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Black Light Burns: The Moment You Realize You're Going To Fall (Review)

Artist:

Black Light Burns

Black Light Burns: The Moment You Realize You're Going To Fall
Album:

The Moment You Realize You're Going To Fall

Medium: CD
Stil:

Alternative / Industrial

Label: Ninetone / Membran
Spieldauer: 65:34
Erschienen: 10.08.2012
Website: [Link]

Von Reinheitsgeboten dürfte Wes Borland mittlerweile genug haben. Als das Debüt von BLACK LIGHT BURNS - mit ohnehin schon einjähriger Verspätung - in Europa endlich auf den Markt kam, aufgehübscht mit Bonus-Tracks und Bonus-CD, geschah dies in einer entschärften Variante: Irgendwie war das Master der zensierten Auflage für den Großkaufmarkt-Kunden durchgereicht worden und in den europäischen Plattenregalen gelandet. Grund genug für den Kreativkopf, in Zorn und Rauch aufzugehen – und die Energie in neue Musik zu stecken.

Nun war „Cruel Melody“ ja – sehen wir mal vom Parental-Advisory-Sticker ab – selbst mit bösen Wörtern eine eher brav-hübsche Angelegenheit: LIMP BIZKIT-Nu-Metal traf da recht unkompliziert auf NINE INCH NAILS- und FILTER-Industrie, gekrönt mit der eher neutralen Stimme Borlands, den man bis dato eigentlich fast nur als ausgeflippten LIMP BIZKIT-Gitarristen auf dem Schirm hatte, aber wohl kaum als Sänger.

Die Compilation „Cover Your Heart“ ließ anschließend bereits einen ersten Paradigmenwechsel erkennen: Abgeschlossen wurde sie mit Instrumentals aus den „Cruel Melody“-Sessions, geschmeidig und gefällig wie man es eben vom Debüt kannte, doch die davor platzierten Coveraufnahmen suhlten sich ungewohnt im ungeschliffenen Dreck und nahmen sich Stücke aus den Bereichen Post-Punk, Indie, Hardcore, Wave und schräger Experimentalmucke vor, um sie gleich noch ein Stück grobwurstiger zu gestalten.

Jetzt also das offizielle zweite Studioalbum, bedeutungstief getauft als „The Moment You Realize You’re Going To Fall“ – ein Titel, der die Gesetze des klassischen Warner-Brothers-Cartoons einfängt und ihre Düsternis herausarbeitet. Auch beim Artwork bleibt Borland seinem schräg schielenden, karikaturistischen Stil mit der Betonung auf Köpfe (und hier besonders Augen), Hände, Füße und Geschlechtsteile treu, die gemäß dem Bandmotto im hellen Schein des schwarzen Lichts versinken.

Und diesmal greift endlich auch die Mucke das Prinzip so richtig auf. Von einem konventionellen Albumentwurf ist die neue Platte deutlich weiter entfernt als der Vorgänger. Mit 15 Titeln und einer Gesamtspielzeit von 65 Minuten verfolgt sie die Idee einer konzeptfreien, losen Ansammlung von assoziativen Stücken und erinnert so deutlich an die Absurditäten auf den diversen Angeboten von PUSCIFER, wobei Borland hier wesentlich zwingender zu Werke geht als Maynard Keenan.

Wie sehr sich der Kopf der Schwarzlichter nach Echtheit und Unvermitteltheit sehnt, merkt man alleine schon am Gesang. Der unauffällige, einlullende Narrator von „Cruel Melody“ ist tot und wir sagen Hallo zum kreischenden, weinenden, giftenden, jaulenden, Dissonanzen zelebrierenden neuen Entertainer. Viele Songs sind spürbar aus dem Grund geschrieben worden, um absichtlich schiefe Gesangsmelodien einzubauen. Nichts legt davon mehr Zeugnis ab als die ersten beiden Single-Auskopplungen: Im Refrain von „Splayed“ zielt Borland mit seiner Gesangslinie immer exakt an der eigentlichen Harmonie vorbei und markiert gerade dadurch ein Highlight der Platte. Und „Scream Hallelujah“ gibt ja schon vom Titel aus die Richtung an. Ikonisch weist er darauf hin, dass es auf dieser CD darum geht, frei nach Laune seine Zeilen in die Welt zu brüllen, ohne Autotuning, diatonische Melodiefolgen und den ganzen Bullshit. „Hallelujah“ als euphorischer Griff in den Himmel, sich äußernd als animalischer Schrei – und jedes Mal, wenn die Zeile „Scream Hallelujah“ geschrieen wird, klingt sie anders. Nicht-digital eben.

Und was Borland nicht herauszuschreien vermag, übernimmt die Produktion. „The Moment You Realize You’re Going To Fall“ ist fast aufgezogen wie eine Live-Aufnahme und darüber hinaus sogar im postmodernen Stil absichtlich mit authentischen Halleffekten angereichert, die ein direktes Hörerlebnis vermitteln sollen, bei dem man sich nicht zuerst durch eine überproduzierte Plastikplane fressen muss.

Musikalisch bleiben BLACK LIGHT BURNS zwar grundsätzlich bei ihrer Industrial-Affinität, entsprechen aber dennoch viel mehr dem ursprünglichen Gedanken von Borlands erstem Entwurf einer eigenen Band, BIG DUMB FACE, denn MR. BUNGLE, WEEN, FANTOMAS, TOM WAITS oder REVEREND HORTON HEAT sind als Einflüsse und Brüder im Geiste wieder naheliegender als NINE INCH NAILS, die nur noch den Boden bereiten, auch wenn sie sich in Stücken wie "Tiger By The Tail" doch wieder sehr in den Vordergrund drängen. Nintendo-Piepsgeräusche können da durchaus mal neben Rockabilly-Drums, Punk-Aggression und geselliger Flaschen-Percussion bestehen – Hauptsache, es klingt schräg, düster und ein bisschen bescheuert.

FAZIT: Die ungefilterte Aus-Der-Haut-Fahr-Methode steht BLACK LIGHT BURNS verdammt gut. Wo „Cruel Melody“ „nur“ ganz nett war, überrascht „The Moment You Realize You’re Going To Fall“ mit einer ungeschliffenen Songsammlung, die sich mit dem Cover-Album schon angekündigt hatte und jetzt mal so richtig schön aus der Haut fährt.

Sascha Ganser (Info) (Review 6526x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • How To Look Naked
  • We Light Up
  • I Want You To
  • The Girl In Black
  • The Colour Escapes
  • Tiger By The Tail
  • Your Head Will Be Rotting On A Spike
  • Torch From The Sky
  • Because Of You
  • Splayed
  • Scream Hallelujah
  • Bakelite
  • Burn The World
  • Grinning Like A Slit
  • The Moment You Realize You're Going To Fall

Besetzung:

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