Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Jessica Sligter: A Sense Of Growth (Review)

Artist:

Jessica Sligter

Jessica Sligter: A Sense Of Growth
Album:

A Sense Of Growth

Medium: CD/LP
Stil:

Avantgarde-Pop, Singer/Songwriter, Electronics, Folk, Jazz

Label: Hubro
Spieldauer: 33:36
Erschienen: 01.07.2016
Website: [Link]

Holland und Norwegen vereinen sich nicht nur aus biologischer Sicht in JESSICS SLIGTER – auch aus musikalischer Sicht erschafft sie eine Musik, der ganz offensichtlich die skandinavische Faszination innewohnt und die zugleich eine Tür zur weiten Welt aufstößt, in der uns schon in den 80er-Jahren eine LAURIE ANDERSON mit unterkühlten, aber trotzdem bewegenden Electronics und verfremdetem Gesang schwer zu beeindrucken verstand. Aber sie öffnet uns gerade durch ihren Gesang auch noch eine weitere Tür zu einer der beeindruckendsten Musikerinnen der letzten Jahre – nämlich Courtney Swain von BENT KMEE!

Bereits auf ihrem ersten 2012er-Album, das ein ähnlich düsteres, aber durchaus ansprechendes Cover von Hubro verpasst bekam wie ihr aktuelles, drittes 2016er Werk „A Sense Of Growth“ vereinte JESSICA SLIGTER ungewöhnliche elektronische Klangwelten und Loops mit ihren Singer/Songwriter-Texten, die alle als Booklet dem Album beigefügt sind, aber auch Metallischem und mal klarem oder auch elektronisch verfremdetem Gesang. Schon damals waren wir schwer beeindruckt von dieser ungewöhnlichen Musik und auch jetzt sind wir es wieder!

Genau wie ihr zweites Album „Fear And The Framing“ nahm Sligter ihr klanglich ausgezeichnetes und vor Stereo-Effekten nur so überfließendes drittes Album in Seattle gemeinsam mit Randall Dunn auf. Erstmals bezog sie dabei viele Gastmusiker mit ein, wobei eine besondere Rolle EYVIND KANG – an Bass und Violine – spielt, der aktiv bei MR BUNGLE sowie ANIMAL COLLECTIVE und JOHN ZORN mitwirkt. So tauche plötzlich umfangreiche Streichersätze auf, aber auch die Synthesizer erhalten deutlich mehr Spielräume. Über allem aber schwebt der vielfältige, abwechslungsreiche Gesang, der nicht nur zerbrechlich, sondern auch regelrecht aggressiv oder anklagend klingen kann und der neben elektronischen Verfremdung auch voll auf pure, akustische Vokalistik setzt. Auch für die instrumentalen Breitseiten gilt, dass Orchestrales auf Filigranes, breite Soundwände auf abstrakte Akustik-Tupfer oder beschwingte Loops trifft. Sehr viel Abwechslung ist angesagt in den leider viel zu kurzen 34 Minuten der CD bzw. LP. Unverkennbar fließen auch neue Strukturen in Sligters Musik ein, wie Soul und sogar Rap, aber es bleibt auch bei den Electronics, die auf Neofolk und Jazz treffen.

Wenn die Beinahe-Ballade voller Electronics, fetter Bässe und traumhaftem Gesang „Surrounds, Surrounds Me“ das Album eröffnet, ahnt man nur entfernt, was uns an weiteren Klangüberraschungen im Verlaufe der guten halben Stunde noch erwartet. Schon der düstere Titel-Track schlägt eine ganz andere Seite an und wird genauso wie „The Dream-dealer“ durch den zusätzlichen (verfremdeten) Gesang von JENNY HVAL bereichert. Am Ende vereint JESSICA SLIGTER dann auch noch pure Poesie mit ihren ungewöhnlichen Klangwelten, indem sie mit „Mercilessly Clear“ Auszüge des Versepos „Aniara“ von Harry Martinson (1904 - 1978), dem schwedischen Nobelpreisträger für Literatur und „im moralisch-philosophischem Sinne“ zugleich bekennendem Buddhisten, der sich bei einem Krankenhausaufenthalt aus Verzweiflung mit einer Schere umbrachte, vertont. Natürlich kann man sich bei solchem Hintergrund sehr gut die finstere Dimension dieses Stückes vorstellen, das mit dem Vers: „How can you be so cruel... (Wie kannst du nur so grausam sein...) beginnt. Ein Grauen, das mit der eindeutigen Aufforderung „Run, Now!“ schwer beeindruckend endet.
Gäbe es einen echten Musik-Nobelpreis, JESSICA SLIGTER sollte die erste Anwärterin dafür sein.

FAZIT: JESSICA SLIGTER wohnt Geheimnisvolles – manchmal sogar musikalisch Bedrohliches - inne. Und diese bedrohlichen Geheimnisse offenbart sie uns mit ihrer sehr vielfältigen Musik, die sich zwischen Akustischem und Elektronischem sowie Melodischem und Experimentellem genauso wohl fühlt und in all diesen Bereichen voll zu überzeugen versteht. Ihr aktuelles Album „A Sense Of Growth“ ist hohe Kunst, die den einen oder anderen vielleicht sogar gehörig verunsichern und verwirren wird.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3524x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Surrounds, Surrounds Me
  • Wherever You Go
  • A Sense Of Growth
  • The Dream-dealer
  • The Smoking Tree
  • Mercilessly Clear
  • Run, Now!

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Welche Farbe hat eine Erdbeere?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!