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Interview mit BREIDABLIK (18.04.2020)
Manche Facetten im Auftreten von Künstlern sprechen für sich: Im Beileger zu seinem jüngsten Album "Omicron" findet sich ein Schnappschuss von Morten Birkeland Nielsens Hund, ein Photo von ihm selbst mag mir der Musiker auch auf Nachfrage jedoch kaum schicken, sodass wir uns darauf einigen, dass ich das Portrait aus dem Fratzenbuch verwende.
Im Interview erweist sich der Norweger hingegen als auskunftsfreudig, und zwar nicht nur im Hinblick auf sein Ambient-Synth-Projekt BREIDABLIK, sondern auch auf seine Jugend in der musikalisch hoch spannenden Hafenstadt Bergen. Als interessierter Zeitgenosse ohne schwermetallische Ambitionen erlebte Morten die ersten Schritte von Burzum und Mayhem aus nahezu nachbarschaftlicher Distanz. Seine Begeisterung für elektronische Musik vor allem der "Berliner Schule" spiegelt sich nicht zuletzt in seiner Wahrnehmung des Einflusses jener Elektronik-Pioniere auf die hypnotischen Klänge, der im Norwegischen Black Metal einen ebenso faszinierenden wie verstörenden Widerhall erzeugten.
Humorvoll zollt der Autodidakt den Wegbereitern Respekt, wenn er BREIDABLIKs Musik der "Bergen School Of Electronic Music" zuordnet, und lässt im Gespräch über elektronische Musik im weiteren Sinne kaum Berührungsängste erkennen, sondern skizzierte Verbindungen in zahlreiche Genres, die beim ersten Hören wohl kaum mit seiner Klangkunst assoziiert werden.
Hi Morten, schön, Dich zu treffen und mit Dir über BREIDABLIK reden zu können! Bevor wir uns diesem Projekt widmen, würde ich gerne etwas in die Vergangenheit reisen: Mein erster bewusster Kontakt mit Synthesizer-Musik muss entweder "Zoolook" oder "Oxygene" von Jean-Michel Jarre gewesen sein, jedenfalls kann ich mich noch gut an meine kindliche Vorstellung erinnern, dass es sich bei diesem Typen um einen Klangmagier handeln musste, der ganz andere Welten mit seinen Klängen erschuf als die herkömmlichen Rock-Bands, die mein Vater für gewöhnlich hörte. Einige Jahre später wurde ich aufmerksam auf die vom "Herr der Ringe" inspirierte Vertonung des Organisten Bo Hansson. Beide Musiker haben mit Sicherheit eine gewisse Offenheit meinerseits gegenüber phantastischer Musik im weitesten Sinne gefördert, die ich selbst als intoleranter Metal Head beibehielt. Wie erging es Dir – wie hast Du phantastische, Dich inspirierende elektronische Musik entdeckt, und wie kam es letztlich dazu, dass Du begonnen hast, selbst Musik zu komponieren?
Morten: Obwohl ich in den Achtzigern aufwuchs, also einem Jahrzehnt, in welchem Synthesizer wirklich überall auftauchten, muss ich zugeben, dass ich elektronischer Musik in jungen Jahren kaum Beachtung schenkte. Mein Ding war Heavy Metal, und Iron Maiden waren meine Helden. Als allerdings 1986 "Somewhere In Time" erschien, wurde mir irgendwie bewusster, dass das Keyboard eine belebende und wichtige Rolle auch in dieser Musik spielen konnte. Gleichzeitig begann meine Reise in die Welt progressive Musik, und bald darauf entdeckte ich, dass Synthesizer auch das zentrale Instrument sein können. Wenn ich mich recht entsinne, erwarb ich "Rubicon" und "Phaedra" von Tangerine Dream in den frühen Neunzigern auf einer Plattenbörse in Bergen, und zwar vor allem, weil mir die Cover gefielen. Anfangs hinterließ die Musik bei mir keinen tieferen Eindruck, doch natürlich änderte sich das mit dem Lauf der Zeit. Es ist verblüffend, wie etwas, das zunächst zu minimalistisch und sich selbst wiederholend erschien, sich mit jedem weiteren Hördurchgang als hoch detailliert und komplex entpuppte. Ich nehme an, dass ich einfach eine gewisse Zeit brauchte, um diese Form der Musik verstehen und wertschätzen zu können. Vor allem die deutsche Musik, ganz besonders jene aus Musik, hat meine eigene Musik stark beeinflusst. Zwar habe ich die meisten der frühen Alben von Jean-Michel Jarre, doch oft gespielt habe ich sie nicht. Aus Frankreich gefällt mir Zanov um einiges besser. Und natürlich bin ich ein großer Fan von Bo Hansson – seine Musik ist einfach großartig! Übrigens sollte jeder, dem die Musik von Bo Hansson gefällt, Elds Mark ein Ohr leihen (eldsmark.bandcamp.com) Dabei handelt es sich um wirklich guten, waldigen Prog vom BREIDABLIK-Gitarristen Håkon Oftung (Jordsjø, ex-Tusmørke).
Nun, wie fing ich an, selbst Musik zu komponieren? Obwohl ich als Teenager bereits Gitarre spielte, war ich auf dem Instrument nie sonderlich gut, und Musik auf der Gitarre zu komponieren, finde ich in der Tat sehr schwierig. Während meine Freunde zu jener Zeit als rund Fünfzehnjährige ihre Karrieren in Angriff nahmen, hatte ich nicht viel zu bieten und auch keine sonderlichen Ambitionen. Als in den 2000ern das Home Recording immer erschwinglicher wurde, entdeckte ich die Möglichkeiten, meine eigene Musik aufzunehmen. Als ich schließlich in den späten 2000ern meinen eigenen Synthesizer kaufte, eskalierte alles zusehends. Es war Liebe auf den ersten Blick und mir fiel damit das Komponieren viel einfacher als auf meinen Gitarren. Nun endlich konnte ich die Ideen, die mir zuflogen, in echte Musik umwandeln. Meine ersten Aufnahmen waren dennoch ziemliche schwache Versuche, Ambient-Soundscapes mit Lärm und zufälligen Sequenzen zu verbinden, und waren wohl ziemlich von den frühen Tangerine Dream und Klaus Schulze inspiriert. In dieser Zeit lernte ich viel und die Qualität der Musik nahm zu. In einem Online-Musikforum lernte ich Håkon Oftung kennen, schickte ihm meine Aufnahmen, und diese landeten schließlich auf dem Split-Tape "Songs From The Northern Wasteland", wobei der Titel eine Hommage an Michael Hoenig ist. Mein erstes Langspielalbum "Vinter" erschien im Januar 2017 und kam ziemlich gut an, was wiederum zu einem Deal mit Pancromatic Records führte, und auf diesem Label habe ich bislang drei LPs veröffentlicht: "Penumbra", "Nhoohr" und nun "Omicron". Ich bin dem Besitzer von Pancromatic Records, Tormod Opedal, wirklich sehr dankbar, denn seit 1983 sammle ich Schallplatten und meine eigene Musik in diesem Format veröffentlichen zu können ist ein Traum, von dem ich nie angenommen hätte, dass er eines Tages wahr wird.
Hinzu kommt, dass Tormod Opedal einen enorm starken Katalog mit Synth-Musik im weiteren Sinne sein Eigen nennt. Sein erstes Label namens Uniton Records gründete er bereits 1980, und die erste Veröffentlichung war Norwegian Fra Lippo Lippi "In Silence", die als blassere und depressivere Version von Joy Division beschrieben werden könnte, doch Uniton veröffentlichte auch klassische Berliner Schule mit Alben von Rolf Trostel, Mark Shreeve, Conrad Schnitzler. Nach Uniton, ging Opedal mit Cicada Records ins Rennen. Dort erschienen Erik Wøllo, Hans-Joachim Roedelius, Popul Vuh und viele andere. Das lief einige Jahre, bis er Tatra Records ins Leben rief, also das Label, das mit Apoptygma Berzerk, Holy Toy, Ym-Stammen von sich reden machte. Zudem hing er auch bei Moonfog Records mit drin, wo Isengard, Satyricon, Darkthrone usw. erschienen.
Du lebst in einer Stadt, die für mich die geheime Hauptstadt zeitgenössischer Rock- und Metal-Musik ist bzw. war, denn vor zehn Jahren war das zweifelsohne der Fall. Bist Du quasi in der Nachbarschaft von einigen der Musiker aufgewachsen, die ziemlich bekannt und erfolgreich wurden, oder warst Du – aus Sicht eines Metal Heads – eher so der einzelgängerische Nerd, der sich der Berliner Schule der elektronischen Musik widmete, nur um später mit einer Portion Humor die "Bergen School of Electronic Music" auszurufen?
Die mich prägenden Jahre verbrachte ich im Süden von Bergen, und dieser Stadtteil hat einige der bekanntesten unserer Musiker beherbergt. Edvard Grieg lebte hier, und ich glaube, dass Kygo und Alan Walker gerade die angesagtesten "Stars" hier sind. In meiner Nachbarschaft war jedoch Metal angesagt, und einige meiner Zeitgenossen sind wahrlich recht berühmt geworden. Ich kann Varg Vikernes ebenso nennen wie Demonaz von Amputation und Immortal, Jørn Inge von Old Funeral, Immortal und Hades (Almighty), sowie die lieben Leute von Helheim. Vikernes wuchs nur rein paar hundert Meter weiter auf. Er war einige Jahre älter als ich, doch immer sehr nett und respektvoll. Und geredet hat er viel! Ich kann nicht behaupten, dass ich seine politischen Ansichten teile, doch zweifelsohne respektiere ich ihn als Musiker. Ich schaute ihm ein paar Mal bei ihm zuhause zu, wie er Gitarre spielte, und von Anfang an war er sehr talentiert und konnte gut spielen. Seine Musik war für mich sehr wichtig. “Det Som Engang Var” dürfte der beste Black-Metal-Song aller Zeiten sein.
Obwohl ich mir damals mit meinen Freunden die Nächte um die Ohren schlug, habe ich mich nie für ein metallisches Aussehen oder eine Metal-Attitüde begeistern können. Es war hauptsächlich die Musik, die mich ansprach. Insofern war ich wohl ein vergleichsweise normaler Typ, als ich aufwuchs, wenn auch mit einem mehr als gewöhnlichen Interesse an Musik.
Ich bin übrigens überzeugt, dass die Berliner Schule elektronischer Musik einen ziemlich wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Norwegischen Black Metal genommen hat. Burzum packte mehrere Ambient-Stücke auf seine ersten Alben, die der frühen Berliner Schule ähnelten. Euronymous war ein großer Fan deutscher Synth-Musik: Mayhem verwendeten ein Intro von Conrad Schnitzler auf "Deathcrush" und Euronymous hörte "Cyborg" von Klaus Schulze in jener Nacht, in der er starb. Diese ganze Dungeon-Synth-Geschichte ist ein Kapitel, das direkt an jenes der deutschen Meister anschließt. Es gibt da eine Menge Parallelen in der Musik, sowohl in Hinsicht auf ihre ziemlich kühle Aura als auch auf die repetitive Struktur.
Den Hinweis auf die "Bergen School of Electronic Music" habe ich angebracht, um die Bedeutung der Berliner Szene für BREIDABLIK hervorzuheben, und von Berlin nach Bergen ist es gar nicht so weit, wenn zwei Buchstaben ausgetauscht werden.
Hast Du den Namen BREIDABLIK oder hat er Dich gefunden, und was war die Intention dahinter?
Ich wollte, dass der Name mein Erbe repräsentiert, und da war die Hinwendung zur Nordischen Mythologie ein naheliegender Schritt. "Breidablik" bezeichnete das Haus des Gottes Balder und wurde beschrieben als "der schönste Ort im Nordischen Universum, an dem nichts Unlauteres existiert". Ich verbringe viel Zeit damit, in den Wäldern und Bergen hier an der Norwegischen Westküste herumzuwandern, und die Wildnis und die unberührte Natur stellen die wichtigste Inspirationsquelle für meine Musik dar. Der Name BREIDABLIK reflektiert diese Inspiration. Durch andere Verwendungen wie z.B. als Name für ein isländisches Fußball-Team mag er hier in den Nordischen Ländern ein Klischee sein, doch ich schätze, in anderen Teilen dieser Welt könnte der Name ein wenig mystisch und exotisch klingen.
"For those of you into ambient electronic music : this is a lovely euphonious album. Not spectacular, rather music for daydreaming and watching the clouds... without doubts, well-composed." – Das war die englische Zusammenfassung meiner Rezension von "Nhoohr", die ich verfasst hatte, bevor ich nachher merkte, dass ich das Album öfter hörte als ursprünglich angenommen. Da war mehr in oder hinter der Musik, ein bestimmtes Gefühl oder irgendetwas, das mich dazu brachte, "Nhoohr" immer wieder zu hören, bis es schließlich eines meiner am Meisten gehörten Alben in 2019 war. Heute behaupte ich einmal mehr, dass es sich um ein wirklich gut komponiertes Album handelt, dessen Musik ganz natürlich dahinfließt, ohne jedoch irgendwie austauschbar zu klingen. Wie viel Zeit hat das Komponieren in Anspruch genommen, und inwiefern lässt Du Dich dabei von der Musik selbst leiten?
Danke für deine netten Worte! Während "Penumbra" mehr oder weniger improvisiert worden war, schwebte mir für "Nhoohr" eine klare Struktur vor. Der Titel und das Konzept für “Nhoohr” tauchten eines Tages in meinem Kopf auf, als ich mit meinem Hund einen Spaziergang am Strand unternahm und wir an ein schönes kleines Waldstück gelangten. "Nhoohr" ist ein imaginierter Ort, der unserer Welt ähnelt, doch von Menschen unberührt ist. Ein Ort, an dem die Natur selbst noch das Sagen hat und alles sauber und einladend ist. Die Lieder auf dem Album nehmen die Hörer mit auf eine Reise durch Nhoohr. Los geht es mit "Arrival", was den Hörer in diese Welt hineinführen soll, während die eigentliche Reise mit "At The Windswept Plains Of Nhoohr" beginnt und uns durch weite, kalte Landschaften unterhalb gewaltiger Gebirgszüge führt. "Clouddancing" führt uns dann über die Höhenzüge jener Berge. Auf der anderen Seite geht es danach bergab durch den "The Old Forest", bevor es in "Strange Lands" durch düstere Moorlandschaften geht. Ist dieses durchwandert, fällt der Blick in "Perihelion" schließlich auf die untergehende Sonne. Es gibt auf Bandcamp auch noch einen Bonus Track namens “Shadows”, der die Zukunft von "Nhoohr" in Frage stellt, nachdem die Menschen dieses Land erblickt haben und nun in es eindringen. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie lange ich für dieses Album gebraucht habe, doch ich schätze, dass ich alles innerhalb von sechs Monaten geschrieben und aufgenommen hatte.
Mein Favorit auf "Nhoohr" ist wohl "The Old Forest", das mit der Akustikgitarre und einigen Samples eine beinahe sakrale Atmosphäre entwickelt, was die Vorstellung eines Waldes als Kathedrale nahelegt, in der alle möglichen Kreaturen ihre Heimstatt haben … Was hat Dich dazu gebracht, dieses Stück zu schreiben, und inwiefern kann uns elektronische Musik paradoxer Weise in eine Welt jenseits des Elektronischen führen?
"The Old Forest" ist auch eines meiner Lieblingsstücke auf "Nhoohr". Die Gitarrenparts sind offensichtlich von Ulvers "Kveldssanger" inspiriert. Wie bereits erwähnt, fällt es mir schwer, Musik auf der Gitarre zu komponieren, doch bei "The Old Forest" handelt es sich um die Regel bestätigende Ausnahme. Während ich an diesem Album arbeitete, zogen wir von einer Wohnung in ein größeres Haus um, und fast alle meine Instrumente und Gerätschaften waren zwei Monate lang in einem Lager untergebracht. Ich hatte nur Zugang zu meiner Akustikgitarre, einer wunderschönen tschechischen Furch S22 Jumbo, und das zwang mich, mich auf jener Gitarre kreativ zu betätigen. Ursprünglich enthielt der Song noch einen dritten Gitarrenpart, doch ich war damit nie ganz glücklich und tauschte ihn gegen die Passage mit Ambient Synth aus, als ich den Song schließlich aufnehmen konnte.
Ich erkenne einen klaren Widerspruch zwischen meiner Vision von "Nhoohr" und dem Einsatz elektronischer Instrumente. Nichtsdestotrotz bin ich überzeugt, dass, solange die Musik beim Hörer bestimmte Wahrnehmungen und Gefühle weckt, mein Zeil erreicht ist. Ein Rezensent schrieb dazu: "BREIDABLIKs ‘traditionelle’ Herangehensweise im Bereich der Synth-Musik fügt sich nahtlos in die immer weiter wachsende Kunst ein, um die es sich bei Musik handelt. ’Nhoohr’ ist auf seine eigene Weise so schön wie manche Musik, die auf traditionellen Instrumenten gespielt wird."
Dein neues Album trägt den Titel "Omicron" und der Pressetext verrät, dass es die Kreisform behandelt. Das ließ mich als erstes an die vor-monotheistischen Vorstellungen von nicht linearen Lebenszyklen denken, und ich bin überzeugt, dass solche Konzepte einigen konstant gestressten Menschen in der hyper-schnellen Moderne helfen könnten, etwas besser zu entspannen, und das wiederum passt zu meiner Wahrnehmung Deiner Musik. Doch ich könnte mich gerade auch irren …
Ich denke, du liegst mit deiner Interpretation schon ganz richtig. Obwohl es einen ständigen Druck nach Weiterentwicklung und Fortschritt gibt, bewegen sich viele Dinge im Leben kreisförmig, man denke nur mal an die Planeten oder Jahreszeiten. Selbst unsere menschliche Existenz lässt sich kreisförmig beschreiben. Der Lebenskreis beginnt mit der Geburt einer jeden neuen Generation. Alles beginnt an einem Punkt immer wieder von Neuem.
"Omicron" enthält "nur" zwei Lieder, zumindest in der LP-Variante. Deine Herangehensweise an dieses Album war also wirklich eine andere als bei "Nhoohr", oder? Und mit Håkon Oftung hast Du einen Gastmusiker an Bord, der alledem mit Gitarre und Flöte ein noch "organischeres" Gefühl verleiht …
"Omicron" ist sogar ein einziges Lied, doch wegen des LP-Formats musste ich es in zwei Hälften teilen. Aus kommerzieller Sicht mag das eine schlechte Entscheidung sein, und dieses Album wirst du nicht in irgendwelchen Charts sehen, doch das kümmert mich auch wirklich nicht. Ich wollte mich selbst mit einer so langen Komposition herausfordern, und ich schätze, das ist mir gelungen. Auf BREIDABLIKs nächstem Album wird es wieder "kürzere" Nummern zu hören geben, die sich zwischen fünf und 22 Minuten bewegen.
Ich bin sehr glücklich, dass Håkon bei BREIDABLIK mitwirkt. Während ich ein kompletter Autodidakt bin und kaum meine eigenen Instrumente spielen kann, hat er eine förmliche Ausbildung genossen und ist ein unglaublich versierter Musiker. Ich liebe den Klang seines Gitarrenspiels, und der ist perfekt für diese Art von Musik.
Hast Du mitbekommen, dass das so genannte "Dungeon-Synth-Genre" mittlerweile eine ganz erstaunliche Größe angenommen hat, obwohl die Keyboard-Soundtracks in ziemlich engen Grenzen verwirklicht werden? Welche anderen Entwicklungen der letzten Jahre haben Dich faszinieren können – und vielleicht auch einen Einfluss auf BREIDABLIK ausgeübt?
Obwohl eines meiner frühen Stücke vor einigen Jahren auf einem Dungeon-Synth-Sampler auftauchte, kann ich nicht gerade behaupten, dass ich mich aktuell in diesem Genre auskenne. Natürlich bin ich mit den älteren Aufnahmen von Mortiis / Haavard sowie den Alben von Jim Kirkwood vertraut, und in meiner Sammlung befindet sich einiges an Dungeon Synth aus den Neunzigern. Wahrscheinlich sollte ich mein Wissen in dieser Hinsicht mal wieder auffrischen. Mit Hinblick auf neue Musik sollte ich anmerken, dass ich verantwortlich zeichne für eine Reihe von Compilation-Alben mit Musik aus dem norwegischen Synth-Underground. Wir haben bislang zwei Alben veröffentlicht, eines als Doppel-Album, und soeben einen Vertrag mit Vidar Hanssen vom renommierten Beatservice Label (Biosphere, Xploding Plastix und viele andere) abgeschlossen. Die Alben können hier kostenlos heruntergeladen werden: https://unts-untsplinksandplonks.bandcamp.com/
Zwar geht es mich nichts an, doch da ich neugierig bin, erlaubst Du mir vielleicht trotzdem, Dir eine Frage abseits der Musik zu stellen: Ich habe gesehen, dass Du psychologische Fachartikel geteilt und kommentiert hast, daher nehme ich an, dass Du für bestimmte Themen Aufmerksamkeit erzeugen möchtest. Handelt es sich dabei um ein berufliches Interesse, und falls ja, reflektierst Du in diesen Zusammenhängen auch den therapeutischen Wert von Musik?
Ich habe eine Professur in Arbeits- und Organisationspsychologie, und das Verfassen von Research Papers ist eine meiner Hauptbeschäftigungen. Ich bin in der Forschung und habe kaum Ahnung von klinischer Psychologie, daher weiß ich auch nichts über etwaige therapeutische Effekte. Ich trenne sehr strikt zwischen meinem Broterwerbjob, meinen Familienangelegenheiten und meinen Freizeitaktivitäten, daher vergesse ich einfach die Arbeit betreffende Dinge, wenn ich Musik mache. Natürlich weiß ich um ein oder zwei Details der Wahrnehmungspsychologie, und ich möchte nicht leugnen, dass ich ein paar Tricks aus jener Richtung nutze, wenn ich Musik komponiere.
Danke Dir, Morten, dass Du uns solche Einblicke in Deine Welt gewährst! Bevor wir uns verabschieden: Welche Umgebung würdest Du vorschlagen, falls Dich Leute fragen würden, an welchen Orten Deine Musik bevorzugt zur Entfaltung käme?
Ich schätze, dass meine Musik am besten dort wirkt, wo kein hörbarer oder sichtbarer Lärm von ihr ablenkt. Es mag zwar recht schwierig sein, das herauszuhören, doch in BREIDABLIKs Musik passiert eine ganze Menge, und daher braucht es auch ein gewisses Maß an Hingabe, um das vollständig hören und wertschätzen zu können. Du solltest BREIDABLIK oder andere von Menschen gemachte Musik NICHT hören, wenn du draußen in der Wildnis bist, sondern dich in solchen Fällen einfach auf deine Umgebung konzentrieren: Also auf den Wind in den Bäumen, die Wellen des Meeres, die Vögel, die ihre schönen Lieder singen, und so weiter. Das ist die tollste Musik, die es überhaupt gibt!
Danke dir für die Gelegenheit, diese interessanten Fragen zu beantworten!