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The Perc: Koto Funk (Review)

Artist:

The Perc

The Perc: Koto Funk
Album:

Koto Funk

Medium: CD
Stil:

Stilistischer Grenzgänger im Krautrock-Musik-Garten

Label: Sireena/Tribal Stomp
Spieldauer: 35:39
Erschienen: 10.03.2017
Website: [Link]

Irgendwie war das alles völlig anders geplant...
Irgendwie ist es richtig gut, dass der Plan nicht in Erfüllung ging!
Und außerdem ist das hier auch gar kein Funk oder gar Kot(o), eher Krautrock-Punk der frechen Sorte, nicht einzuordnen, total abgefahren und was für Szene-Kenner statt musikalische Durchschnittsware-Hörer. Etwas für den „Electric Kindergarten“, den THE PERC – der im bürgerlichen Leben unter dem Namen Tom Redecker sein Unkrautgärtchen beackert – mal mit den HIDDEN GENTLEMAN oder der ELECTRIC FAMILY führt. Mein geschätzter Kollege König jedenfalls bezeichnete THE PERC als den „fröhlichen Wilderer in allen möglichen Stilen“ und trifft dabei das psychedelische Musiknägelchen genau auf sein krautrockiges Köpfchen.

Koto Funk“ war, wie bereits erwähnt, noch gar nicht als Veröffentlichung geplant, sondern ein lang erwartetes Studio-Album der ELECTRIC FAMILY. Doch dann trat plötzlich das Unerwartete – so gesehen die große Unbekannte – ein, die Redecker zum Handeln zwang. Doch lassen wir ihn in diesem Falle einfach selber einmal zu Wort kommen:
„Manchmal muss man schnelle und auch unbequeme Entscheidungen treffen, und ich nehme mir dann auch immer die Freiheit, das zu tun. Im Dezember 2016 habe ich in meinem Archiv eine Schachtel gefunden, die ich schon seit Jahren nicht mehr geöffnet hatte. Darin fand ich DATs und Tapes sowie einen Ordner mit dem Skript zu dem Theaterstück "Festung" von Rainhald Goetz. Ich muss vorausschicken, dass in der Spielsaison 1995/96 der Regisseur Günther Gerstner Musik von THE PERC MEETS THE HIDDEN GENTLEMAN und PINK FLOYD für seine Inszenierung von Peter Turrinis "Die Schlacht um Wien" am Staatstheater in Stuttgart benutzt hatte. Gerstners nächste Aufführung sollte eben "Festung" von Rainhald Goetz sein, und der Regisseur wollte auch diesmal, dass wir die Musik für diese Inszenierung beisteuern. […] Weitere passende Ideen fand ich auf alten Kassetten-Produktionen von mir, die in den Achtzigern entstanden waren. Raue, wüste Industrial-Aufnahmen - mich hat‘s umgehauen, wie ich damals drauf war. Einige dieser Aufnahmen sollten mit Band neu eingespielt werden und für die Theaterinszenierung als Soundtrack dienen. Das wäre echt großartig geworden.“

Gut – zu der Theateraufführung kam es nicht.
Dafür aber zu diesem Album „Koto Funk“ - und nicht nur olle Berlin-Wowi würde comingoutmäßig dazu ausrufen: „Und das ist gut so!“
Denn nun packte den Aktionist THE PERC leidenschaftlicher Ehrgeiz:
„Kurz vor Weihnachten bin ich dann wieder auf diesen eingestaubten Archivkarton gestoßen, hab ihn geöffnet und die Erinnerungen waren wieder da. Ich habe mir die Aufnahmen angehört, und da wusste ich, das muss ich rausbringen. Und zwar schnellstens. Und wenn ich ein Projekt anstoße, dann wird das auch zu Ende gebracht. Innerhalb von zwei Wochen waren die Aufnahmen digitalisert, das Artwork für die CD erledigt, das Master ins Presswerk geschickt. Ende Januar hatte ich die fertige CD in der Hand. Dieses Projekt war mir wichtig genug, die geplante Veröffentlichung des neuen Electric-Family-Albums in den Mai zu verschieben. Das musste einfach gemacht werden!“

Nun kann natürlich der Hörer dieses Albums vom stilistischen Überflieger THE PERC selber entscheiden, ob diese Aktion verrückt oder einfach nur grandios ist. Im Grunde liegt sie genau zwischen diesen beiden Eigenschaften, denn was hier an Musik auf einen einprasselt, entzieht sich stellenweise jeder Beschreibung: düstere Electronics, 80er-Jahre-NDW-Rhythmen - immer schön dabei den „Head In The Air“ -, Klang-Collagen und Sound-Samples ohne Ende, seltsamer Gesang, Industrial und Hardcore, Psychedelic und natürlich Krautrockiges en masse und echt ZAPPAeskes wie „The Dwarf“, zu dem Redecker meint: „Ja, ich mag "Dwarf" noch immer. Ein "Go West"-B-Movie. Ein Zwerg reist aus Europa in die USA bis nach Kalifornien, wo er Surfen lernt, Drogen nimmt und den Californian Girls nachstellt. Er übertreibt‘s etwas. Zum Schluss endet er im Wahnsinn. Die Musik dazu musste einfach wüst und wild sein.“
Das muss man einfach gehört haben – sonst glaubt‘s man nicht!

FAZIT: „Koto Funk“ von THE PERC sind die von Tom Redecker wiederentdeckten Musik-Goldschätze aus der Krautrock-Giftkammer, die viel zu lange in seinem Archiv verstaubten, weil er sauer war, dass diese Aufnahmen, die eigentlich 1996 für ein Theaterstück gedacht waren, nicht zum Einsatz kommen konnten, da das Stück gecancelt worden war. Dieses Album jedenfalls beweist, wie hervorragend die Musik – angereichert mit ein paar zusätzlichen Single-Aufnahmen - auch ohne jegliches Bühnenstück funktioniert!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2552x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Inhaler
  • Head In The Air
  • Flesh & Blood Soceity
  • Heartbeat
  • Koto Funk
  • Cuppa Mocha
  • Dwarf
  • Birth To The Day

Besetzung:

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