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Trad.Attack!: AH! (Review)

Artist:

Trad.Attack!

Trad.Attack!: AH!
Album:

AH!

Medium: CD
Stil:

Moderner Folk voller Tradition und modernster Technik

Label: Nordic Notes
Spieldauer: 45:23
Erschienen: 25.09.2015
Website: [Link]

Liebe Freunde anspruchsvoller großer Musikkunst aus kleinen Ländern, hier kommt die nächste riesige Entdeckung aus dem nördlichsten Land des Baltikums, das es noch nicht einmal auf anderthalb Millionen Einwohner, dafür aber zu großartiger Musik bringt. Hört man TRAD.ATTACK! über deren etwas albern anmutenden Band-Namen man durchaus streiten könnte, genauso wie über den Album-Titel „AH!“, so ist eins trotzdem unbestreitbar. Nämlich die Musik hinter TRAD.ATTACK, die sich an den estnischen „Folk“-Traditionen orientiert und diese mit klassisch-traditionellen Instrumenten sowie uralten Original- & Sprach-Samples genauso wie mit modernem Rockinstrumentarium einspielt und so eine absolut topaktuell klingendes Scheibchen raushauen, das von akustischen Gitarren und einem alles überragenden Dudelsack genauso dominiert wird wie von knackigem Schlagzeug, Saxofonen und weiblichem sowie männlichem, muttersprachlichem Gesang, der es in sich hat. Was ARVO PÄRT bei den Esten für die Klassik geworden ist, könnten nach einer CD wie „AH!“ durchaus TRAD.ATTACK! für die die estnische Folk-Musik werden.

In ihrer Musik greift das aus einer Dame und zwei Herren bestehende Trio auf alte Archivaufnahmen zurück, die sie als Samples ihrer Musik nicht etwa nur hintergründig, sondern als integralen Bestandteil der einzelnen Stücke beimischen. Besonders spannend wird es, wenn die Musiker sogar im Einklang mit den Samples ein „gemeinsames“ Lied singen. Kein Wunder, dass bei solchem Ideenreichtum der Erfolg nicht lange auf sich warten ließ und bereits das erste Stück des Albums „Kooreke“ (Edelcreme) in Estland ein Hit in Radio-Dauerrotation wurde, gerade weil es eben kein banaler Pop-Song, sondern eine TRAD-Folksong-ATTACKe ist, die folgendermaßen funktioniert:
Ein Schlagzeugrhythmus begleitet anfangs eine aus dem Jahr 1961 gesampelte Stimme, dann ein kurzer Einstieg an der Gitarre bis ein Dudelsack drauflosfeuert und einen wilden Rhythmus spielt bis plötzlich die Stimm-Samples, im Rhythmus mit Dudelsack, Schlagzeug und Originalstimmen, eine in die Beine gehende Melodie anstimmen, welcher der Dudelsack wieder gemeinsam mit dem Schlagzeug auf seinen Solo-Ritt begeben darf.

Das klingt nicht wie von dieser Welt, aber eben genau wie aus Estland. Das nächste Stück „Tuna-Tuna“ wartet dann mit jazzigen Rhythmen, die etwas an das jüdische Klezmer erinnern, filigraner, 12-saitiger Akustik-Gitarre sowie Gesangssamples aus dem Jahr 1930 auf.
„Nirr-Nurr“ brilliert wieder mit einer akustischen Gitarre und der Stimme von SANDRA SILLAMAA mit wunderoll rollendem „Rrrrrr“ sowie fetten Bässen und ein mit Besen gespieltem Schlagzeug. Die Musik von TRAD.ATTACK! ist eine wahre Musik-Wundertüte, die von der ersten bis zur letzten Minute eine gelungene Überraschung nach der anderen präsentiert, egal ob das nun die plötzlich auftauchenden Maultrommeln (Besonders beeindruckend in „Must Madu“ samt Techno-Rhythmus!) und Saxofone oder die immer wieder neuen „alten“ Stimm-Samples sind, ohne dass man den unangenehmen Überraschungsei-Effekt fürchten muss, bei dem man verzweifelt nach den Figürchen geklappert hat und am Ende nur eine sinnlose kleine Bastelei offenbart bekommt.

Genauso liebevoll wie die Musik ist auch die „Verpackung“ der CD aus dem Hause Nordic Notes, die aus einem Dreifach-Digi-Pack besteht, in welches das 15-seitige Booklet mit Original-Texten und englischer Übersetzung sowie futuristisch-erotischen Bildern eingeklebt ist.

Mit diesem Debüt-Album haben TRAD.ATTACK! jedenfalls bereits weltweit für so einige AH(a)!-Effekte gesorgt und begeisterte Kritikerstimmen einheimsen können, die von einem „leuchtenden Beispiel für die Zukunft der Folkmusik“ bzw. einem „wilden Stilmix aus Punk, Rock, Blues, Akustikgitarre und mitunter knarrenden Samples alter estnischer Volkslieder, unterlegt mit Dub-Tönen und einer sexy und eigenwilligen Stimme“ sprechen. Was soll man dazu noch mehr schreiben, außer dass diese Stimmen herrlich die Stimmung von „AH!“ auf den Punkt bringen. Kein Tritt in die zarten Glöckchen männlicher Manneskraft, sondern einfach nur sexy. Nur Vorsicht - für eheliche oder uneheliche Beischlafzeremonien ist diese Musik nur bedingt geeignet, außer man möchte unter der Bettdecke mal so richtig Dampf machen bzw. wer es ruhiger angehen lassen möchte, drückt einfach bei den Flötentönen von „Kuukene“ die Repeat-Taste. Der Song steigert sich nämlich bis zum Orgasmus und woran das liegt, wollen wir noch schnell am Ende dieser Kritik klären ...

Mit viel Sinn für Humor verabschiedet sich das estnische Trio aus ihrem Album. „Kuukene“ (Mond) stellt die seit langem den Mond anhimmelnde Bitte dar, dem Körper Kraft und Jugend zu verleihen. Na, das werde ich heute Abend dann gleich mal versuchen - aber in Deutschland verhallen ja bekanntlich die meisten Bitten doch nur ungehört, weil unser aller Mutti-Wort doch so „alternativlos“ und noch dazu komplett unsexy ist. Wer aber den Wunsch hat, sich dieses Album völlig unkompliziert zuzulegen, dessen Bitte wird garantiert von Nordic Notes umgehend erhört!

FAZIT: Drei Musiker aus Estland, drei wunderbare Kreativ-Köpfe, bei denen tatsächlich die Frau den „Dudel“ spielt und die Männer nur den „Sack“, dafür aber faszinierende akustische Gitarren, haben. Das ist jedoch völlig egal, denn TRAD.ATTACK! präsentieren auf „AH!“ Folk-Musik der völlig anderen Art. Wer‘s hört, wird begeistert sein, wer‘s ignoriert, der verpasst etwas - garantiert!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2956x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Kooreke (Precious Cream)
  • Tuna-Tuna
  • Nirr-Nurr
  • Toru-Uss (Pipe-Snake)
  • Oleks Minu Olemine (If I Were)
  • Must Madu (Black Snake)
  • Paistuse Sonad (Words Of Swelling)
  • Unes (In A Dream)
  • Peale Päeva (After The Day)
  • Reied (Thighs)
  • Jaan‘Kene
  • Kuukene (Moon)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

  • AH! (2015) - 13/15 Punkten
Interviews:
  • keine Interviews
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