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The Waterboys: Life, Death & Dennis Hopper (Review)
Artist: | The Waterboys |
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Album: | Life, Death & Dennis Hopper |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Folkrock, Singer-Songwriter, Soul, Blues, Sixties-Rock, Westcoast-Pop, Surf-Pop |
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Label: | Sun Records | |
Spieldauer: | 60:50 | |
Erschienen: | 04.04.2025 | |
Website: | [Link] |
Der Titel dieses Albums lässt schon ahnen, dass es hier um mehr geht als um eine musikalische Biografie (dann hätte es auch "The Life Of Dennis Hopper" oder so ähnlich heißen können). Nein, "Life, Death & Dennis Hopper" haben THE WATERBOYS ihr (Achtung, Spoiler!) Opus magnum genannt. Hier soll eine ganze Ära, die amerikanische Pop- und Gegenkultur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, geschildert werden - gespiegelt im Leben und Wirken eines außergewöhnlichen Menschen dieser Zeit, des oft genialen und bisweilen ziemlich abgedrehten US-Schauspielers, Regisseurs und Fotografen Dennis Hopper (geboren 1936 in Dodge City/Kansas, gestorben 2010 in Los Angeles/Kalifornien). Oder gar, wie Band-Boss Mike Scott erläutert: Diese Platte sei "not just about Dennis, but about the whole strange adventure of being a human soul on planet earth".
Herausgekommen bei dieser Spurensuche und alternativen US-Geschichtsschreibung ist schon rein quantitativ ein gewaltiges Werk mit 25 Songs und über einer Stunde Laufzeit, ein anspruchsvolles Konzeptalbum voller Überraschungen und spannender biografischer Erkenntnisse. Für den gebürtigen Schotten Scott und seine WATERBOYS kann es nach dieser mit diversen prominenten Gästen (Bruce Springsteen, Fiona Apple, Steve Earle) besetzten Hopper-Saga nicht mehr großformatiger werden. Aber ist "Life, Death & Dennis Hopper" den Aufwand (und frühzeitig gestarteten Hype) auch wirklich wert - oder doch eher nur eine mit vielen smarten Ideen überladene Spätwerk-Unternehmung eines überambitionierten 66-Jährigen?
Dass unter zwei Dutzend stilistisch sehr unterschiedlichen Tracks nicht nur Volltreffer sind, sondern manchmal auch (durchaus bewusst gesetztes) Füllmaterial dabei ist, sollte man beim Durchhören des Albums einkalkulieren. Allerdings machen auch einminütige Schnipsel und Samples, kurze Spoken-Word-Beiträge oder schräge Interludes wie "Frank (Let's Fuck)" Sinn für die chronologische, multiperspektivische Erzählung, die bei Dennis Hoppers erstem Kontakt mit der Film-Welt 1939 ("Kansas", gesungen von Steve Earle) beginnt und mit seinem Tod mit 74 Jahren in Hollywood endet.
Höhepunkte gibt es viele auf dieser monumentalen WATERBOYS-Platte, die locker und kompetent klassischen und psychedelischen Ami-Rock der 60er/70er, Swing, Soul, Blues, Disco, Country- und Westcoast-Pop, Surf-Sounds und nachtclubjazzige Orchester-Balladen unter Mike Scotts mittlerweile obligatorischen Cowboy-Hut bringt (nur der bandtypische schottisch-irische Folkrock blieb diesmal außen vor). "Hollywood '55" und "Live In The Moment, Baby" etwa, über Hoppers furiose Ankunft in Hollywood und seine Jugendrolle im James-Dean-Film "Rebel Without A Cause". Oder "A Guy Like You (Andy)", über die Begegnung des aufstrebenden Schauspielers mit Pop-Art-Maestro Andy Warhol. Und damit geht's erst richtig los - für Hopper und seinen Pop-Biografen Scott.
Jede der fünf Ehefrauen - Brooke Hayward (1961-1969), Michelle Phillips (1970), Daria Halprin (1972-1976), Katherine LaNasa (1989-1992) und Victoria Duffy (1995-2010) - erhält eine eigene Würdigung per Song. Hoppers großer künstlerischer Durchbruch mit der "Easy Rider"-Regie wird in der prachtvollen Pop-Elegie "Blues For Terry Southern" und im funky Pianorocker "Hopper's On Top (Genius)" euphorisch gefeiert. Die notorische Sucht des unangepassten Künstlers, einhergehend mit geistiger Umnachtung und völliger Unberechenbarkeit, bleibt natürlich ebenfalls nicht ausgespart ("Freakout At The Mud Palace").
Für drei besondere Kooperationen haben THE WATERBOYS fantastisch auftrumpfende Gaststars gewonnen. "Ten Years Gone" über Hoppers Suff- und Drogenjahre performt er zusammen mit Bruce Springsteen, dessen Storyteller-Vocals hier perfekt als Gegengewicht funktionieren. "Letter From An Unknown Girlfriend" (Inhalt selbsterklärend) singt die enigmatisch-geniale Fiona Apple mit erschütternd wunder Kratzestimme allein zum Klavier. Und für "I Don't Know How I Made It" (über Hoppers wundersame Rückkehr aus dem Sucht-Elend) steuert Taylor Goldsmith von der Folkrock-Band Dawes himmlischen Falsettgesang bei.
In den 1990-er und 2000-er Jahren legte der Hollywood-Outlaw bekanntlich eines der größten Comebacks der Filmgeschichte hin, "Everybody Loves Dennis Hopper" hieß es nun wieder. Hopper spielte Golf mit Willie Nelson (selbst ein Kiffer vor dem Herrn), heiratete noch einmal, erkrankte an Krebs und starb am 29. Mai 2010 als Kino-Ikone. Was für ein Leben. Und was für eine Platte, der man bis zum Ende mit dem Trauer-Instrumental "The Passing Of Hopper" und dem rauen Rocksong "Aftermath" gebannt folgt.
Mike Scott und THE WATERBOYS haben ihr wohl wichtigstes Album seit den erfolgreichen 80ern ("This Is The Sea", "Fisherman's Blues") als "Hommage an eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der amerikanischen Popkultur" konzipiert, wie das renommierte US-Label Sun Records schreibt. Im britischen "Guardian" schildert der Singer-Songwriter aus Edinburgh ausführlicher seine Inspiration für das Album: "Ich kannte Dennis Hopper als Schauspieler in 'Easy Rider', 'Apocalypse Now' und 'Rebel Without A Cause' und wusste, dass er für die Gegenkultur stand, aber ich hatte mich nie näher mit ihm beschäftigt. Vor zehn Jahren sah ich seine Fotos in der Royal Academy und stellte fest, dass er auch ein brillanter Fotograf war; ich begann, Biografien zu lesen und mir die Filme anzusehen, die ich verpasst hatte. Dann schrieb ich einen lustigen Song über ihn namens Dennis Hopper, in dem sich jede Zeile auf Hopper reimt. Ich dachte, es wäre toll, eine EP zu machen, weil sein Leben so bunt war, aber nachdem einige meiner Bandmitglieder heimlich ein paar Instrumentalstücke aufgenommen hatten und mir vorschlugen, sie mit Texten zu versehen, wurde mir klar, dass es ein Album über sein Leben werden könnte."
Über die "Boss"-Mitwirkung an seinem Konzeptalbum sagt Scott: "Ich liebte diese Bruce-Springsteen-Bootlegs, auf denen er am Ende der Songs diese unglaublichen Erzählungen macht, und dachte: Wenn wir Bruce nur kriegen könnten ... Er war vor zehn Jahren zu einem Waterboys-Konzert in Dublin gekommen, es gab also eine Verbindung, und unser Manager fragte ihn. Bruce machte drei Takes für den Song 'Ten Years Gone' und schickte alle drei. Ich durfte zwischen ihnen wählen. Er hat es so brillant gemacht und brachte die ganze Dramatik mit, die ich mir erhofft hatte."
Und was ist nun das Vermächtnis der Generation Dennis Hopper, dieser gegen gesellschaftliche Erstarrung aufbegehrenden Counter Culture? "Kulturell sind wir immer noch dabei, die Ereignisse der 1950er und 60er-Jahre zu verarbeiten", meint Scott. "Es gab den Vormarsch der Technologie, die Massenproduktion und das Zusammentreffen der Kulturen: die Erfahrungen der schwarzen Afroamerikaner treffen auf die Erfahrungen der Weißen und der Hispanoamerikaner. Dann die Evolution des Bewusstseins: die Pille, die Befreiung der Frau. Alles in diesem Schmelztiegel eines unglaublichen musikalischen und kulturellen Fortschritts. (...) Seltsamerweise haben wir jetzt die Gegenreaktion mit (Donald Trumps rechtsextremer Bewegung) MAGA und all dem. Die Leute versuchen, den Fortschritt zurückzudrehen, aber das wird nicht funktionieren, denn die Menschheit muss sich weiterentwickeln, und das werden wir auch."
Hoffen wir mal, dass Mike Scott mit seinem Optimismus Recht behält. Sein in jeder Hinsicht riesengroßes WATERBOYS-Album macht jedenfalls Mut, an die gesellschaftliche Fortschrittsfähigkeit der Menschen zu glauben.
FAZIT: Eine musikalische Saga (früher sagte man Rock-Oper dazu) über das Leben der Hollywood-Legende Dennis Hopper und seine Zeit - darauf muss man erstmal kommen. Und daran kann man sich leicht verheben. THE WATERBOYS indes schaffen es, mit einem ungeheuer abwechslungsreichen, humorvollen und zugleich nachdenklichen biografischen Werk alle Klippen eines typischen Konzeptalbums zu umschiffen. Ein spätes Meisterstück dieser seit über 40 Jahren zuverlässig guten bis herausragenden Band um Mike Scott.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Kansas
- Hollywood '55
- Live In The Moment, Baby
- Brooke / 1712 North Crescent Heights
- A Guy Like You (Andy)
- The Tourist
- Freaks On Wheels (Movie Trailer)
- Blues For Terry Southern
- Memories Of Monterey
- Riding Down To Mardi Gras
- Hopper's On Top (Genius)
- Transcendental Peruvian Blues
- Michelle (Always Stay)
- Freakout At The Mud Palace
- Daria
- Ten Years Gone
- Letter From An Unknown Girlfriend
- Rock Bottom
- I Don't Know How I Made It
- Frank (Let's Fuck)
- Katherine
- Everybody Loves Dennis Hopper
- Golf, They Say
- Venice, California (Victoria) / The Passing of Hopper
- Aftermath
- Bass - Mike Brignardello, Aongus Ralston
- Gesang - Mike Scott, Steve Earle, Bruce Springsteen, Fiona Apple, Taylor Goldsmith, Barry Fletcher, Sugarfoot, Frank Booth, Jess Kav
- Gitarre - Mike Scott, Brother Paul, Famous James, Steve Earle, Jim Murray, Aongus Ralston, Irakli Gabriel
- Keys - Mike Scott, Simon Dine, Famous James, Brother Paul, Anana Kaye
- Schlagzeug - Greg Morrow, Ralph Salmins, Eamon Ferris, Jeremy Stacey
- Sonstige - Mickey Raphael (Harmonica), Steve Wickham (Fiddle), April Brown (Flöte), The Ramrods (Bläser), Benjamin Talbott (Orchester-Arrangements)
- Modern Blues (2015) - 11/15 Punkten
- Where The Action Is (2019) - 12/15 Punkten
- Good Luck, Seeker (2020) - 11/15 Punkten
- All Souls Hill (2022) - 11/15 Punkten
- 1985 – Limited Edition Box (2024) - 11/15 Punkten
- Life, Death & Dennis Hopper (2025) - 13/15 Punkten
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