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Cosmic Combo: Mother Divine (Review)
Artist: | Cosmic Combo |
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Album: | Mother Divine |
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Medium: | CD/LP+CD/Download/Limitiert | |
Stil: | Psychedelic-, Kraut- und Stoner-Rock |
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Label: | Oh My Music | |
Spieldauer: | 35:49 | |
Erschienen: | 22.04.2022 | |
Website: | [Link] |
Ist das tatsächlich ein weiblicher Stinkefinger, der uns da vom „Mother Divine“-Cover der COSMIC COMBO aus einer Mondkrater-Landschaft 'entgegenstänkert'?
Aber halt…
Normalerweise hält man bei solcher eindeutigen Geste doch kein Gänseblümchen in der Hand, das man zuvor anscheinend schon mit diesem 'Er/Sie liebt mich – Er/Sie liebt mich nicht'-Spielchen malträtiert hat.
Ganz schön frech diese COSMIC COMBO, die allein mit diesem Cover zu sagen scheint: „Ihr könnt mich mal, zumindest wenn ihr hier Tag für Tag einen auf Heile Welt macht. Ich schieß euch auf den Mond. Da seht ihr, was euch dort erwartet, ihr verstreamten, verpeilten Alexa-Anbeter.“
Und die Musik, um kosmisch mit „Mother Divine“ Richtung alexafreier Stinkefinger abzuheben, ist genau das, was sich all diejenigen wünschen, die noch auf handgemachte Rockmusik mit allen feinen Zutaten aus Psyche, Prog, Pop, Stoner, Blues und Folk stehen. Aus der 70er-Jahre-Zeit gefallen, um in der Gegenwart, die nicht immer nur digital, sondern gerne endlich auch wieder so richtig analog sein darf, anzukommen. Wer damit nicht klarkommt, der kann sich sein Smartphone gerne in den A… stecken oder an die Ohren tackern, während alle andern endlich mal wieder ihren Plattenspieler anwerfen und „Mother Divine“ kreisen lassen, um die Klänge der Vergangenheit zu genießen, aus einer Zeit, in der Musik noch eine Frage der Ehre und der Leidenschaft und der Liebe war, für die man beispielsweise besonders in Diktaturen zudem noch unbedingt den Begriff 'Freiheit' hinzufügen musste.
COSMIC COMBO jedenfalls klingen genau nach Liebe, Leidenschaft und Freiheit – und natürlich nach den Zeiten, die man sich oftmals gerne wieder zurückwünscht, wenn man als Mittfünfziger heutzutage das Radio anschaltet.
Dick und in Großbuchstaben springt einen zudem auf der Rückseite des LP-Covers von „Mother Divine“ der Hinweis an: 'This Record Should Be Played Loud'.
Doch keine Angst: Auch leise funktioniert diese LP (plus beigelegter CD) der kosmischen Rocker aus Dresden und Berlin, welche auch vom Sound her hervorragend abgemischt und einen rundum analoges Stereo-Feeling verbreitenden Hochgenuss bietet, ganz ausgezeichnet.
Natürlich wird bei allen Retro-Freunden schon die Tatsache, dass gleich der erste, dem Album seinen Namen verleihende Song sich über die komplette LP-A-Seite erstreckt, für Begeisterung sorgen. Und sowie nach einem kurzen, düster gehaltenen Anfang dann eine Gitarre einsetzt, die eigentlich die Knopfler-Brüder der DIRE STRAITS während der „Love Over Gold“-Aufnahmen zu spielen scheinen, wird beim Hörer die Vorfreude auf all das, was uns da noch hinter „Mother Divine“ erwartet, regelrecht angefeuert. Genau diese Vorfreude erhält ihre komplette Befriedigung, denn nur wenige Minuten später setzt ein Saxofon unglaublich intensive Akzente in dem extrem abwechslungsreichen, in fünf Parts unterteilten Longtrack, bis eine fette Orgel, welche ein RAY MANZAREK bei den DOORS genau auf diese Art spielte und dann der dunkle, oft mit viel Hall versehene Gesang, der tatsächlich an die SISTERS OF MERCY, aber manchmal bewusst auch an Morrisons „The End“-DOORS-Zeiten erinnert, folgen.
Eine Gänsehaut mit 70/80er-Jahre-Pinorpeln, die immer größer werden, macht sich breit und hält sich tatsächlich die gesamten 35 Minuten – selbst wenn man die Platte umdreht, vorausgesetzt man besitzt die strikt auf 300 Exemplare limitierte Vinyl-Variante.
Während einen die LP-A-Seite mit dem textlich bedrückenden und musikalisch retrofreudigen Song in Atem hält, in dem die traurige, sehr persönliche Bandgeschichte, bei der die Musiker einen aus ihren Reihen an eine Sekte verloren, verarbeitet wird, überrascht einen mit „Dancing Light“ doch tatsächlich ein plötzliches BEE GEES-Feeling im Refrain – besonders fantastisch die darin auftauchende Flöte, welche dann an das Saxofon 'übergibt' und diesen 'Hit' in eine ganz neue, krautige Richtung lenkt.
Dabei hatte man sich noch nicht einmal von der „Mother Divine“-Longtrack-Überraschung erholt, bei der zum Ende hin im besten Kinski-Style der Erdbeermund heraufbeschworen worden war.
Die folgende „Intermission“ ist ein Old-School-Kassetten-Gedächtnis-Stück der besonderen Art. Ja, früher stellte man Menschen, die einem besonders wichtig waren, einen Kassetten-Sampler mit seiner Lieblingsmusik zusammen. COSMIC COMBO jedenfalls werfen den Kassetten-Rekorder wieder an, legen die Kassette ein und spulen an die wichtigste Stelle vor – ab hier übernimmt dann das Saxofon und weiter geht die Reise durch Raum und Zeit hin in die klangvolle Vergangenheit namens „Sacrifice“ samt folgender dahinschwebender Reprise, die im Orbit langsam verschwindet.
Natürlich wissen wir schon längst, welche Musik sich auf dem Kassetten-Sampler für geliebte Menschen der COSMIC COMBO befinden würde. Ja, ganz sicher würden wir neben den 'westlichen' Klassikern (DOORS, DEEP PURPLE, DIRE STRAITS) auch andere wichtige Nummern finden, die sich im Osten als ganz große Rockmusiker tummelten, wie OMEGA oder RENFT und STERN-COMBO MEISSEN, aber auch die krautrockigen Westgewächse GROBSCHNITT und BIRTH CONTROL dürften auf keinen Fall fehlen.
Was bleibt nach „Mother Divine“?
Der Hochgenuss, mit COSMIC COMBO nicht nur auf den Mond, sondern in die beeindruckendsten Sphären zwischen Kraut- und Stoner- und Psychedelic-Rock abzuheben, ohne dabei den Wunsch zu verspüren, wieder zurückzukehren.
FAZIT: „Mother Divine“ ist ein Album, das eigentlich in den Endsiebzigern und Frühachtzigern bei allen DOORS- und DIRE STRAITS-Anhängern wie eine Bombe hätte einschlagen müssen – so verdammt gut ist es. Nennt es Retro, nennt es Kraut, nennt es (wie die Dresdner-Berliner-Band selber) ein 'progressives Konzept-Album'. Was COSMIC COMBO auf dieser LP oder CD (Wobei man unbedingt auf die streng limitierte Vinyl-Variante plus beigelegter CD und zweiseitigem LP-Einleger zurückgreifen sollte!) zu bieten haben, ist die leidenschaftliche Reise durch Raum und Zeit, Vergangenheit und hoffnungsvolle, mal gänzlich auf alles Digitales verzichtende, Zukunft, bei der durchaus auch mal ein weiblicher Stinkefinger auf uns warten kann, weil wir ihn beim „Er liebt mich – Er liebt mich nicht“-Spielchen mit dem Gänseblümchen stören, während Klaus Kinsky dazu seinen „Erdbeermund“ intoniert.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (15:19):
- Mother Divine (15:19)
- *Prolegomena
- **Sublime Object
- ***Yunus
- ****Ideology
- *****Yssbeau
- Seite B (20:30):
- Dancing Light (4:20)
- Intermission (2:39)
- Sacrifice (10:25)
- Sacrifice (Reprise) (3:06)
- Bass - Philip Blümel
- Gesang - Marty Sennewald
- Gitarre - Jost Wackernagel
- Keys - Marty Sennewald
- Schlagzeug - Philip Knöfel, Michel Alt
- Sonstige - Michel Alt (Saxophon), Francis Tobolski (Flöte und Hintergrundgesang auf „Dancing Light“)
- Mother Divine (2022) - 13/15 Punkten
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