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Guano Padano: Americana (Review)

Artist:

Guano Padano

Guano Padano: Americana
Album:

Americana

Medium: CD
Stil:

Western / Country / Jazz / Experimental

Label: Ipecac Recordings
Spieldauer: 48:51
Erschienen: 04.11.2014
Website: [Link]

Americana der Name. Mitschwingend die Quintessenz.
Alessandro Stefana, Zeno de Rossi und Danilo Gallo. Man könnte auch sagen “The Good, The Bad and The Ugly”. Wenn man sich mit den Themen und Klangfiguren vertraut macht, die GUANO PADANO in meist kurzen Titeln auf ihre Platten bringen, wird einem ein Strauß an Einflüssen gewahr, vor allem aber dieser: Ennio Morricone und seine Arbeiten für Sergio Leone. Mal sitzt ein Mann alleine auf einer Bank und spielt auf seiner Mundharmonika, mal wird temporeich eine Postkutsche oder ein Zug von Banditen überfallen, mal beim Kartenspiel betrogen, ein Pferd beschlagen oder es grast auch einfach nur eine Kuh.

Die Alben bieten ein Panoptikum aus Einzelstimmungen und dadurch letztlich ein querschnittartiges Bild einer bestimmten Szenerie, in diesem Fall ein Portrait amerikanischer Weiten mit Fokus auf ihren zivilisatorischen Ursprung, interpretiert aus italienischer bis italoamerikanischer Perspektive. „2“ wurde auch mit von Mike Patton vereinnahmt; in Anbetracht von dessen Umtriebigkeit hätte Viehtreibermusik durchaus eines seiner verrückten Projekte sein können, doch sein Beitrag auf „Prairie Fire“ war lediglich der eines Gastes, die Vision gehört Anderen.

Wo „2“ sich auch mit dem Ursprung des Leone-Stils in den Arbeiten Akira Kurosawas widmete und fernöstliche Elemente einbezog, siedelt „Americana“ nun ins Post-Country um, ohne deswegen unbedingt allzu sehr den Stil zu variieren. Pluckernde Westerngitarren, ebensolche Klaviere, Banjos, Morricone-Chöre und sogar Hufgetrippel als Rhythmuselemente formen das Schaffen des Trios immer noch primär zur Saloon- und High-Noon-Musik. So wie es Leone mit „Es war einmal in Amerika“ tat, schlagen aber auch GUANO PADANO die Brücke zu alldem, wofür „Americana“ im Allgemeinen steht, im Speziellen aber für Globalisierung.

Denn diesmal setzt man sich mit der Vergangenheit des eigenen Landes auseinander. Der italienische Faschismus während der Mussolini-Diktatur wird aufgegriffen. Damalige künstlerische Strömungen flossen nicht selten in den Neorealismus, der sich zum Ziel setzte, die schlechten Lebensumstände der „kleinen Leute“ aufzudecken. „Americana“ indes stützt sich auf die gleiche Ausgangskonstellation, ein Regime nämlich, das sich gegenüber der Außenwelt abschottet, um im Inneren die Illusion einer totalitären Gesellschaftsordnung errichten zu können. Ihm geht es aber nicht darum, das Leid im Inneren zu zeigen, sondern vielmehr die Schönheit im Äußeren. Es ist eine Hommage an eine Bewegung, die es sich zum Ziel machte, ausländische Kultur nach Italien zu bringen, wobei es GUANO PADANO ganz offensichtlich die amerikanische Kultur angetan hat.

So zeigt sich praktisch jedes Stück durch einen US-Schriftsteller inspiriert. „Dago Red“ beispielsweise verdankt seinen Titel einer Kurzgeschichtensammlung des italoamerikanischen Autoren John Fante, dessen Sohn Dan auf dem Album sogar als Erzähler in Erscheinung tritt und die Biografie seines Vaters vorliest. John Steinbecks „Pian Della Tortilla“, das sich um einen Lebenskünstler dreht, der allerhand Abenteuer meistert, wird ebenfalls verarbeitet; dem Trio fällt dazu ein recht pfeffriges, aber doch irgendwie schwereloses Westernstück ein, das von einem unwiderstehlichen Rhythmus begleitet ist. Ernest Hemingway ist durch „El Toro“ vertreten und besticht durch langsames Tempo bei dissonant gestimmten Instrumenten, die das Flimmern der heißen Luft über Sand nachfühlen lassen. Eine besondere Erwähnung ist noch das von Sherwood Anderson inspirierte „Banjo Dog“ wert, denn hier legt das titelprägende Banjo die flotteste Sohle des Albums hin; man möchte glatt wie ein Redneck aus der Haut fahren und „Yee-Haw“ schreien. Filmkomponist Mark Orton („Nebraska“) lässt sich auf „Black Boy“ blicken und Joey Burns (CALEXICO) spricht Worte auf „My Town“, die fast so sehr in den Bann ziehen, als schaute man ihm vor einem Lagerfeuer direkt in die Augen. Herausstechend ist ansonsten noch der rauchige Gesang von Francesca Amati auf „The Seed And The Soil“.

Bei einer derartigen Konzeptvielfalt allerdings steht das Gefühl für einen harmonischen Fluss auf der Kippe. Das Vorgängerwerk, obwohl auch dieses schon wie ein Filmsoundtrack einzelne Szenen zu ihrer musikalischen Konzentration zusammenraffte, ließ sich im Easy-Listening-Sinn besser als Ganzes durchhören. In „Americana“ liegen nun stärkere Brüche vor, die zwangsläufig einhergehen, wenn von weit ausschweifenden Panoramen ebenso erzählt werden soll wie von eng gestalteten Kammerspielen.

FAZIT: GUANO PADANO machen weiterhin in erster Linie Stimmungsmusik. Die abrupten Atmosphärewechsel suggerieren immer noch, dass man einem Soundtrack lauscht und jedes Stück dazu da ist, eine besondere Szene zu untermalen, die man sich jedoch selbst im Kopf ausmalen muss. „Americana“ steuert ehrgeizig durch Freiheit und Unabhängigkeit ausstrahlende Western-Impressionen, zitiert Autoren, die Land und Leute ihrer Zeit beschrieben, und Filme, die unvergessliche Panoramen in unser Gedächtnis gebrannt haben. „2“ war im Vergleich vielleicht noch etwas cineastischer und auch zugänglicher. Dennoch übt die Musik weiterhin ihren besonderen Reiz aus, Genre-Klischees aufzugreifen, ohne sie in Tarantino’sche Poststrukturalismen zu betten. Wie originale Western-Soundtracks, die fast unbemerkt mit anderen Gattungen gekreuzt werden. Und selbst wenn Stefana, Rossi und Gallo kaum an mehr appellieren als an ein spezielles Feeling – es ist schön, in die Tiefe der amerikanischen Weiten blicken zu können.

Sascha Ganser (Info) (Review 4980x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 10 von 15 Punkten [?]
10 Punkte
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Tracklist:
  • The Hushed
  • Pian della Tortilla
  • El Toro
  • My Banjo Dog
  • Dago Red
  • But Children Own The Stars - Part I
  • White Giant
  • The Hollow Answer Of The Night
  • Flem's Circus
  • My Town
  • Station 37
  • Cacti
  • But Children Own The Stars - Part II
  • Better Than The Radio
  • The Seed And The Soil
  • Black Boy
  • The Fat Of The Land

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

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  • keine Interviews
Kommentare
Udo
gepostet am: 19.11.2014

Oh geil, die neue Veröffentlichung hatte ich gar nicht mitbekommen, da wird doch gleich mal ein Ohr riskiert, ich mag die Burschen einfach! Und Deine Worte klingen schon einmal alles andere als schlecht, danke für die ausgiebige Rezension, lieber Sascha! ;)
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 19.11.2014

Ha, wusste ich doch, dass da einer an die Angel geht! :D
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