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The Who: Live At The Oval 1971 (Review)
Artist: | The Who |
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Album: | Live At The Oval 1971 |
|
Medium: | CD/Do-LP | |
Stil: | Rock, Kult |
|
Label: | Universal Music | |
Spieldauer: | 76:39 | |
Erschienen: | 22.08.2025 | |
Website: | [Link] |
Da wir keine Eulen nach Athen tragen oder eben über eine Musik-Legende längst Bekanntes wiederaufwärmen wollen, steigen wir einfach ohne weiteres THE WHO-Geschwafel direkt in dieses „Live At The Oval 1971“-Album ein, das eine Zeit beleuchtet, in der die britische Kult-Rockband zwar noch kein Kult, dafür aber auf der Suche nach einem eigenen musikalischen Weg war, der sich zwischen Mod-Bewegung und British Invasion – also so gesehen irgendwie und irgendwo zwischen den BEATLES und den ROLLING STONES plus jeder Menge Drogen sowie Alkohol – abspielte. Mit ihrem Konzept-Album „Tommy“, das als eine echte Rock-Oper über den tauben, stummen und blinden Tommy Walker gehandelt wurde, hatten sie allerdings 1969 bereits ein außergewöhnliches Stück Musik, das bis heute Geschichte schreiben sollte, hinterlassen.
Noch berühmter aber war bis dahin bereits ihr Song geworden, in dem sie ihre eigene, anscheinend aus den Fugen geratene Generation besangen.
Außerdem planten THE WHO bereits eine weitere Rock-Oper, die unter dem Titel „Lifehouse“ veröffentlicht werden sollte. Allerdings scheiterte diese und wurde (leider) dauerhaft auf Eis gelegt. Dafür aber fanden sich ein paar Songs daraus auf ihrem damals gerade veröffentlichten, extrem erfolgreich werdenden „Who's Next“-Album wieder.
Auch lebte ihr Schlagzeuger KEITH MOON, der hinter dem LED ZEPPELIN-Schlagzeuger John Bonham vom 'Rolling Stone' auf Platz 2 der besten Schlagzeuger aller Zeiten eingereiht wurde, noch und erfreute sich des Spitznamens 'Moon the Loon' (Moon, der Irre), da er (besonders infolge seines starken Alkohol- und Drogenkonsums) bei den meisten Konzerten sein Schlagzeug und später in den Hotels das komplette Mobiliar zertrümmerte.
Oh ja! Das waren noch Zeiten!
Damals, als sich die goldenen Musik-60er verabschiedeten und die rüpeligen 70er-Jahre sich zu einem neuen rockmusikalischen Höhenflug bereitmachten.
Und damit sind wir auch schon im Jahr 1971 gelandet – das Jahr, in dem mit „Who's Next“ THE WHOs erstes und zugleich letztes Nummer-1-Album der britischen Charts in den Startlöchern stand. Und in dem der THE WHO-Schlagzeuger noch fünf Jahre drogengeschwängertes Leben bis zur Überdosis vor sich hatte. Die Welt um THE WHO schien völlig in Ordnung, auch wenn sie kurz darauf leider einen unerbittlichen Tribut zollen mussten.
An einem Spätsommertag des 18. September 1971 betraten diese damals schon als ziemlich verrückt geltenden vier Herren aus England, die sich laut ihres Bandnamen wohl nie so richtig darauf einigen konnten, wer sie nun wirklich sind oder waren, als großer Hauptact in London die Bühne des Oval Cricket Ground, um das Benefiz-Konzert im Rahmen der Hungerhilfe für Bangladesh zu vollenden, nachdem dort auch ROD STEWART & THE FACES sowie MOTT THE HOOPLE, ATOMIC ROOSTER, AMERICA und LINDISFARNE plus weitere Musiker und Bands aufgetreten waren.
Was die 35.000 Besucher nun erleben durften, war einzigartig. Doch bisher noch nie veröffentlicht. Nun aber ist es so weit – und mit „Live At The Oval 1971“ erhält dieses Konzert genau die Ehrung, die es seit über einem halben Jahrhundert verdient hat.
Hierbei sollte unbedingt auf die Doppel-LP-Variante zurückgegriffen werden, denn in ihr entdeckt der THE WHO-Fan auch ein riesiges 16 Seiten starkes LP-Booklet voller Fotos (inklusive dem Zertrümmern der Instrumente) und einen topaktuellen Text von Andy Neill, der alle Infos rund um das knapp 80-minütige Konzert beleuchtet.
Schon beim Konzert-Opener „So Glad To See Ya“ sowie der folgenden Cochran-Cover-Version „Summertime Blues“ geht gehörig die Post ab und natürlich werden dann nach und nach auch die echten Klassiker wie der „Pinball Wizard“ aus „Tommy“ und „I Can't Explain“ (das damals wie heute noch immer verdächtig nach „All Day And All Of The Night“ der KINKS klingt) sowie natürlich „My Generation“ auftauchen.
Kleiner Wermutstropfen: „Baba O'Riley“ von dem gerade einen Monat zuvor erschienenen „Who's Next“-Album fehlt, obwohl insgesamt 5 Songs des Albums beim Konzert zur Aufführung kommen.
Auffällig ist auch, dass sich KEITH MOON genau die richtige Dröhnung vor dem Konzert gegeben haben musste. Denn was er auf „Live At The Oval 1971“ hinter den Fellen abliefert, ist jenseits von Gut und Böse – mitunter gar unfassbar, so als würde da nicht nur ein Mann, sondern eine ganze Kompanie die Drumsticks schwingen und ein Trommelfeuer entfachen. „My Wife“ jedenfalls ist der lebendige Beweis für die MOONschen Drumstick-Zauberkünste.
Etwas zurückhaltender sind dagegen Roger Daltrey (trotz ekstatischem Schrei auf „Won't Get Fooled Again“) und Pete Townshend, die anfangs kaum mit dem Publikum kommunizieren, dann aber umso deftiger werden, wenn Townshend nach „Baby Don't You Do It“ nicht nur dazu auffordert, viel Spaß zu haben, sondern gerne auch die Band mit Flaschen bewerfen und beschimpfen zu dürfen. Hauptsache, es macht Spaß!
Der ganz große 'Spaß' steht ja bei diesem Konzert noch bevor. Ein Spaß, dem dann die Gibson-Gitarre und das Schlagzeug zum Opfer fallen sollten.
Diese 'rituellen Zerstörungsorgien' zum Abschluss ihrer Konzerte – auch als ganzseitiges Bild auf Seite 13 des LP-Booklets zu sehen – gelten ja als eins der sich immer stärker etablierenden THE WHO-Markenzeichen, die eigentlich gerade bei diesem Benefiz-Konzert zur Hungerhilfe nichts zu suchen haben.
Ist das falsches Moralisieren?
Ich denke nicht!
Denn hätte Townshend und die komplette Band seine Gitarre am Ende einfach signiert und Moon ebenso sein Schlagzeug und diese Instrumente direkt unter den 35.000 Zuschauern versteigert, dann wäre der Erlös der Spendensumme sicher noch deutlich angestiegen – und genau diese Instrumente wären heute ein unbezahlbare Wertanlage für deren Besitzer. Ja, stattdessen zerbarsten sie an der Zerstörungswut der beiden Musiker am Konzertende. Live tatsächlich deutlich auf dem letzten Jam-Song „Magic Bus“ zu hören, wobei dann der Hinweis des Moderators, dass THE WHO logischerweise keine Zugabe mehr geben können, da lauter zerstörte Trommeln rumliegen, zwar lustig, aber gleichermaßen auch irgendwie traurig klingt...
Ein paar Abstriche muss man allerdings bei der Soundqualität machen, aber nur geringe. Die sound-technische Überarbeitung des Live-Materials (direkt von den 8-Track-Analog-Tapes gemixt und auf 180 Gramm schweres Vinyl gepresst) ist durchaus überzeugend, sogar echte Stereo-Effekte werden hervorgezaubert. Insgesamt aber fällt der Sound, der Live-Atmosphäre geschuldet, etwas dumpf aus, erreicht aber erstmals ein so gutes Niveau, dass das Konzert endlich, ohne ein schlechtes Gewissen dabei haben zu müssen, als offizielles Live-Album veröffentlicht werden kann. Bei dem Konzert jedenfalls werden die kleinen Einschränkungen niemanden jucken. Wenn man außerdem die grandiose Gestaltung der Doppel-LP und des Booklets mit hinzunimmt, gleichen diese Qualitäten locker die leichten Abstriche im Klang aus.
FAZIT: „Live At The Oval 1971“ ist die erste offizielle Aufzeichnung des begehrten Auftritts von THE WHO bei „Goodbye Summer: A Rock Concert“ zu Gunsten der Hungernothilfe für die Menschen in Bangladesh. Bisher schwirrten nur ein paar echt mies klingende Bootlegs dieses Konzerts in der Weltgeschichte herum. Das hat mit der gelungenen, gut klingenden Live-Aufnahme nun ein Ende, wobei absolutes Highlight die Doppel-LP-Ausgabe samt dickem 16-seitigen Booklet ist. 54 Jahre dauerte es bis zu dieser „Live At The Oval 1971“-Veröffentlichung, die definitiv für alle THE WHO-Fans unverzichtbar ist und sich bestens neben deren „Live At Leeds“-Ausgabe macht!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (18:46):
- So Glad To See Ya (1:05)
- Summertime Blues (3:41)
- My Wife (6:47)
- Love Ain't For Keeping (2:25)
- I Can't Explain (2:23)
- Substitute (2:25)
- Seite B (20:48):
- Bargain (7:04)
- Behind Blue Eyes (4:47)
- Won't Get Fooled Again (8:57)
- Seite C (16:57):
- Baby Don't You Do It (8:48)
- Pinball Wizard (2:58)
- See Me, Feel Me / Listening To You (5:11)
- Seite D (20:08):
- My Generation (3:28)
- Naked Eye (7:21)
- Magic Bus (9:19)
- Bass - John Entwistle
- Gesang - Roger Daltrey, John Entwistle, Pete Townshend
- Gitarre - Pete Townshend
- Schlagzeug - Keith Moon
- Sonstige - Roger Daltrey (Mundharmonika)
- Sensation - The Story Of Tommy (2014)
- Quadrophenia - Live In London (2014)
- Live At The Fillmore East 1968 - 50th Anniversary Deluxe Edition (2018)
- Live At The Oval 1971 (2025)
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