Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Michael Kiwanuka: Small Changes (Review)

Artist:

Michael Kiwanuka

Michael Kiwanuka: Small Changes
Album:

Small Changes

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Soul, Folk, Psychedelic-Rock, Blues, Singer-Songwriter-Pop, R&B

Label: Polydor/Universal
Spieldauer: 40:17
Erschienen: 22.11.2024
Website: [Link]

Ziemlich zufrieden schaut er aus auf einem aktuellen Foto, das die renommierte britische Musikzeitschrift "Uncut" kürzlich zu einer großen MICHAEL KIWANUKA-Story veröffentlichte. Aber da ist auch diese sanfte Melancholie im Blick des 37-Jährigen. "I still don't know what it is I'm searching for", wird er dazu zitiert, und das klingt wohl nicht ganz zufällig ähnlich zweifelnd wie der Titel eines berühmten U2-Songs. Die Botschaft: Der aus London stammende, jetzt an der idyllischen Südküste Englands lebende Sänger und Gitarrist ist auf seinem künstlerischen (vier gefeierte Alben) und persönlichen Weg (Vater von zwei kleinen Kindern) ein gutes Stück vorangekommen, aber nicht am Ziel. Und das ist auch gut so. Denn da geht noch was.


Das Streben nach Vollendung als Musiker mit ganz viel Seele (also SOUL, in Großbuchstaben) ist MICHAEL KIWANUKA auch auf seinem neuen Werk "Small Changes" anzumerken. Der Albumtitel passt insofern, dass die elf neuen Songs nur kleine Veränderungen im Sound des Afro-Briten spiegeln. Zurückhaltende Grooves wie im wunderbaren Opener "Floating Parade", "Follow Your Dreams" oder dem folkjazzigen "The Rest Of Me" und sehnsuchtsvolle, teilweise streichergesäumte Balladen wie der Titelsong, "Rebel Soul" oder "Four Long Years" kennzeichnen den Songwriter weiterhin als gelehrigen Schüler von Marvin Gaye, Curtis Mayfield und Bill Withers, seine an David Gilmour geschulten Gitarrenkünste zeigt er auch diesmal im schönsten Pink-Floyd-Modus auf "Lowdown (Part II)" oder "Stay By My Side".


Die prägenden Quellen seiner Musik - der US-amerikanische Soul der 70er-Jahre und der psychedelische Progressive-Rock jener goldenen Ära - sind MICHAEL KIWANUKA durchaus bewusst. So war er schon für sein Debüt "Home Again" (2012) als Withers-Klon bezeichnet worden, weswegen er diese Einflüsse auf "Love & Hate" (2016) und dem meisterhaften "Kiwanuka" (2019) unter Mithilfe seiner Stammproduzenten Inflo und Brian Burton (Danger Mouse) etwas zurückdrängte. "I got sick of being called retro soul", sagt KIWANUKA jetzt im "Uncut"-Interview. Und natürlich sei er "obsessed with Gilmour's phrasing", aber seine virtuosen Soli in Floyd-Nähe hält er dann doch bewusst kurz. Bloß nicht als devoter Epigone rüberkommen, das scheint auch für "Small Changes" zu gelten.


Als neue Vorbilder hat der Engländer mit ugandischen Wurzeln nun das Country-Folk-Kultalbum "No Other" (1974) von Gene Clark auserkoren. "Viel von 'Small Changes' war davon beeinflusst. 'No Other' hat diese schöne Melancholie, die Melodien und Akkordwechsel rufen so viel Gefühl hervor, sind aber wirklich schlicht." Daher seien die neuen, folkigeren Songs "erst zurückgeschnitten und dann wieder aufgebaut" worden. Tatsächlich ist das aktuelle Album, gerade auch im Vergleich zum Psychedelic-Soul-Kracher "Kiwanuka" vor fünf Jahren, ein studiotechnisch reduziertes Werk mit geringerem Überwältigungsfaktor. "Mir ging es mehr um Songs als um Produktion", sagt MICHAEL KIWANUKA. Dass "Small Changes" dabei dennoch brillant und zeitgemäß klingt, versteht sich freilich von selbst. 

Das Genie hinter alten Liedern von Neil Young oder Stevie Wonder ist, wonach der immer noch junge Brite mit der früh gereiften Seele sucht: "It keeps me going." Das eingangs erwähnte Zitat lautet ganz in diesem Sinne vollständig so: "To this day, I still don't know what it is I'm searching for. Which is probably why I keep making music." Berechtigtes Selbstbewusstsein und viel Ehrgeiz, auch eine gewisse Demut, gar Zweifel prägen MICHAEL KIWANUKA weiterhin. Seine Entwicklung ist daher mit "Small Changes" - einem starken, gleichwohl nicht überragenden Album, und hoffentlich nur einem Zwischenschritt zur Soul-Perfektion - noch nicht zu Ende. Man darf gespannt sein und sich darauf freuen.


FAZIT: Nach dem vor Intensität glühenden, wuchtigen Soul-Monument "Kiwanuka" ist auf "Small Changes" vieles eine Nummer kleiner. Eine bewusste Entscheidung von Brit-Soul-Supertalent MICHAEL KIWANUKA, der seine Vorbilder (Gaye, Mayfield, Withers, Gilmour) auch weiterhin nicht verleugnet, aber das lästige Retro-Label mit Soloalbum Nummer 4 unbedingt vermeiden wollte. Er ist auf gutem Wege zur künstlerischen Selbständigkeit, aber noch nicht ganz da.

Werner Herpell (Info) (Review 63x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Floating Parade
  • Small Changes
  • One And Only
  • Rebel Soul
  • Lowdown (Part I)
  • Lowdown (Part II)
  • Follow Your Dreams
  • Live For Your Love
  • Stay By My Side
  • The Rest Of Me
  • Four Long Years

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wieviele Monate hat das Jahr?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!