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Morning Bell: Slide Back Into Misery (Review)
Artist: | Morning Bell |
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Album: | Slide Back Into Misery |
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Medium: | CD/Download | |
Stil: | Prog Metal, Progressive Rock |
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Label: | Obsolet Machine Records | |
Spieldauer: | 29:03 | |
Erschienen: | 13.04.2020 | |
Website: | [Link] |
Justitia hat es wohl nicht leicht in Ole Grarups neuester Vision "Slide Back Into Misery". Die Göttin der Gerechtigkeit - im Stil des Art Déco ansprechend und aufwendig auf das 2020er EP Cover gebracht - kann dank verbundener Augen (das ist ihre wichtigste Berufsbekleidung) nichts sehen und muss die Dinge nach ihrem Gewicht respektive ihrer Schwere beurteilen.
Buchstäblich kein leichter Job heutzutage, tummeln sich in der berühmten Handwaage sowohl der schnöde Mammon als auch Freund Hein. Beides zieht schon mächtig runter. Doch als wäre es damit nicht schon finster genug, setzt sich auf Justitias schmerzenden Griff auch noch der bearmte Falkenvogel und macht klar: er komplettiert das infernalische Trio, verschafft Justitia ordentlich Arbeit inmitten Krieg, Profit und Tod. Und dann, direkt vor der Brust, diese fette Morgenglocke – MORNING BELL!
Wir erwarten also besser kein lustiges Ständchen zum Kindergeburtstag. Ole Grarup enttäuscht uns nicht. Vom ersten Moment an sirren metallisch geschärfte Saiten durch die Luft, verdichten sich zu industriell hämmernden Riffs und bereiten zusammen mit den unterlegten Synthi- und Orgelflächen sowie den dickarmig verhauten Drums (Ejnar Videbæk) das progmetallene Fundament für Grarups mehrheitlich düstere Botschaften. Immer wieder durchbrechen erfreulich satte Akkordwechsel die rockige Monokultur. Dieses grundlegende Konstrukt erfahren wir in allen 5 neuen Titeln und bekommen während ihrer 21 Minuten Spieldauer einen durchaus konsistenten und dennoch abwechslungsreichen Eindruck vom aktuellen Schaffen des Multiinstrumentalisten Grarup.
Um wenigstens die halbe Stunde voll zu bekommen, sind erfreulicherweise noch zwei weitere, bereits veröffentlichte Titel als Bonus hinzugegeben. Merci beaucoup! Er ist hochwahrscheinlich ein Einzelkämpfer, dieser Ole Grarup aus Dänemark, denkt sich durch einsame Tages- und Nachtstunden, reflektiert philosophisch die endzeitlichen Zwänge unseres Zeitalters und überlegt, wie diese seine durchaus dystopischen Gedanken wohl am besten in konsumierbaren Formen dargebracht werden können.
Der sich fragende Hörer grübelt womöglich warum Grarup all das mit sich allein ausmacht, wo die ihn umgebende, ihn vielleicht befruchtende Band bleibt?
Erleben wir hier einen jungen Künstler, noch im Kokon der schützenden Einmann-Philosophie verharrend?
Oder verhält es sich gerade anders herum?
Konnte Grarup sich bereits als Soloartist entpuppen und steht gerade deshalb weitestgehend für sich allein?
Wie könnte sich sein amtlich studiobereinigter Sound wohl auf der Bühne realisieren lassen?
Will Grarup das überhaupt erreichen, die Live-Präsenz in Gestalt "Morning Bell"?
Sein Metier ist härterer Rock, metallen progressiv angefärbt, aber nicht gänzlich durchdrungen, meist in mittleren Tempi gehalten. Gerade seine Background-Vocals zaubern genussvolle Bilder im hörenden Hirn! Die Härte wird am ehesten generiert durch das bisweilen punkig treibende Spiel von Drummer Videbæk und die bereits erwähnten Gitarrenriffs. Am ehesten konterkariert wird sie durch Ole Grarups hohe Gesangsstimme. Gleichwohl ist diese Einschätzung keineswegs abwertend zu verstehen, schließlich begann auch ein stimmlich ähnlich veranlagter Sänger namens STEVEN WILSON mit seinem damaligen Soloprojekt PORCUPINE TREE für internationale Aufmerksamkeit zu sorgen. Bleiben wir gespannt!
Ole Grarup scheint sich im Moment jedenfalls noch nicht ganz festgelegt zu haben, wohin die Reise für ihn gehen soll, was genau als sein Charakteristikum zu gelten hat.
Die Titel sind allesamt hörenswert und sehr respektabel produziert, gerade das vocodergefärbte "Das War Die Welt" stellt eine hervorragend gelungene "Flucht nach vorn" dar (Ein Däne singt deutsch!). Insbesondere dieser Titel ist atmosphärisch angenehm verdichtet und lädt ein, wieder und wieder angespielt zu werden. Weniger etwa wegen der deutschsprachigen Phrase vom Gewesenen der Welt, sondern vielmehr wegen der rhythmisch überlagerten Basen 4 und 6, was dem Song einen angenehm treibenden Fluss beschert! Das weist gekonnt in Richtung Progressive Rock!
FAZIT: Dennoch aber scheint es ganz generell, als suche Ole Grarup mit MORNING BELL in sich selbst nach der für ihn passenden Formel aus PORCUPINE TREE, MOTÖRHEAD und HIM und ... noch mehreren.
Entdeckt werden will ein Fünkchen "Irgendwas". Etwas zu Benennendes, das des Künstlers Handschrift unique, einzigartig und identifizierbar werden lässt. Dafür und für kommende Werke wünscht man Ole Grarup bestes Gelingen! Sein Projekt "Morning Bell" - eine ganz und gar nicht obsolete Maschine!
Robert Brenner
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Wide Awake
- She Loathes You
- Slide Back Into Misery
- Reaper
- Das war die Welt
- Bonus Tracks:
- Come Rain Down
- Drown
- Bass - Ole Grarup
- Gesang - Ole Grarup
- Gitarre - Ole Grarup
- Keys - Ole Grarup
- Schlagzeug - Ejnar Videbæk, Ole Grarup
- Slide Back Into Misery (2020) - 12/15 Punkten
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