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The Mute Gods: Tardigrades Will Inherit The Earth (Review)

Artist:

The Mute Gods

The Mute Gods: Tardigrades Will Inherit The Earth
Album:

Tardigrades Will Inherit The Earth

Medium: CD/LP+CD/Download
Stil:

Progressive Rock

Label: InsideOut
Spieldauer: 50:03
Erschienen: 24.02.2017
Website: [Link]

Wege führen zusammen und trennen sich wieder. Das ist eben so im Prog. Böses Blut gab es deswegen öffentlich noch selten; selbst als Steven Wilson entschied, PORCUPINE TREE auf Eis zu legen, um seine Solokarriere zu verfolgen, ertönten Zeter und Mordio ausschließlich aus der Fan-Ecke. Von Barbieri, Edwin und Harrison hingegen vernahm man keinen Mucks. Es schien immer ein ungeschriebenes Gesetz zu existieren, dass jeder Prog-Musiker die Alleingänge seiner Kollegen zu akzeptieren hat und ihre Entfaltung unter keinen Umständen hemmen darf. Ein nobel erscheinender Kodex, der dem traditionellen Rock und Metal manchmal auch gut zu Gesicht stünde (man frage nur mal jemanden wie Jason Newsted).

Bis sich eben Marco Minnemann gegen Ende des vergangenen Jahres zu Unmutsbekundungen gegenüber Wilson hinreißen ließ, ohne dass die exakten Hintergründe aufgedeckt wurden. Der Schlagzeuger ist jedenfalls auf absehbare Zeit kein Bestandteil von Wilsons Line-Up mehr und wird folglich auch nicht auf dem diesjährigen Album zu hören sein. Von einem Mitwirken Nick Beggs' konnte man bislang ebenso wenig vernehmen, zumindest soll Wilson einen Großteil der Gitarren- und Bassarbeit selbst eingespielt haben. Untätig sind die Herrschaften deswegen noch lange nicht; das war vor Wilson nicht der Fall und wird auch nach ihm nicht der Fall sein. Was die MUTE GODS angeht, könnte man glauben, sie seien gerade erst frisch geschlüpft... und doch bringen sie bereits ihr zweites Album heraus, nur ein Jahr nach dem ersten. Kontinuität als Fortschrittsgedanke: Was kümmert uns unser Geschwätz von gestern, wenn wir heute was zu sagen haben? Zumindest in diesem Punkt ist man sich mit Wilson wohl weiterhin einig...

Die Rezeptur geht aber leider nicht so glatt auf wie beim Debüt. „Do Nothing Till You Hear From Me“ paarte braven Bekömmlichkeits-Rock mit einem Schuss Kauzigkeit, womit man den Supergroup-Erwartungen an virtuose Verrenkungen einen Schuss vor den Bug setzte, wäre man doch durchaus von einem Zugeständnis an das Etablissement ausgegangen. Dennoch fing der Ton des Albums letztlich perfekt die Persönlichkeit des ehemaligen KAJAGOOGOO-Bassisten ein. „Tardigrades Will Inherit The Earth“ macht aber trotz gestrichener Gastbeiträge und reduziertem Ansatz nun genau dasselbe noch einmal... und so schnell geht das dann auch schon mit der Stagnation.

Nicht, dass auch dieser zweite Versuch nicht eine gewisse Lebendigkeit versprühen würde, die man wohl am ehesten als Motiviertheit bezeichnen kann. Inhaltlich bietet Beggs ein wildes Sammelsurium, aus dem ein satter Argwohn gegenüber der Menschheit und ihren krankhaften Eigenarten spricht: die Überschreitung des Point Of No Return führt mal wieder zum oft gebrauchten dystopischen Bild einer ausgestorbenen Welt. Die Innovation besteht allenfalls darin, dass es keine Kakerlaken sind, die fortan die Welt beherrschen, sondern kleine Bärtierchen, denen nicht einmal kochendes Wasser, atomare Strahlung oder der Weltraum etwas anhaben können.

Um die Zukunftsaussichten für unsere Spezies nicht ganz schwarz zu malen, integriert Beggs noch einen persönlich gefärbten Silberstreif, der symptomatisch für die Vorhersehbarkeit des Albums steht: „Stranger Than Fiction“ ist eine rührselige Ballade für die eigene Ehefrau. Die ohnehin gedrungen helle Stimme des Frontmanns wird noch femininer, noch fragiler, die musikalische Begleitung hält inne – ganz wie auf dem Abschlussstück „Father Daughter“ von „Do Nothing Till You Hear From Me“, das der Tochter gewidmet war. Obwohl Beggs zur Beschreibung des Sounds die Metapher einer Klapperschlange bemüht, die sich den Schwanz in einer Autotür eingeklemmt hat, wirkt das neue Material noch einmal handzahmer als das, was man vor einem Jahr vorlegte. Ein rhythmisch aus der Art schlagendes Stück wie „Feed The Troll“ gibt es praktisch gar nicht mehr, auch wenn man sich mit „We Can't Carry On“ an einem Quasi-Nachfolger versucht. Man mag hübsche Details entdecken, wenn man genau hinhört (auf „Window Onto The Sun“ ertönt beispielsweise fast unbemerkt ein Didgeridoo), die Denkweise hat sich binnen der letzten Monate jedoch nicht verändert und somit auch nicht der Charakter der Musik, die immer noch gerne hübsche Rock-Riffs ins Ironische verzerrt, Balladen und luftige Soli beimischt und mit der Fassade eines progressiven Geistes hausieren geht.

FAZIT: Für die beteiligten Musiker ist „Tardigrades Will Inherit The Earth“ ein schnell nachgeholter zweiter Atemzug und ein weiterer Identitätsnachweis, der bereits jetzt zur Momentaufnahme verschwimmt. Aus Konsumentensicht ist das Album wohl nur interessant, wenn man die Göttergaben des Prog schon allesamt im Regal stehen hat und das noch nicht reicht. THE MUTE GODS machen bewusst kurzlebigen Pocket-Prog zum Mitnehmen. Damit kann man sich sehr gut arrangieren; essenziell ist es nicht.

Sascha Ganser (Info) (Review 4625x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
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Wertung: 8 von 15 Punkten [?]
8 Punkte
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Tracklist:
  • Saltatio Mortis
  • Animal Army
  • We Can't Carry On
  • The Dumbing Of The Stupid
  • Early Warning
  • Tardigrades Will Inherit The Earth
  • Window Onto The Sun
  • Lament
  • The Singing Fish Of Batticaloa
  • The Andromeda Strain
  • Stranger Than Fiction

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Marc
gepostet am: 07.03.2017

Feine Kritik der ich zustimme (Handwerklich gut aber kein must-have) aber mit einem kleinen Infofehler: Nick Beggs ist sehr wohl bei der Produktion des neues SW Albums beteiligt, auf dem Instagram Account von Lasse Hoile gibt es mehrere Fotos die Beggs bei der Studioarbeit zusammen mit Wilson zeigen.
Sascha G. [Musikreviews]
gepostet am: 07.03.2017

Hi, danke fürs Feedback. Ein Infofehler direkt ist es nicht, ich wollte bloß ausdrücken, dass mir ein Mitwirken Beggs noch nicht bekannt war. Mein sicheres Wissen beschränkte sich hier auf Minnemanns Abwesenheit.
Insofern danke für die Info!
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