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Interview mit Mantar (22.03.2014)

Mantar

Quasi aus dem Nichts kommen MANTAR, ein deutsch-türkisches Duo, das in Hamburg ansässig ist und das jüngst nicht nur sein Debütalbum "Death By Burning" über das finnische Kultlabel Svart veröffentlicht hat, sondern auch beim Hell Over Hammaburg für Begeisterung gesorgt hat. Derb, wie nur zwei Musiker nicht nur auf der Platte, sondern auch live einen solchen Fön erzeugen können. Ein paar Tage später fragten wir bei Sänger und Gitarrist Hanno nach, wie er die Show denn erlebt habe und wie der Sound von MANTAR zustande kommt.

Hallo Hanno, ich hoffe, dir geht es gut. Ich habe euch beim Hell Over Hammaburg gesehen und war ziemlich begeistert vom Auftritt. Wie ist es aus deiner Sicht gelaufen?


Großartig. Ein vollgestopfter Raum, gute Leute und wir haben gut abgeliefert, denke ich. Konnten sogar pervers viel Merch verkloppen. Das ist natürlich immer gern gesehen. Außerdem zeigt es, dass es den Leuten wohl gefallen haben muss.

Ich nehme mal an, ihr wart ziemlich froh darüber, noch kurzfristig einspringen zu können?

Auf jeden Fall. Wir sind dankbar für jede gute Show.

Der wievielte Auftritt von euch war das?

Haha, keine Plan. Ich denke mal so der neunte oder zehnte.

Habt ihr euch selber auch noch andere Bands beim Hell Over Hammaburg angesehen und wie fandet ihr das Festival an sich?

Wir waren schwer begeistert und hoffen natürlich, nächstes Jahr wieder dabei sein zu können. Ich habe Omega Massif gesehen. Fand ich klasse. Die Jungs von Bölzer waren auch extrem nette Kerle.

Zwei Dinge sind mir besonders aufgefallen. Du hast nicht frontal vor dem Publikum gestanden, sondern seitlich. Warum? Brauchst du den Sichtkontakt mit dem Drummer, ist es dir unangenehm, das Publikum direkt zu sehen oder ist das einfach nur ein Spleen?

MantarEs hat sich so eingebürgert, dass wir genau wie wir im Proberaum stehen, auch auf der Bühne auftreten. Wir spielen in erster Linie für UNS. Und die Leute können dabei zuschauen. Das ist wichtig für die Energie zwischen uns beiden. Wir kennen es nicht anders.

Außerdem ist mir dein ziemlich großes Pedalboard aufgefallen. Brauchst du das alles auch live? Und ist es nicht ziemlich schwierig, da den Überblick zu behalten und sich zu merken, wann man wo drauf treten muss?

Ich kenne mich glücklicherweise gut mit Equipment aus und weiß schon ziemlich genau was ich da mache. Und auch wenn es groß ist, ist gerade das von dir beschriebene Umschalten so ausgelegt, dass es sehr einfach ist. Hat was mit Loops zu tun, aber das alles im Detail zu erklären sprengt sicher den Rahmen, haha.

Bist du selber ein Techniknerd, was das angeht oder ist das einfach eine Notwendigkeit, die daraus resultiert, dass ihr nur zu zweit spielt?

Es ist tatsächlich eine Notwendigkeit, um genau das so zu zweit umzusetzen, was wir auf der Platte versprechen. Und das funktioniert auch gut. Erfordert aber eben ein gewisses technisches Know How. Und ja. Ich bin wohl das was man einen Nerd nennt.

Ihr sagt selber in Interviews, dass ihr einfach das spielt, worauf ihr Bock habt und ihr euch nicht weiter drum kümmert, wie man das nun nennt. Es ist aber doch so, dass selbst die eigenständigste Musik immer noch in gewisser Weise aus Einflüssen resultiert, zumindest unbewusst. Kannst du Bands oder zumindest Genres aufzählen, die für dich oder für euch besonders wichtig sind?

Also wir haben beide schon einen ziemlich klaren Punk-Background. Gerade bei mir ist diese DIY-Ethik immer wichtig gewesen und ich gebe ungern Dinge aus der Hand. Ich persönlich stehe sehr auf gewisse Black-Metal-Geschichten und ohnehin war Metal in früher Jugend sehr wichtig. Noch vor Punk. Ich weiß, dass Erinc insbesondere großer Melvins-Fan ist. Ich mag sie aber auch sehr. Wichtig ist der Groove. Das ist Erincs Baustelle, er macht, dass die Songs rollen. Ich bin Fan von apokalyptischen Sounds. Ich mag das Dunkle.

Im Promotext wird von einer Mischung aus Melvins, Darkthrone und Motörhead gesprochen. Ist das eure eigene Aussage oder die des Labels? Wenn letzteres, findet ihr euch selber darin wieder?

Das hat mal jemand ganz anderes gesagt. Ich persönlich aber finde, dass da durchaus was dran ist. Aber Namen sind Schall und Rauch. Ganz egal. Ich finde Querverweise eh immer schwer. Wofür ist das gut? Damit Leute für sich eine brandneue Band legitimieren können, um sie dann ggf. gut zu finden? Ich bin froh, dass bei der nächsten Platte sowas nicht mehr nötig sein wird.

Wenn ich ein Element in eurem Sound als besonders elementar bezeichnen müsste, würde ich den Groove herausstellen, der in den meisten Songs ziemlich unwiderstehlich ist – was man auch beim Hell Over Hammaburg im Publikum beobachten konnte. Siehst du das auch so? Was ist in deinen Augen noch besonders wichtig?

MantarDas ist absolut Nummer 1. Erinc ist ein unfassbar geiler Drummer, wie ich finde. Er macht nicht viel, aber das was er tut, macht er phänomenal. Und das ist Grooven. Er hat auch einfach Kraft. Er ist nicht einer von diesen Lappen. Wäre für mich sonst auch keine Option. Ich denke MANTAR funktioniert gerade durch die Mischung aus Groove und Apokalypse. Viele dunkle schwarzmetallische Sachen, die ich gut finde, haben eben keinen Rhythmus und die wunderbare Ästhetik bleibt somit vielen Leuten, die gerne den Kopf bewegen, für immer verschlossen. Wir versuchen es zu kombinieren.

Eine etwas kryptischere Frage. Ist eure Musik in gewisser Weise ein Ausfluss eurer Hamburger Herkunft? Es heißt ja, dass Hamburg sehr tolerant und weltoffen sei, eure Musik ist offen für viele verschiedene Einflüsse und dürfte auch ein breites Publikum vom Metaller über Hardcore’ler bis hin zum Hipster ansprechen. Oder empfindest du das als völlig aus der Luft gegriffenen Aspekt?

Wenn du das so siehst, ist das okay. Hat aber ganz gewiss nichts mit Hamburg zu tun. Die Hamburger Musikszene ist teilweise überschätzt. Außerdem sind wir beides stolze Bremer. Unsere musikalischen Wurzeln liegen dort. Hamburg hat mit Mantar nichts zu tun.

Die CD-Version von "Death By Burning" hat kein Booklet, man muss sich die Texte also heraushören, wenn man Interesse daran hat. Ist das Nicht-Abdrucken der Texte eine Art Statement? Sind die Texte an sich weniger wichtig, als die Musik selber?

Wir haben keine Message außer der Kraft der Musik. Natürlich gibt es Texte, aber ich möchte sie nicht teilen. Das ist meine eigene Sache. Natürlich haben selbige auch einen gewissen Sinn, aber ich will keine Message, keine Meinung, keine Moral verbreiten. Ich richte nicht. Ich be-richte lediglich.

Die Feststellung, dass eure Texte aber zu weiten Teilen eher negativer Natur sind, ist aber wohl richtig, oder?

Da magst du Recht haben. Es ist leicht, in dieser Welt perverse Themen für seine Texte zu finden. Andererseits handelt auch viel von der Kraft der Natur selbst. Das ist ein wichtiges Thema für mich.

Bezieht sich der Text von "Spit" auf die mittelalterliche Hexenverbrennung oder ist das metaphorisch zu sehen? Und bezieht der Albumtitel sich wiederum auf diesen Song?

Weder noch. "Spit" ist ein Song über das Tier im Menschen. Der Titel "Death By Burning" geht weit über das Thema des Flammentodes hinaus. Es kann viel bedeuten. Leidenschaft. In jeglicher Form.

Was ist eigentlich ein astraler Kannibale?

Der Song handelt von Astralreisen. Jedoch ohne Wiederkehr.

Eine Frage zu deinem Gesangsstil, der sehr intensiv und ein bisschen schwarzmetallisch ist. Warum sollte es gerade dieser Stil sein? Kannst du nicht anders (also z.B. brüllender) oder bist du einfach der Meinung, dass dieses heiser-krächzige am besten zum Sound passt?

Ich brülle einfach so laut ich kann. Kein Witz, so klingt das nun mal. Ich bin kein besonders guter Sänger. Da war keine Absicht hinter. Aber zum Sound der Musik passt eben diese Raserei. Diese Dringlichkeit in der Stimme.

Ihr arbeitet nach dem DIY-Prinzip. Das kann auch schon mal darin resultieren, dass ein selbstproduziertes Album scheiße klingt, was bei euch jedoch nicht der Fall ist. Woher hast du die Erfahrung, wie man ein Album ordentlich produziert?

Ich mache seit 20 Jahren jeden Tag Musik. Ich mache sowas nicht zum ersten Mal. Außerdem hatten wir einen guten Freund als Engineer dabei. Der weiß über die Technik extrem gut Bescheid. Ein guter Mann. Außerdem muss man eine klare Vision im Kopf haben. Das kostet nicht viel Geld, wenn man weiß was man will. Platten werden teuer, wenn man keine Ahnung hat.

Weil es ja bei euch nur Drums, Gitarre und Gesang gibt und das Schlagzeug ja "nur" das rhythmische Grundgerüst ist, könnte man  meinen, dass du als Gitarrist und Sänger, der sich wohl auch die Riffs ausdenkt, so etwas wie ein musikalischer Alleinherrscher bist. Oder andersrum, wieviel Einfluss auf die Songs hat denn euer Drummer Erinc?

Natürlich schreibe ich die Riffs, aber er macht oft aus den Riffs richtige Songs. Er arrangiert und versucht, in seinem Drumstil den Songs ebenfalls einen bestimmten Anstrich zu verliehen. Ich finde das klappt gut. Er hat die Fähigkeit, eine Grundstimmung sehr gut an den Drums umzusetzen. Alle Musik entsteht beim Jammen. Ich komme nie mit Riffs in den Proberaum.

MantarMANTAR ist türkisch und bezeichnet einen (Fliegen-)Pilz. Hat der Name einen tieferen Sinn außer dem, dass er sich cool anhört?

Nein. Ein kraftvoller Name. Das ist alles.

Euch gibt es ja noch nicht so lange, ihr habt aber schon einen gewissen Kultstatus inne. Hat euch das überrascht? Das soll nicht heißen, dass ihr lediglich ein Hype oder so wärt, aber das ging ja doch alles recht schnell.

Ich weiß nicht ob wir einen Kultstatus genießen?! Ich habe davon noch nichts gehört. Aber wenn es so sein sollte, freue ich mich. Ich glaube einfach, dass man der Band anhört, wie hart wir arbeiten. Wir proben mehr als andere Bands und reißen uns generell immer den Arsch auf. Dass die Musik den Leuten gefällt ist natürlich super. Ich glaube es liegt daran, dass wir nicht versuchen, eine bestimmte Szene zu bedienen, weil wir eben auch aus keiner kommen. Wir haben immer unser eigenes Ding gemacht. Ich glaube die Leute empfinden das als erfrischend.

Ein Grund dafür dürfte sicher auch sein, dass ihr bei Svart seid, einem Label, das derzeit ziemlich angesagt ist, oder?

Ein gutes Label. Ohne Frage. Allerdings würde dir das als Scheißband auch nicht viel nützen, haha. Aber du hast Recht, das Label ist schon ein gewisser Qualitätsgarant.

Gibt es schon weitere Planungen für Liveauftritte oder eine Tour? Seid ihr zeitlich in der Lage längere Touren zu fahren?

Wir werden viel spielen dieses Jahr. Auf jeden Fall zehn Länder dieses Jahr. Im Mai geht’s los nach Südeuropa. Gute Festivals im In- und Ausland. Roadburn, etc. Mehr zusammenhängende Tour dann hoffentlich in der zweiten Jahreshälfte. Wir wollen soviel spielen wir irgendwie geht.

Und gäbe es Wunschbands, mit denen ihr genre touren würdet?

Wir spielen eigentlich mit allen Bands, wo es auch nur annährend passt.

Andreas Schulz (Info)
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