Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Interview mit Fragments Of Unbecoming (14.12.2009)

Fragments Of Unbecoming

Deutschlands wohl schwedischste Band hat sich dieser Tage mit „The Everhaunting Past: Chapter IV A Splendid Retrospection“ lautstark zurückgemeldet. Gitarrist und Schweden-Tod-Liebhaber Sascha Ehrich hat sich der Fragen angenommen und plaudert sichtlich zufrieden über das neue Album...

Nach längerer Sendepause ist „The Everhaunting Past“ nun endlich erschienen – wie seid ihr denn damit zufrieden und wieso hat das so lange gedauert? Es war ja in der letzten Zeit recht ruhig um FRAGMENTS OF UNBECOMING geworden, so dass man hätte meinen können, Ihr hättet das Handtuch geworfen.

Mit dem neuen Album sind wir sehr zufrieden. Alles passt dieses Mal, Produktion und Sound sind richtig gut geworden, die Songs knallen wirklich ordentlich. „The Everhaunting Past“ war eigentlich schon im Spätherbst 2008 fertig gemastert und hätte zu diesem Zeitpunkt auch erscheinen können. Letztlich war es die Suche nach einem neuen Label, die das Releasedate nun auf fast exakt ein Jahr später verschoben hat. Das ist aber für uns kein großes Problem. Somit hatten wir genug Freiraum, um uns zum einen mit der Platte länger auseinandersetzen zu können und zum anderen, uns mit bereits neuem Material beschäftigen zu können. Außerdem haben wir seit Spätsommer einen neuen Mann in unseren Reihen, daher ist es um uns auch live sehr ruhig geworden. Das wird sich aber sehr bald ändern. Das Handtuch werden wir also in keinem Fall werfen!

Wie steht's mit den Songs? Habt ihr gleich nach der letzten Platte angefangen an „The Everhaunting Past“ zu schreiben? Was ist anders an diesem Album?


Bei uns war es schon immer so, dass wir während der Aufnahmen für ein Album bereits neues Material geschrieben haben. Meist waren nur keine finalen Songs fertig, so dass man sie hätte auch mit auf ein Album packen können. Das hat aber auch damit zu tun, dass Stefan und ich stetig an neuen Riffs arbeiten und feilen und daher noch Unmengen an Material auf unseren Rechnern auf ihr Erscheinen warten.
Grundlegend ist „The Everhaunting Past“ noch kompakter, dichter und atmosphärischer komponiert. Die Mixtur aus verschiedenen Stilistiken im Death Metal wird immer explosiver. Die Songs wurden noch ein wenig besser ausgearbeitet, als wir es früher getan haben. Ich denke, langsam aber sicher haben wir exakt unseren Stil gefunden, wir wissen genau, was wir musikalisch umsetzen wollen und was nicht. Anno 2009 klingen wir bestimmter und reifer und nicht so zögerlich wie noch in 2002. Allein die Tatsache, dass wir von so vielen Leuten gesagt bekommen, dass wir gemäß unserem Songwriting zur Speerspitze europäischer Death Metal Bands gehören müssten, ist ein großes Kompliment für uns und die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ihr habt jetzt ja schon eine Weile den Mann, der nur noch das Mikro bedient – hat sich das bewährt und vermisst Herr Weimar nicht manchmal die Hauptsängerposition?

Du meinst sicher Sam! (haha) Letztlich war es nach Veröffentlichung von „Skywards“ speziell Stefans Wunsch, eine Entlastung am Mikro zu bekommen, so dass er sich besser auf sein Instrument und das Songwriting konzentrieren konnte. Mit Sam haben wir den richtigen Frontmann gefunden, was nicht heißt, dass er ausschließlich singt. Für Stefan oder besser gesagt für die gesamte Band und unser musikalisches Konzept ist es sehr wichtig, dass Stefan weiterhin die Backings übernimmt bzw. sich mit Sam gesanglich arrangiert. Mit der Kombination beider Sänger lässt sich beim Schreiben der Lyrics auch enorm gut spielen.
Insofern bin ich überzeugt, dass sich dieses System auch dauerhaft bewähren wird und glaube mir, Stefan ist froh, dass er nicht gänzlich allein für den Gesang verantwortlich ist. Auch wenn es hier und da Stimmen gibt, die Stefan als alleinigen Frontmann etwas nachtrauern...

Als ich den Titel der neuen Platte zum ersten Male in den Ankündigungen gelesen habe, dachte ich ernsthaft, ihr hättet mal ein schönes Coveralbum eingeholzt... Was soll denn der Titel und – wann kommt das Coveralbum?

Du hast schon nicht ganz Unrecht, der Albumtitel könnte auch ebenso zu einem Coveralbum passen, auf welchem wir alte Meister huldigen. Das ist aber gar nicht unsere Absicht, was auch zur Folge hat, dass es von uns niemals ein reines Coveralbum geben wird. Wozu auch? Wir haben noch so viel Material, welches auf zukünftigen Alben verarbeitet werden kann, dass wir nicht auf die Idee kommen könnten, uns an vorhandenen Songs zu vergreifen. Noch dazu empfinde ich es als sehr schwer, Klassikern wirklich gerecht zu werden. Das kann zwar funktionieren, kann aber auch ganz schön in die Hose gehen. Daher wird es möglicherweise mal einen Coversong für ein Tribute-Album geben, nicht aber ein ganzes Album. Das ist auch für unser Genre nicht ganz so typisch, oder?
Immerhin reisen wir nicht als Coverband von Ort zu Ort und Festzelt zu Festzelt, sondern komponieren bevorzugt seriös, haha.
Zurück zum Titel: Jener beschreibt nämlich durchaus zu einem Teil eine gewisse Huldigung an vergangene Zeiten und deren Erscheinen von wirklichen Meilensteinen. Man darf auch nie vergessen, dass es viele Bands ohne Vorreiter wie Dissection, Edge Of Sanity, Unanimated, Carcass, At The Gates, Necrophobic etc. nicht gäbe. Zu einem sehr großen Teil ist der Titel aber auch eine persönliche Erfahrung und umschreibt nur allzu treffend, wir fest Vergangenheit in einem verankert ist und das tägliche Leben beeinflusst. Von Vergangenheit kann man sich nicht lossagen, man kann ihr nicht entkommen – niemals. Viele Beweggründe, warum wir etwas tun und vor allem wie wir es tun haben ihre Ursprünge in eines jeden Entwicklung und Werdegang...

Das Artwork der neuen Platte ist recht schlicht geworden und auch sehr düster – was hat es damit auf sich?

Ganz einfach, ich hatte einfach mal Lust auf ein schlichtes, edles und sehr düsteres Layout, fernab von abertausenden Layoutdetails und Bildkompositionen. Ich persönlich mag schwarz sehr gerne, insofern war es spätestens jetzt mal an der Zeit, meinem Schwarz mehr Raum zu schenken. Noch dazu wollte ich das ganze Layout sehr oldschool-lastig erscheinen lassen. Was liegt da näher, als mit Effekten und heutiger Technik zu sparen. Nenne es ruhig Purismus, ich unterschreibe das sogar. Ich möchte das Layout als eine Reduktion auf das Wesentliche verstanden haben. Des Weiteren war es mir dieses Mal umso wichtiger, dass die Lyrics in ihrer Vollständigkeit abgedruckt werden konnten und den dafür benötigten Raum ohne Einschränkung bekommen haben!

2009 muss für Euch als große Schwedenanhänger ein großes Jahr sein – man nenne zum Beispiel nur das Reunionsalbum von Unanimated? Nur mal nebenbei gefragt – was hältst Du von diesem Ganzen Erneuerungswahn von längst eingesargten Bandurgesteinen?

Ganz ehrlich, ich halte hiervon nicht sehr viel. Innerhalb der Flut von Reunionsbands stechen nur wenige positiv hervor, schreiben Alben, die die Gradwanderung zwischen „zeitgemäß“ und dennoch „nostalgisch klingend“ beherrschen. Mir wäre es lieber, jene Musiker würden sich neuen musikalischen Projekten widmen, statt unter altbekanntem Bandnamen urplötzlich wieder zu erscheinen. Bezogen auf Dein Beispiel: Das aktuelle Album von Unanimated ist zwar nicht schlecht, kann aber qualitativ nicht mit dem Abschiedsalbum „Ancient God Of Evil“ mithalten. Oftmals klingen Reunionsalben sehr verkrampft, so als wollten sie gekünstelt dort anschließen, wo es für Jahre kein Lebenszeichen gab. Ich denke, eine Band, die mit solch einem Meilenstein die Bandgeschichte beendet hatte, sollte sich sehr gut überlegen, ob man diesen Status mit einem Nachfolger nach über zehn Jahren aufs Spiel setzen sollte. Ich bevorzuge hier oftmals wirklich Bands, die kontinuierlich wirklich hervorragende Alben veröffentlichen, wie z.B. Necrophobic oder Lord Belial.

Wie steht es denn sonst so um den Musikgeschmack der Band? Dass ihr Freunde der Schwedenschule seid, ist schwer zu überhören – aber was gibt es jenseits davon noch für Euch und inwiefern hat das Einfluss auf Euer musikalisches Schaffen?

Stefan und ich sind wirklich felsenfest im Schwedentod verankert, jedoch hören wir auch sehr viel US Death Metal oder auch viele andere europäische Bands wie z.B. Aborted, Gorefest, Sinister uvm. Bei Ingo ist das interessanterweise genau umgekehrt – zu 90% US Death Metal und irgendwann kommt mal eine Schwedentodscheibe. Man muss wohl kaum erwähnen, dass Ingos Drumming sich auch eher gen Westen statt gen Norden orientiert. Bei Stefan und mir mischt sich dieser Einfluss im Songwriting, wobei hier die skandinavischen Wurzeln eher zum Tragen kommen.
Sam hat einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack, der weit über Metal hinausgeht. Auch Christopher kann man kaum mit nur einem speziellen Genre zufrieden stellen. Kurz gesagt, wir sind allesamt sehr neugierig auf Musik, auf Neues und auf alles, was gefällt, sei es nun Metal oder nicht. Hier ziehen wir keine exakten Grenzen.

Ihr habt das Album jetzt nicht mehr bei Metal Blade am Start sondern auf Cyclone Empire – wie kam es zu diesem Wechsel? Warum seid ihr nicht bei Metal Blade geblieben?

Metal Blade strukturiert schon seit geraumer Zeit um und konzentriert sich wohl zunehmend auf größere Bands oder jene, deren Verkaufszahlen weit höher sind als die unseren. Nichtsdestotrotz sind wir sehr glücklich, dass wir zwei Alben erfolgreich auf Metal Blade veröffentlichen konnten. Das war eine wirklich coole Zeit für uns! Natürlich hätten wir „The Everhaunting Past“ auch gerne über Metal Blade veröffentlicht, sind aber im Gegenzug sehr sicher, dass wir mit Cyclone Empire den mehr als passenden Partner gefunden haben. Die Jungs sind einfach topp und absolute Fans ihrer Bands. Musikerherz, was willst Du mehr? Man muss auch den Tatsachen realistisch ins Auge blicken. Immerhin sind wir keine Band, die ihren Lebensunterhalt mit der Musik verdient oder verdienen muss. Ein Label in der Größe von Cyclone Empire erscheint uns daher als perfekt und wir freuen uns schon auf eine weitere Veröffentlichung in 2010! Noch dazu sind wir stolz, neben Bands wie Evocation, Demonical, Black Sun Aeon etc. zu veröffentlichen.

Auch Live ward ihr jetzt schon längere Zeit nicht mehr zu sehen. Wie sieht es denn da aus? Tourpläne? Vielleicht Ein paar der großen Festivals 2010?

Klingt alles gut, einiges ist auch tatsächlich schon in der Planung. Wenig ist aber bisher wirklich spruchreif oder besser gesagt unterschrieben. Wir werden sehen, was in naher Zukunft passiert. Man wird uns aber in 2010 sicherlich endlich wieder live sehen!

Was habt ihr mit der Band denn noch geplant? Sachen die ihr unbedingt noch machen müsst? Zukunftsmusik?

Wir müssen oder werden hoffentlich in 2010 unser fünftes Album veröffentlichen. Die Hälfte des Materials hierfür steht bereits. Alles Weitere wird sich zeigen – unsere Blicke richten sich euphorisch in die Zukunft!

Okay – soweit erstmal – viel Erfolg und 1000 Dank fürs Interview. Letzte Worte??


Vielen Dank an Dich für das Interview, hat echt Spaß gemacht!

Hoffentlich sieht man sich mal auf einem Konzert!

Oliver Schreyer (Info)
Alle Reviews dieser Band: