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Interview mit Defeated Sanity (28.01.2013)
Wenn es um Brutal Death Metal aus Deutschland geht, müsste inzwischen einem jeden, der auch nur im Ansatz in Kontakt mit der Szene gekommen ist, der Name DEFEATED SANITY aufgestoßen sein. Bereits seit fast 20 Jahren verbreiten sie Angst und Schrecken und haben sich inzwischen sowohl national als auch international auf diesem Terrain zu einer der extremsten und besten Bands hochgearbeitet. Drummer Lille Gruber hat sich die Zeit genommen, ein paar Fragen zur Band und natürlich auch zur aktuellen Platte „Passages Into Deformity“ zu beantworten...
Ihr habt Euer viertes Album “Passages Into Deformity“ wieder im Soundforge aufgenommen. Wie liefen die Recordings und wie seid Ihr selbst mit dem Ergebnis zufrieden?
Die Aufnahmen liefen dank Jörg Uken, der ein hervorragender Engineer/Produzent ist, sehr cool und relativ stressfrei, obwohl es immer stressig ist, die Songs, von denen man besessen ist, im perfekten Licht erscheinen zu lassen. Ich denke, das Ergebnis kann sich sehen/hören lassen und die Fans unserer letzten Alben werden wahrscheinlich begeistert sein. Was du noch vergessen hast, ist die Tatsache, dass wir gleichzeitig eine DVD in dem Studio gemacht haben, wie eine kleine Mini-Doku über den Aufnahmeprozess und mehr. Darunter sind auch zwei ganze Songs als Studio-Clips.
Hört man die neue Platte gegen die letzte, hat man den Eindruck, dass Ihr sehr wohl wisst, wie Eure Songs auf Platte klingen sollen. Habt Ihr Euren Stil soweit definiert, dass Ihr da nicht mehr zu experimentieren braucht? Mit welchem Anspruch geht Ihr ins Studio?
Wie ich schon gesagt habe, wir sind von diesen Songs besessen, bevor wir ins Studio gehen. Die Lyrics müssen perfekt ausgearbeitet sein, jeder Ton in jedem Riff muss an der richtigen Stelle sein, über die Reihenfolge der Songs wird sich Gedanken gemacht, sogar die meisten Intros hatten wir diesmal schon fertig, bevor wir ins Studio gegangen sind. In unserer Musik ist kein Platz für viel Spontaneität, es sind eher wie klassische Kompositionen, Werke. Der Anspruch ist natürlich, diese Vision, die wir im Kopf haben, perfekt umzusetzen. Das gelingt aber immer zu höchstens 80 %, so ist das nun mal.
Siehst Du selbst gravierende Unterschiede zu dem letzten Album?
"Wir haben diesmal wieder Elemente benutzt, die wir bei den letzten zwei Scheiben etwas ausgeklammert haben. Ich denke, Fans unseres Debüts werden hier wieder mehr Freude dran haben. Der Sound ist wieder etwas klarer, auf "Chapters...." waren wir wohl am Höhepunkt der Brutalität angelangt, was Sounddichte anbelangt. Diesmal war es uns wichtig, dass man so viele Töne wie möglich auch wirklich hören kann (haha). Das schließt aber nicht aus, dass wir auf den nächsten Scheiben nicht wieder mehr in die brutale Richtung gehen. "Passages..." ist eben jetzt ein Album mit etwas klarerem Sound geworden. Es ist für uns sehr cool, immer was anderes zu machen."
“Passages…“ ist das erste Album, das Konstantin Lühring eingesungen hat. Wer Euch in letzter Zeit live gesehen hat, konnte seine Leistung ja schon mal unter die Lupe nehmen. Wie seid Ihr damit zufrieden? Gibt es da irgendwelche Neuerungen zu Euren vormaligen Sängern?
Konni hat sich einfach persönlich, wie auch musikalisch perfekt in die Band eingegliedert. Er ist ein Hammerfrontman, ist auf einer Wellenlänge, was unsere Stilsicherheit und -vielfalt anbelangt und hilft mit, unser Equipment zu schleppen (haha). Ich finde, er hat einfach das, was wir an unseren Instrumenten gemacht haben, mit seinem Instrument - seiner Stimme - gemacht: Alle vorherigen Alben auf einen Nenner gebracht und dadurch eine sehr abwechslungsreiche und trotzdem stilreine Performance abgeliefert!
Euer Gitarrensound wird ja von vielen Seiten stark kritisiert, obwohl er ein klares Aushängeschild für Euren Sound ist. Wie seht Ihr das?
Na ja, wie schon in einer vorherigen Frage erwähnt, ist der Sound auf der neuen Scheibe ja etwas klarer geworden, was ja bei vielen vorher der Kritikpunkt war.
Diese vielen Seiten haben meiner Meinung nicht viel Ahnung von echtem Death Metal und um was es geht. Es geht nicht darum, dass man jeden einzelnen Ton super hört, es geht darum, dass man Riffs spüren kann und in ein Höllenszenario versetzt wird. Ob du dann jetzt jede Note hörst, ist egal, weil du eh gerade dabei bist, jemand anderem im Pit auf die Schnauze zu hauen, oder deinen Kopf abzubangen. Hör dir z. B. mal DEVOURMENT "Molesting the Decapitated" oder SUFFOCATION "Effigy of the Forgotten" an.
Wo liegen Eure eigenen Wurzeln was Musik anbelangt? Gibt es da auch Sachen jenseits vom Metal?
Ich betrachte mich immer als Forscher der Musikgeschichte und suche mir aus JEDEM Stil das heraus, was ich mag. Das fängt meinetwegen im Mittelalter an, geht dann über J. S. BACH, etc., dann kommt erstmal ne Zeit lang nur Klassik, dann kam der Blues in den Staaten, Gospel, JOHN COLTRANE, MILES DAVIS, Rock'n'Roll etc... Daraus kommt dann wohl der Harte Rock ...dann wären wir irgendwann bei JIMI HENDRIX, BLACK SABBATH und auf BLACK SABBATH folgt nun mal METALLICA und SLAYER, den Rest kennen wohl alle. Wir sind persönlich auch sehr an den "Abarten" vom jeweiligen Stil interessiert. Im Metal wären das neben unseren großen Brüdern SUFFOCATION, DISGORGE oder GORGUTS auch Sachen wie WATCHTOWER, CONFESSOR, SPASTIK INK. Ich könnte noch ewig weiterlabern. Aber ich denke, du weißt was ich meine.
Wie würdest Du Eure eigene Musik beschreiben? Gibt es Musik, die Euch in Bezug auf Eure Songs direkt inspiriert?
"Als Fazit zur letzten Antwort müsste man eigentlich sagen: "Progressive Brutal Death Metal". Die Tradition werden wir immer bewahren wollen, aber man muss auch immer nach vorne gucken und neues Terrain beschreiten. Unser Stil ist die bestmögliche Balance aus beidem."
Was hältst Du von der deutschen Tech-DM-Konkurrenz, wie zum Beispiel Bands wie NECROPHAGIST oder OBSCURA?
NECROPHAGIST haben Deutschland wieder ins Spiel gebracht. Davor wurden "wir" international eher belächelt. OBSCURA und NECROPHAGIST stehen beide für sehr hohe musikalische Kompetenz in Deutschland. Ich denke aber nicht, dass sie puren, brutalen Death Metal spielen, deswegen kann ich nicht von Konkurrenz reden, was ja eh ein dummes Konzept ist. Ich denke, man kann keine von beiden Bands mit uns vergleichen. Wir stehen eher in US-Tradition.
Ihr habt die Band inzwischen weltweit etabliert und auch schon in allen möglichen Ecken getourt. Denkst Du, dass DEFEATED SANITY inzwischen das Aushängeschild für technischen Brutal-DM aus Deutschland geworden ist?
Ich denke, dass wir zum Aushängeschild von brutalem Underground Death Metal weltweit geworden sind. Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist, das "Underground" zu streichen, in Bezug auf die Professionalität, nicht den Stil.
Gibt es ein textliches Konzept für die Platte?
Ja, die Scheibe beschäftigt sich mehr mit den spirituellen Aspekten des Todes, anstelle des puren Abschlachtens (was auch nach wie vor geil ist, und bei der nächsten Scheibe wieder zurückkommen könnte).
Stichworte sind Nahtoderfahrungen/Höllenvisionen in der Zwischenwelt, Reinkarnation, Karma, aber auch Drogenmissbrauch/Eskapismus und das allgemeine Entstehen der menschlichen geistigen Verunstaltung.
Ihr müsst als Musiker recht weite Strecken zurücklegen um zu proben. Wie funktioniert das?
Es ist stressig für die Leute, die anreisen müssen (Konni und Chris), und es nervt natürlich, dass wir nicht einfach jede Woche jammen können, deshalb sind die Proben auch immer anstrengend, denn wir müssen alles in ein Wochenende packen, was wir normalerweise über den ganzen Monat verteilt machen könnten.
Die Songs sind schon spieltechnisch fordernd – übt Ihr viel daheim?
Ich würde sagen, jeder verbringt zu Hause mindestens eine Stunde am Tag mit Arbeiten für DEFEATED SANITY.
“Passages Into Deformity“ ist Euer zweites Album auf Willowtip. Wie läuft die Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit verläuft ziemlich reibungslos. Plattenlabels haben aber nicht mehr die gleichen Möglichkeiten, wie vor ein paar Jahren, deswegen sind wir immer noch so ziemlich eine DIY-Band.
Gibt es für die Fans in Deutschland mal wieder eine Gelegenheit DEFEATED SANITY live zu sehen? Tourt Ihr, um das aktuelle Album zu promoten?
Europa wird dieses Jahr zur Genüge abgedeckt, denke ich. Nächster Gig in DE wäre das Sultans of Death in Ludwigshafen, was wir alle kaum erwarten können, z. B. mit unseren Buddies OBSCURA mal endlich nen Gig zu absolvieren, geht ab!
Wie geht es weiter? Neue Herausforderungen?
Schreib dieses Interview gerade mit der Gitarre in der Hand und stocher an neuen Fetzen rum, die zwei neue Songs werden könnten. Es hört nie auf und es bleibt frisch, überraschend und intensiv!
Okay, das war's soweit von mir. Vielen Dank für Deine Zeit. Die letzten Worte gehören Dir.
Danke für das Interview! Death Metal-Horden aller Altersklassen, Old School- oder New School-, Slam- oder MORBID ANGEL-Fans, besorgt euch das neue Album, niemand wird enttäuscht, glaubt mir... stay brutal.