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Thieves Kitchen: The Clockwork Universe (Review)
Artist: | Thieves Kitchen |
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Album: | The Clockwork Universe |
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Medium: | CD | |
Stil: | Retro-Prog |
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Label: | Eigenveröffentlichung / Just For Kicks | |
Spieldauer: | 51:34 | |
Erschienen: | 30.10.2015 | |
Website: | [Link] |
Manchmal ist es doch so einfach, Musik zu verstehen, wenn man eine Band wirklich wortwörtlich mit ihrem Namen in Verbindung bringt. In der KÜCHE DER DIEBE gibt es natürlich Köche, die aus den unterschiedlichsten progressiven Musik-Zutaten ein Gericht fertigen, das am Ende etwas anders aussieht und etwas anders schmeckt, aber offensichtlich auf Geschmacksverstärkern aufbaut, die allseits gerne zu sich genommen werden: egal ob diese sich Retro, Neo, Art, Jazz, Fusion oder Canterbury nennen - immer befinden sie sich auf dem Teller Prog und fühlen sich dort nicht nur sauwohl, sondern munden dem Feinschmecker auch saugut. THIEVES KITCHEN köcheln nicht etwa im einsternigen Fast-Food-Bereich, sondern kämpfen um höchste Prog-Gourmet-Auszeichnungen. Würden sie nun noch ein völlig eigenständiges Gericht kreieren, dem nicht wirklich abwechslungsreichen weiblichen Gesang noch eine zusätzliche männliche Nuance hinzufügen und manchmal auch etwas feuriger würzen, der Erfolg wäre ihnen gewiss. So gibt‘s diesmal nur vier Sterne, weil die Geschmacksverstärker eben noch zu stark herauszuschmecken sind.
An „The Clockwork Universe“ sind erstmals gleich drei Musiker aus der Prog-Institution allererster Güteklasse namens ÄNGLAGÅRD beteiligt, deren Einfluss sich natürlich unverkennbar auf das Album überträgt. Und wenn heutzutage bei progressiver Rockmusik Erinnerungen an ÄNGLAGÅRD aufkommen, dann spricht das umgehend alle Prog-Rock-Feinschmecker an, den die Retro-Schiene der 70er Jahre besonders am Herzen liegt. Denn längst mögen wir doch auch Flöten und Komplex-Verspieltes, bei dem die Keyboards und Gitarren gleichberechtigt ihre Freiräume erhalten, während sich das Schlagzeug durch die unterschiedlichsten Taktarten arbeitet, die vieles, aber nie eintönig sind. Das alles bekommen wir auch bei THIEVES KITCHEN serviert und außerdem noch ein Konzept(-Album), welches sich mit der Thematik des Menschen auseinandersetzt, dem es in der immer komplexer werden Welt schwerer fällt, eine für ihn richtige Orientierung zu finden. So handeln die Songs davon, dass sich unsere nicht göttliche, sondern vielmehr wissenschaftliche Schöpfung zwischen wissenschaftlicher Lehre und Erkenntnis bewegt, egal ob als Kind in „Prodigy“, vernachlässigter Ehepartner in „The Scientist‘s Wife“, junge Verliebte in „Library Song“ oder als jemand, der in „Railway Time“ hilflos von der industriellen Revolution überrannt (oder im Falle des Songs besser „überrollt“) wird: „Can‘t stop the railway / Taking our time“.
Im Zentrum des Albums steht dabei wie selbstverständlich das 20 Minuten lange „The Scientist‘s Wife“, ein deprimierender Song über einen Wissenschaftler, der über seine Forschungen hinaus alles menschliche vernachlässigt, besonders seine Frau: „In this magnetic age / He stands alone / A fame apart from me / Lapses of memory / The empty days / The empty harmonies. / When I sing / I sing alone / I‘m fading to grey“. Auch hierin liegt die Stärke des Albums - nennen wir es mal die textlich klar strukturierte Speisekarte, die nicht blödsinnige Geschichten aus dem Reich der Sagen und Märchen erzählt, sondern direkt in unser Hier und Heute eingreift, aber neben der Gegenwart nie die Vergangenheit und Zukunft aus den Augen verliert.
Doch nicht nur das Rezept und die Zubereitung sind bei THIEVES KITCHEN wichtig, auch wie‘s serviert wird - der Sound-Teller also. Den präsentiert uns ROB AUREY, der sich bereits um das Mixen und Mastern von Bands wie IQ, ASIA und BIG BIG TRAIN verdient machte, in kristallklarer, manchmal fast ein bisschen zu stark polierter Form. Klang im Zeichen der modernen Zeit, auch wenn die Musik ein deutliche Rückbesinnung in die Vergangenheit darstellt. Ein wohlschmeckendes Menü nicht nur für den Gaumen, sondern auch die Ohren und Augen, womit wir beim liebevoll gestalteten Digi-Pack mit 12-seitigem Booklet und zusätzlichem Slipcase wären. Auch in dieser Beziehung stimmt der Geschmack.
Als letztes noch ein paar Worte zum Dessert, welches besonders mundet: die beiden Instrumentals „Astrolabe“ - der Zwischengang, und „Orrery“ - die abschließende Delikatesse. Beide akustischen Stücke werden von einem Klavier getragen, welches in „Astrolabe“ komplett solistisch beginnt, bis ein akustischer Bass plus akustische Gitarre hinzukommen und so gesehen eine einfache, aber hervorragend schmeckende Klassik-Beigabe sind, die wir uns ohne Weiteres auch auf einem EINAUDI-Album vorstellen könnten. „Orrery“ - der letzte Gang und zugleich krönende Abschluss - lebt wiederum vom Piano, dessen Begleiter diesmal aber eine von ANNA HOLMGREN faszinierend gespielte Flöte ist, während sich im Hintergrund sogar das Mellotron mit ein paar zart hingetupften, schmackhaften Saucen-Flächen als GENESIS-Schmäckerli aus „The Clockwork Universe“ verabschiedet.
FAZIT: Ein musikalischer Retro-Prog-Hochgenuss, der nichts Neues bietet, dafür aber mit THIEVES KITCHEN Altbekanntes zu einem Menu der Spitzenklasse aufbereitet.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Library Song
- Railway Time
- Astrolabe
- Prodigy
- The Scientist‘s Wife
- Orrery
- Bass - Johan Brand
- Gesang - Amy Darby
- Gitarre - Phil Mercy
- Keys - Thomas Johnson
- Schlagzeug - Paul Mallyon
- Sonstige - Anna Holmgren (Flöte)
- The Clockwork Universe (2015) - 13/15 Punkten
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