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Interview mit SKARDUS (07.10.2023)

SKARDUS

Nicht weniger als 15 Jahre hat sich die Kieler Band SKARDUS Zeit gelassen bis zur Veröffentlichung ihres ersten Langspielalbums "Stormriek". Auf selbigem zelebriert das Trio nordischen Black Metal, der seine Inspiration hauptsächlich, jedoch nicht nur aus den Neunzigern zieht, und der nicht zuletzt mit Lokalkolorit aus der Vielzahl der Veröffentlichungen heraussticht. Jan (Schlagzeug), Oluf (Bass, Gesang) und Morten (Gitarre, Stimme) beantworteten das folgende Interview gemeinsam.

Moin Jungs! Gut Ding will Weile haben, heißt es im Volksmund, doch dass eine Band erst 15 Jahre nach Gründung ihren ersten Langspieler raushaut, kommt eher selten vor. Ist SKARDUS im Schleswiger Metal-Underground auch als "Trödeltrupp aus Kiel" bekannt, und kam zu Corona-Zeiten ein Gefühl auf im Sinne von "jetzt oder nie!"?

Jan: Moin Thor! Trödeltrupp nicht, aber wir haben schon immer lange für das Songwriting gebraucht. Das liegt an unserer Arbeitsweise. Die Songs entstehen zu großen Teilen gemeinsam im Proberaum. Oft gibt es eine Grundidee, die wir nach und nach ausbauen und arrangieren. Corona hat uns sicher ausgebremst, da wir während der zahlreichen Lockdowns und Beschränkungen nur zu zweit proben konnten. Wir sind trotzdem am Ball geblieben und haben uns mittels Soundfiles und Teams-Sitzungen weiterhin ausgetauscht und weiter an den Songs gearbeitet. Den direkten Austausch im Proberaum kann für uns aber nichts ersetzen.

Oluf: Zu bedenken ist eben auch, dass wir alle auch diverse Verpflichtungen und Angelegenheiten außerhalb der Band haben, wir stehen ja alle "mitten im Leben"; dies schränkt zeitlich insgesamt natürlich schon ein. Für mich gab es aber durchaus ein Gefühl eines besonderen Neuanfangs. Die Entscheidung für einen Longplayer fiel auch bereits vor Corona.

Morten: Wer sich unsere älteren Sachen anhört, wird zudem eine Entwicklung in Sachen Songaufbau und "Stil" im weitesten Sinne erkennen. Nachdem Herr Sjögren die Band verlassen hatte, haben wir uns dazu entschieden, als Trio weiterzumachen und die neuen Songs möglichst so zu arrangieren, dass sie auch live mit nur einer Gitarre möglich wären. Somit trifft es der von Oluf angesprochene Neuanfang schon ziemlich gut.

Dass "Stormriek" mich zuweilen an eiskalte Helrunar-Riffs aus "Grátr"-Tagen und Drautrans dramatische Gesangsarrangements erinnert, weist auf die bodenständige Qualität der Musik hin, die eine gewisse Aufbruchstimmung verströmt und sich vom Gros des deutschen Pagan Black Metal wohltuend abhebt. Gibt es da eine Nische, die Ihr benennen könnt, in der Ihr Euch mit SKARDUS wohl fühlt und die auch einen künstlerischen Rahmen vorgibt, oder ergibt sich die Musik mit dem Drumherum ohnehin ganz natürlich?

Jan: Wir alle sind mit klassischem Neunziger-Black-Metal aufgewachsen, was man an vielen Ecken hört. Davon ab hat jedes Bandmitglied eigene musikalische Vorlieben. Bei uns reicht das von Doom Metal über alten Heavy Metal bis hin zu britischem Folk. Das färbt mal stärker und mal schwächer auf unser Songwriting ab. Unsere Musik ergibt sich auf natürliche Weise. Unser Ziel ist es, gute Songs zu schreiben, die dynamisch und in sich schlüssig sind. Wir gestalten die Songs nicht so, dass sie in einen bestimmten Rahmen oder in eine bestimmte Nische passen. Als Ergebnis sitzen wir oft zwischen den Stühlen, da sich SKARDUS nicht klar als z.B. Neunziger-Black-Metal oder Black Thrash vermarkten lässt.

Oluf: Wir freuen uns natürlich über solche Rückmeldungen, die zeigen, dass wir offenbar einen bestimmten Nerv treffen und gute Erinnerungen wecken können. Zu den Gesangsarrangements möchte ich anmerken, dass diese ebenso völlig organisch und mit einer gewissen Spontanität entstanden sind. Wir machen viele offene Experimente und nehmen uns Zeit, bis wir mit einem Arrangement zufrieden sind. Vor diesem Hintergrund finde ich persönlich Genre-Zuschreibungen eher müßig. Ich persönlich genieße die Freiheit sehr, die wir haben und welche immer ein wichtiges Fundament von SKARDUS war. Die Grenze wird immer im Einzelfall gezogen, im sehr kollegialen Miteinander und Konsens.

Morten: Dass wir ziemlich zwischen den Stühlen sitzen, haben wir auch gemerkt, als wir uns überlegten, bei welchen Labeln wir für die Veröffentlichung anklopfen sollten. Irgendwas war irgendwie immer: zu wenig Old School Black Metal, zu viel Heavy Metal, nicht genug Thrash-Anleihen etc. Nun haben wir ja aber mit Schattenpfade und Einheit Produktionen zwei Partner gefunden, die unseren Stil unterstützen und mit denen wir gerne zusammenarbeiten.

"Stormriek" klingt nicht zwingend wie ein in den 2020ern aufgenommenes Album, sondern wartet mit einem "älter" tönenden Klangbild auf, und Euer Produzent Markus "Skaldir" Skroch ließ mich nach Lektüre meines Reviews wissen, dass Du, Morten, z.B. beim Keyboardeinsatz für "Ins Tosende Grab" sehr genaue Vorstellungen alter Schule hattest… Was macht für Euch ein starkes Klangbild bei SKARDUS aus?

Jan: Unser Ziel war es, einen organischen Sound zu erreichen. Viele aktuelle Produktionen klingen für unseren Geschmack steril, leblos und im schlimmsten Fall austauschbar. Abseits vom Songwriting klingen alte Produktionen, sprich bis Mitte / Ende der Neunziger Jahre, lebendig und auch heute noch frisch. Als Drummer denke ich da z.B. an Rainbows "Long live Rock 'n' Roll" (1978) oder Dissections "Storm Of The Light's Bane" (1995). Diese Lebendigkeit wollten wir ebenfalls für unser Album haben.

Oluf: Vielleicht mal so gesagt: Der Sound muss klingen, als stünde ich in einer gewissen Entfernung von der live spielenden Band.

Morten: Jan hat es schon passend auf den Punkt gebracht. Er und ich waren uns gerade bei den Keyboards, die ja nur ein einziges Mal auf dem Album zu hören sind, sofort einig, wie sie zu klingen hatten. Und Markus, der ja auch die Keyboards eingespielt hat, hat den Sound sofort getroffen. Ich denke, dass Oluf da durchaus einen wichtigen Punkt anspricht. Die Musik sollte zwar nicht auf Scheibe und live komplett identisch klingen, aber man sollte doch den Sound einer Band oder eines Albums auch live wiedererkennen können.

Dass SKARDUS keinen raffgierigen, auf Klickzahlen schielenden Manager an Bord haben, erkennt man u.a. daran, dass Ihr "De Doden Singt Ehr Leder" ans Ende des Albums und nicht an den Anfang gepackt habt – diese Nacken brechende Nummer dient sich rein musikalisch mit ihrem mitreißenden Riffing doch sowas von als Opener an…?!

Morten: Das mag sein, allerdings war es vom Thema und dem "Geisterchor" am Ende für uns schon ziemlich lange klar, dass der Song in seiner jetzigen Form das Album beenden soll – was ja auch ziemlich gut funktioniert, wie ich finde.

Oluf: Wir haben in der Tat viel über die Reihenfolge der Stücke auf der Platte nachgedacht und halten diese für sehr gangbar. Aber das ist auch immer eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Darf "Blutlicht" als heimliche Hit-Single von "Stormriek" gelten?

Morten: Das weiß ich gar nicht so genau. Wenn ich mir die Reviews bisher so ansehe, so scheint "Det Schong Von Er Onnerbaantjes" bei den Rezensierenden sehr gut anzukommen und für viele als Highlight zu gelten.

Oluf: Eben, auch hier sind wir bei der Frage des persönlichen Geschmacks; ich persönlich kann nur sagen, dass es mich ziemlich reizt, "Blutlicht" live zu performen.

Ende Oktober 2023 betretet Ihr die heimische Bühne der Alten Meierei im Vorprogramm von Afsky und Panzerfaust, was sicher ein Höhepunkt für eine Band wie SKARDUS darstellt – wie heiß seid Ihr schon auf den Abend?

Jan: Heiß wie Frittenfett, auch wenn ich diesen Ausdruck hasse… Es ist was Besonderes, das Debutalbum in der eigenen Stadt zu präsentieren und das direkte Feedback von den Leuten vor der Bühne zu erleben. Bei den Konzerten unterstützt uns wieder Hxn von Flagras mit einer zweiten Gitarre.

Morten: Da wir bereits mit Afsky zusammengespielt haben, wissen wir auch, dass uns ein entspannter Abend mit den Jungs erwartet, was das Ganze natürlich nochmal abrundet.

Welche Band, mit der Ihr bereits die Bühne geteilt habt, hat Euer Schaffen mit SKARDUS stark inspiriert? Verfolgt Ihr in dieser Hinsicht noch bestimmte Ziele?

Morten: Inspiriert hat uns, ehrlich gesagt, keine. Wie oben bereits erwähnt, sind wir alle durch die Neunziger Jahre geprägt, wenn natürlich auch einige neuere Bands Anklang bei uns finden, aber nicht so sehr in Sachen Inspiration für unsere Musik mit SKARDUS. Wir hatten aber auf jeden Fall viele gute Begegnungen mit einigen – nicht allen – Bands, mit denen wir zusammengespielt haben. Afsky gehören, wie gesagt, dazu, ebenso Drengskapur/Rimruna, Spectral Wound und Antlers sowie Hamleypa oder Blackshore.

Oluf: Ziele haben wir so direkt auch keine. Es war bei SKARDUS schon immer klar, dass wir auf Grund unserer Jobs und der geographischen Lage nur bedingt die Republik bespielen werden, aber das war und ist für uns in Ordnung. Dennoch werden wir versuchen, ein paar Konzerte auch außerhalb des Nordens auf die Beine zu stellen.

Bevor wir uns verabschieden: Morten, wie stehen die Chancen, dass wir eines Tages neue Musik von Herne zu hören bekommen?

Morten: Die Chancen stehen mehr als gut. Ich habe bereits die Gitarren und den Bass für die "neuen" Songs aufgenommen, die so jung gar nicht mehr sind, und arbeite derzeit an den Texten. Dann geht alles zu Sceot und er kümmert sich um Drums, Klargesang und Keyboards. Somit sollte es jetzt nicht mehr allzu lange dauern, es bleibt natürlich noch die Frage, wie das Ganze dann veröffentlicht wird, aber das sehen wir dann.

Thor Joakimsson (Info)
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