siehst, dann ist das schon geil, Metal ist wieder oben. Alle Festivals in Europa, wo wir sonst gespielt, waren auch super besucht. Da kann man echt sagen, dass da wieder etwas kommt. Geil ist meiner Meinung nach auch, dass sehr viele junge Leute, so 15- bis 19-jährige in Metal gekleidet sind, so wie wir das früher gemacht haben. Was ist nicht so geil?

U: Da muss man eigentlich das Business nennen. Die ganzen neuen Bands heutzutage, die ja definitiv da sind, die haben nicht mehr so einen richtigen Support so wie wir das damals hatten. Ich kann da nur mich selber nehmen, wo die Plattenfirma gesagt hat "Ok, nach fünf Alben müssen wir dann langsam mal schwarze Zahlen schreiben". Ich glaube den Spruch wird es heute nicht mehr geben. Das ist schon schade. Natürlich haben wir neue Plattformen und die jungen Bands sind wohl schon clever genug, auch das Internet zu nutzen und das wird wohl auch die Zukunft sein. Auf einmal bekommen aber die Plattenfirmen kalte Füße, weil man ja eigentlich gar keine Plattenfirma mehr braucht. Die Plattenfirmen werden sich da nochmal umgucken und das wird auch noch etwas dauern, bis es mit dem Internet dann so richtig in die Gänge kommt, aber in die Richtung wird es mit Sicherheit weitergehen, zumal die Plattenfirmen auch nicht mehr die nötigen Mittel haben.

F: Es findet ein Umbruch statt in dem wir mittendrin sind. Die alten Bands werden langsam weniger, die werden halt alt. Und die jungen Bands die denken anders, als wir früher gedacht haben und die gehen einen anderen Weg. Aber wenn der Metal so lange bleibt und von der jungen Generation so weiter getragen wird, ist das doch klasse.

Könnt ihr denn noch von der Musik leben?

U: Auf jeden Fall. Man darf ja auch nicht vergessen, dass wir auch von Accept vom ersten Album an immer noch gut verkaufen. Mit dem Katalog... ich mache gerade mein 20. Studioalbum.

F: Ich sag doch, wir sind alt.

U: Wir sind mittlerweile auch eine etablierte Band, ob das jetzt Accept war oder U.D.O., bei uns sind auch die Gagen in Ordnung. Wir können weltweit spielen, was auch nicht jede Band kann, vor allem die jungen nicht. Das ist nun auch der Vorteil bei den etablierten Bands.

Ist das Herunterladen von Musik aus dem Internet aus eurer Sicht ein großes Problem? Es ist ja auch oft so, dass sich die Leute dann doch noch Alben kaufen, sich Merchandise zulegen oder auf die Konzerte gehen.

U: Ich sehe das Thema Downloaden so: ich glaube im Metal-Bereich ist der Anteil der Downloader immer noch sehr gering. Der Metal-Fan möchte gerne die CD kaufen, das Booklet aufklappen und darin lesen und gucken. Das ist noch anders als im Pop-Bereich. Deshalb halte ich das eigentlich für eine ganz gute Sache. Ich denke, das wird auch irgendwann darauf hinaus laufen, dass man auch im Metal gar keine neuen Alben mehr macht, sondern einzelne Titel, die man sich dann runterladen kann. Da wird sich vieles verändern und im Prinzip hab ich auch kein Problem damit. Früher haben wir auch alle schwarz Kassetten getauscht...

Was ja im Prinzip das Gleiche ist, wie das Herunterladen, oder?

F: Früher war das vom Volumen her, auch was den finaziellen Background der Plattenfirmen angeht, schon anders. Aber im Prinzip ist es wirklich genau das Gleiche und darum ist es ja auch falsch, wenn wir heutzutage darüber meckern.

Ihr habt es vorhin schon mal angesprochen. Die großen Bands wie AC/DC und Iron Maiden werden immer älter. Habt ihr eine Ahnung, wer mal die Nachfolge von solchen Bands antreten kann? Was kommt nach Iron Maiden?

U: Was kommt nach Iron Maiden? Was kommt nach Scorpions? Was kommt nach Rammstein? Was kommt nach diesen, was kommt nach jenen? Ich glaube, was fehlt, ist Persönlichkeit. Und da muss ich ganz ehrlich sagen und das ist auch nicht böse gemeint, aber ich sehe keine richtigen Persönlichkeiten. Ich glaube, das hängt aber auch damit zusammen, dass die Bands heutzutage auch nicht mehr richtig daran arbeiten. Ich sag immer "wir machen Entertainment, wir unterhalten Leute" und nichts anderes. Und da ist das Problem bei manchen jungen Bands, denn das haben sie nicht verstanden. Die machen gerne Musik, stehen da oben auf der Bühne, spielen aber eigentlich für sich und nicht für die Leute da unten. Ich vergleich das immer ein bisschen mit Schauspielern, der muss auch an seiner Rolle arbeiten. Jede Band hat ihre eigene Rolle und heutztage vermisse ich das ein wenig. Ich kann auch manche Bands gar nicht auseinanderhalten.

F: Das ist schwer zu beschreiben. Es gibt viele Newcomerbands, die hört man sich an und denkt "Boah, wie machen die das denn?" oder "Das ist ja ein geiles Riff", aber darum geht es ja gar nicht, die können ja alle Musik machen. Es gab früher mal einen sehr bekannten Produzenten, wo alle waren, also wir zumindest, der hat immer gesagt "Die Tür geht auf, entweder kommt einer rein oder es kommt keiner rein". Und bei Iron Maiden, bei Halford, bei Udo, egal wen du nimmst. Du gehst auf die Bühne und "puff", da ist einer. Viele junge Bands haben aber ihre Prioritäten falsch gesetzt. Wir haben das früher erarbeitet, wir haben das gelebt, wir haben Rock'n'Roll gelebt und du wächst in so ein Leben hinein, was du dann mit deiner ganzen Aura verkörperst. Es reicht halt nicht, dass du dir ein paar Nieten anziehst und paar Bändchen ummachst, lange Haare hast und den Kopf schüttelst. Das reicht noch lange nicht, da gehört viel mehr dazu. Da haben dir die Plattenfirmen früher auch teilweise geholfen. Ich wüsste auch nicht, wie man da jetzt sagen soll "Junge, mach das mal so." Ich weiß es nicht. Udo sagte das gerade schon ganz richtig, es gibt gute Schauspieler und es gibt schlechte Schauspieler, es gibt Charaktere und keine Charaktere, B-Movies und A-Movies.

U.D.O.U: Man muss aber natürlich auch sagen, dass es immer nur ein Handvoll Leute gibt, die etwas Besonderes darstellen, die eine besondere Stimme haben oder Schauspieler, die bestimmte Charakterzüge haben. Da gibt es halt nicht Abertausende von. Aber es gibt schon Bands, die das schon hinbekommen. Ich unterstütze z.B. Kissin' Dynamite wo ich kann und bis zum geht nicht mehr. Die Jungs lieben Rock'n'Roll und wenn da alles richtig gemacht wird, wobei ich glaube, dass da die richtigen Weichen gestellt sind, dann geht der Punk ab. Die haben bei uns im Vorprogramm gespielt und die waren für mich die beste Vorband, die wir je hatten. Das ist ja so ein bisschen Glam Rock-mäßig, so 80er kann man sagen und es war schon interessant zu beobachten, wie die beinharten U.D.O.-Fans, die da erst mit verschränkten Armen standen und nach zwei, drei Nummern waren die Jungs akzeptiert. Ich hab denen gestern auch einen langen Vortrag gehalten, was man machen könnte und was man ändern könnte und die Jungs hören wirklich zu.

F: Wenn wir die Möglichkeit haben, reden wir auch mit jungen Bands, um denen ein paar Tipps zu geben. Das müssen sie dann natürlich für sich selbst umsetzen, wir können ja nicht sagen "macht das genauso wie der Udo oder der Fitty". Ich hab jetzt vor kurzem eine Band gehört, Udos Sohn (er spricht von Fallen From Frame). Ich bin ja nicht so der Typ für neue Musik, aber ich hab da gestanden und hab gesagt "Ist das geil". Die sind ja auch zwischen 16 und...

U: Die sind zwischen 15 und 21 Jahren.

F: Und ich hab da gestanden und hab gesagt "Das gibt's doch gar nicht... is dat... nee... Hammer... is dat geil." Die haben da völlig autark ihre Musik gemacht. Und da sage ich, das ist genau richtig so. Ihr müsst das so machen, wie ihr das fühlt und wie ihr das wollt und dann bringt ihr das auch so rüber. Dann kriegste auch das Publikum. Das ist mein Geheimtipp.

U: Das ist natürlich jetzt auch nicht meine Musik, das ist sehr britisch. Die sind ein bisschen punkig angehaucht. Die würden auf solche Festival passen wie... ach, hab ich vergessen, ist ja auch egal. Die würden wir nicht als Vorband mitnehmen, das würde überhaupt nicht passen. Die passen halt nach England, da kann man pogen und hüpfen bei. Mein Sohn hat natürlich auch wahnsinnig viel mitgekriegt vom Papa, der ist da natürlich auch sehr professionell und erinnert mich an früher. Er scheißt die Band zusammen wenn die nicht ordentlich proben und so. Da geht es richtig zur Sache. Ich halte mich da auch im Moment komplett raus und beobachte das nur. Hin und wieder hat er auch ein paar Fragen, aber sonst weiß er sehr genau, was er da will.

Bist du denn froh darüber, dass er auch Musik macht oder hätte er lieber etwas solides lernen sollen?

U: Da lernt schon was solides, fängt gerade eine Lehre an. Das weiß er auch, dass er da sonst Stress mit mir kriegen würde, die wird er erst mal durchziehen. Er macht Mediengestaltung in Bild und Ton, das passt also auch irgendwo. Die bauen das mit der Band auch ganz langsam auf und das ist auch gut so. Irgendwann werde ich da aber sicher auch eingreifen, wenn es um Verträge und solche Geschichten geht, da werde ich mit Sicherheit auch ein Auge drauf haben. Aber ansonsten lass ich die erstmal ganz alleine machen.

F: Ansonsten, was Nachwuchs angeht, kann ich nur bestätigen. Wir gucken uns auch junge Bands an wenn es geht, auch aus Eigennutz, wenn es darum geht, wen wir mit auf Tour nehmen und so.

Habt ihr da also auch ein Bestimmungsrecht, wenn es um Vorbands geht oder gibt die Plattenfirma da was vor?

U: Die Plattenfirma interessiert mich überhaupt nicht, was das angeht. Die kommen zwar auch mit Tourvorschlägen an und die hören wir uns auch an. Aber es ist nicht so, dass die uns sagen "ihr müsst jetzt die und die Band mitnehmen". Dafür sind wir auch schon zulange dabei, als dass wir uns da was vorschreiben lassen.

F: Ich hab in den letzten Jahren auch viele Bands gesehen, wo man gedacht hat "Jo, das ist was" und plötzlich waren die wieder weg.

U: Da kommen wir wieder zu dem Punkt von vorhin. Wie sollen die auch überleben, wenn sie nicht unterstützt werden? Können keine Auftritte machen, kriegen kein Geld, müssen nebenbei arbeiten gehen. Das ist ein Thema, da kann man lange drüber reden.

Ist die Szene dahin gehend tot? Also was das Geld verdienen allgemein angeht?

F: Glaub ich nicht. Ich würde den Metal-Bereich nicht als tot bezeichnen, sondern als mitten in der Krise. Im Moment scheuen sich ja alle, irgendwo Finanzen reinzubuttern, weil alles so unsicher ist. Bei allem was Metal ist, was ja in der Musikszene immer noch als fünftes Rad am Wagen teilweise gesehen wird, wird dann erstmal geguckt, ob es sich lohnt, da was reinzustecken. Metal ist ja nicht so ein Kommerzbereich wie "Deutschland sucht den Superstar" oder wie die Dinger alle heißen. Klar, früher gab es auch Autodidakten, die sich alles selber finanziert haben, aber im Moment ist es schwierig, weil einfach kein Geld da ist, ohne Moos nix los. Du brauchst aber Leute, die autark sind und die sagen, ich mach das alles selber. Das ist ein Kreislauf, einer kann ohne den anderen nicht. Wenn in der Kette einer fehlt, bricht der Metal-Bereich zusammen. Und das wär richtig scheiße und das dürfen wir einfach nicht zulassen.

Blind Guardian sind ja mit ihrem neuen Album hoch gechartet. Freut man sich, wenn die Kollegen solche Erfolge haben oder hat man da noch ein gewisses Konkurrenzdenken?

U: Aus dem Alter für Konkurrenzdenken sind wir glaub ich raus. Es ist gut zu sehen, dass sowas geht, das zeigt mir, dass Metal lebt. In dem Bereich, also U.D.O., Blind Guardian, Helloween, Doro, Gamma Ray, die haben alle ihr Publikum und da gibt es kein Konkurrenzdenken. Mittlerweile überlegen wir auch, wie wir wieder in größere Hallen gehen können, zum Beispiel mit Doppel-Headliner-Shows wie wir mit Primal Fear. Das hat mit Konkurrenz echt nix zu tun.

F: Nee, wir sind ja keine Amerikaner.

U.D.O.Ok, kommen wir zu einem anderen Thema: was waren die großartigsten Momente in eurer Karriere?

U: Bei mir unendlich viele. Ein Schlüsselerlebnis war damals eine ausverkaufte Tour mit Accept in England, das hat es nicht bei jeder deutschen Band gegeben. Zwei Abende hintereinander im Hammersmith ausverkauft und solche Geschichten. Das sind schon bleibende Erlebnisse. Ganz klar auch die erste Tour in Amerika mit Kiss, die vergisst man nicht. Du kommst aus Deutschland oder von einer Europa-Tournee mit 1.500 oder 2.000 Leuten, das war schon sensationell und dann kommst du nach Amerika und stehst am ersten Abend in der Halle vor 20.000 Leuten. Du machst dann nachmittags Soundcheck, guckst dich an und denkst nur "ach du scheiße". Wir haben von einer Band wie Kiss aber auch sehr, sehr viel gelernt. Die haben sich jeden Abend unsere Show angeguckt und haben uns dann gesagt "Hört mal, das müsst ihr noch anders machen als in Europa, so und so...". Die haben uns dann auch geholfen. Wir haben in Amerika Entertainment gelernt und das war ein ganz wichtiger Punkt für uns.

F: Da gab es auch sehr viele Highlights. Rein persönlich war es für mich ein Highlight, mit Ten Years After in der Originalbesetzung zu spielen. Leute zu treffen, zu denen man früher aufgeguckt hat und solche Sachen. Auch mein allererstes Konzert in einer großen Halle, da haben wir mit Iron Maiden gespielt. Wir haben da in der Garderobe gesessen und uns fast in die Hose geschissen und auf der Bühne ging dann alles schief, was schief gehen kann. Das sind Sachen, die vergisst du einfach nicht. Was auch ein Highlight mit U.D.O. war, war die erste Russland-Tour. Da haben wir in Städten gespielt, da hast du nur noch gedacht "mein Gott, wo ist das denn?", irgendo hinten im Ural. Da kommt doch keiner, in was für einem Club spielen wir denn da? Und dann kommst du in eine Riesenhalle und fragst dann "welche Bands spielen denn hier noch?" - "Nur ihr alleine!". Und dann ist die Halle knackevoll und die Leute singen alle Lieder mit. Da stehst du dann auch als alter abgezockter Hase da und denkst "das gibt's doch gar nicht".

Habt ihr irgendeine Erklärung dafür, warum es für euch in Russland so extrem gut läuft? Das hört man ja sonst von niemandem.

U: Wir haben uns das auch gefragt und dann hat man uns gesagt, wir hätten eine russische Seele in unserer Musik. Die hab ich zwar selber auch noch nicht gefunden, aber irgendetwas muss da sein, was die an uns lieben. Wir sind auch ziemlich Russland-verbunden und haben einen Song "Trainride In Russia" gemacht und "Planchet Soldat" komplett in russisch, obwohl ich kein russisch spreche. Ich habe mit russischen Bands zusammen gearbeitet... ich weiß auch nicht, aber das ist fast schon sowas wie eine zweite Heimat.

F: Wir lieben das Land und das ist kein blöder Spruch.

Was ist das Besondere an Russland?

U: Die Mentalität der Leute.

F: Absolut richtig. Wenn du das erste Mal dahin kommst, vergisst du sofort alles, was du von dem Land gehört hast oder was dir deine Eltern erzählt haben oder was du irgendwo gelesen hast. Die Leute sind sowas von offen und sowas von herzlich. Wir reden nicht von Moskau oder St. Petersburg, sondern von hinterm Ural. Übertrieben gesagt kannst du irgendwo klingeln und sagen "Ich habe Hunger" und die sagen "Komm rein". Man kann es nicht beschreiben, man muss es erlebt haben. Und so sind auch die Fans, sehr enthusiastisch und man kommt sich manchmal vor wie zu Zeiten der Beatles. Egal wo, du wirst einfach herzlich und offen empfangen. Die sind ehrlich und natürlich. Das ist das Gefühl, das wir auch bei U.D.O. haben, wir sind eine offene Band, wir sind wie wir sind und das ist dann so ein Ping-Pong-Effekt und das hat in Russland besonders gut gezündet.

U.D.O.Ihr seid schon so lange dabei. Hat man da noch Ziele oder will man einfach nur noch Musik machen?

U: Ja! Australien! Ich war in der ganzen Zeit noch nie in Australien, ich war einmal mit Accept und einmal mit U.D.O. kurz davor. Das fehlt also noch in der Sammlung. Amerika kenne ich inzwischen vorwärts und rückwärts, da hab ich ja halb gelebt. In Südamerika gibt es noch viel zu tun für uns, obwohl wir da auch schon was gemacht haben, aber da geht noch mehr. Es gibt auch neue Sachen, zum Beispiel öffnen sich jetzt Mongolei und China, das ist also alles noch nicht am Ende. Wenn das mit China mal richtig los geht, dann haben wir noch viel zu tun.

F: Wir sind ja eine sehr experimentierfreudige Tourband. Stell uns irgendwo ein Bühne hin und wenn das logistisch machbar ist, dann fahren wir hin und spielen da. Auf solche Sachen haben wir Bock, die Welt ist groß genug. Ich würde auch im Iran spielen. Israel war ja auch der Hammer.

Andreas Schulz (Info)
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