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Interview mit TOUGANI (11.05.2024)
Das elfte Six Circle Fest im Jugendkulturcafe Troisdorf wurde von der mir bis dato unbekannten Band TOUGANI mit atmosphärischem Black Metal eröffnet, der mir gleich gut ins Ohr ging, sodass ich mir im Anschluss die Debüt-EP "Spirits" zu Gemüte führte. Selbige konnte mich zwar nicht so stark vom Hocker reißen wie der Auftritt, doch fraglos handelt es sich bei TOUGANI um einen hoffnungsvollen Newcomer im Natur-inspirierten Black Metal, noch dazu quasi aus meiner Nachbarschaft, und so nahm ich mir Zeit für einen Plausch mit dem für die Musik hauptverantwortlichen Viator.
Hallo Viator, schön, dass Du Dir Zeit für meine Fragen nimmst. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich beim Konzert in Troisdorf auf der Bühne neben Dir den in zig Projekten umtriebigen Gerileme entdeckte, und dass es eine Band aus Bergisch Gladbach gibt, die Natur-inspirierten Black Metal spielt, hatte ich zuvor auch nicht gewusst – wie zufrieden bist Du mit Eurem Auftritt im Jugendkulturcafe?
Ich bin größtenteils zufrieden. Man ist sich selbst doch letzten Endes der größte Kritiker - es läuft nie perfekt, aber wir werden von Gig zu Gig besser und genießen die Auftritte sehr. Ich finde es super, wie das Publikum die Musik genossen hat und teilweise auch abgegangen ist. Von der Stimmung des Publikums her würde ich sagen, war es auf jeden Fall der beste Gig bisher - die eigene Musik bei Liveauftritten mit Menschen zu teilen, die diese zu schätzen wissen und die dabei entstehende Energie wahrzunehmen, gehört zu den größten Freuden als Musiker. Außerdem haben wir zwei neue Songs gespielt - die kamen auch sehr gut an!
Für Konzerte hast Du eine Band am Start, doch bei TOUGANI scheint es sich bislang um ein Szene-typisches Soloprojekt zu handeln, mit dem Du weitgehend unabhängig von Anderen Dein Ding durchziehen kannst oder wenigstens die Richtung vorgibst?
TOUGANI ist als Soloprojekt entstanden und "Spirits" ist bis auf Bass und Schlagzeug und Teile vom Text durch mich komponiert. Das Album entsteht gerade eher gemeinschaftlicher. Ich komponiere dabei grobe Songs, die dann von Gerileme, leprosvs und Miez noch überarbeitet werden. Zwei dieser Songs konntest Du ja schon beim Sixth Circle zu hören bekommen. Grundsätzlich bin ich aber immer der Mastermind von TOUGANI geblieben und bestimme über die Thematik und musikalische Richtung des Projekts. Es war mir immer wichtig, mein Herzensprojekt nach meinen Vorstellungen zu realisieren.
Im Sommer 2022 hast Du das TOUGANI-Debüt "Spirits" in Eigenregie über Bandcamp veröffentlicht, und die Reaktionen im Underground waren bislang ziemlich ermutigend, wenn ich das richtig überblicke. Einerseits finde ich es immer wieder faszinierend, dass solche Alben derweil quasi in Heimarbeit entstehen, andererseits würde ich mich bei der nächsten Veröffentlichung wohl freuen, wenn die Double Bass Drum natürlicher klänge. Hörst Du Dir die Aufnahme noch ab und zu an, und was denkst Du mittlerweile darüber?
"Spirits" ist in erster Linie für mich entstanden. Ich habe zwar eine Kleinauflage an CDs bestellt, aber nicht mit der Absicht, großartig in der Szene mitzumischen. Da habe ich auch nicht viel Geld für Studioaufnahmen und dergleichen reingesteckt. Ein guter Freund hat mir Midi Spuren auf seinem E-Drum Kit aufgenommen und leprosvs hat einen Bass eingespielt, der meinen Soundvorstellungen entsprach - wobei wir dabei sehr spontan und intuitiv vorgegangen sind: Wir haben uns getroffen, die Songs gehört und den Bass "on the fly" komponiert und aufgenommen, um dem allgemein intuitiven Stil beim Songwriting zu entsprechen. Ein weiterer Freund hat es mir dann Pro-Bono gemixt und gemastert. Im Nachhinein wären vielleicht ein Session-Drummer und ein wenig Geld in einen Mix zu stecken besser gewesen, aber in Anbetracht der damaligen Ziele finde ich das schon in Ordnung. Hin und wieder höre ich in die EP rein und denke mir, dass da auf jeden Fall noch viel Luft nach oben ist, doch das motiviert mich umso mehr dazu, das Album vernünftig aufzunehmen und zu produzieren.
Deine Songs entfalten sich über eine Länge von sieben Minuten und mehr, und auf der Bühne ist Euch gelungen, einen beträchtlichen Teil der Hörerschaft "einzulullen", und das soll gar nicht despektierlich klingen, sondern TOUGANI strahlt etwas Menschenwelt-Abgewandtes und Träumerisches aus, das sich ja auch im Artwork Deines Albums oder dem Backprint des T-Shirts spiegelt. Wie wichtig sind Dir diese Aspekte und welche anderen Bands würdest Du als in dieser Hinsicht vorbildhaft bezeichnen?
Mich freut es tatsächlich sehr, diese Beschreibung von dir zu hören, denn genau das will ich erreichen! Gerade sehr verträumte Musik berührt mich am meisten. Ich kann mich sehr gut in verträumte, hypnotische Musik "hineinlegen", um zu entspannen, abzuschalten und mich in andere Sphären entführen zu lassen, in welchen ich die aufkommenden Gefühle von Romantik und Melancholie genießen kann. Es ist ein sehr zentraler Aspekt der Musik, die ich am meisten genieße und gerne selber mache. Meinen Einstieg in den atmosphärischen Black Metal hatte ich mit Saor und Elderwind; viel Inspiration habe ich dann von Arx Atrata bekommen, doch am Ende kam dann schon etwas sehr Eigenständiges heraus. Aktuell kommt viel Inspiration von Morwinyon.
Im Interview mit "Gift & Galle" hast Du TOUGANIs Musik als modernen atmosphärischen Black Metal bezeichnet. Nun klingt Deine Musik in meinen Ohren stilistisch und atmosphärisch nicht so riesig weit entfernt von dem, was einst z.B. Negura Bunget (r.i.p.) spielten, die ich vor rund 20 Jahren zum ersten Mal im Jugendkulturcafe erleben durfte. Was empfindest Du also als "modern"?
Die Anfänge des Atmospheric Black Metal kamen ja von Bands wie Burzum und später Summoning. Meines Erachtens hat TOUGANI mit diesen Bands nicht viel gemeinsam. Ich beziehe mich da dann eher auf jüngere Bands, wie eben erwähnt Arx Atrata oder Morwinyon. Negura Bunget kannte ich – bis heute – überhaupt nicht. Ich kann aber verstehen, was du meinst, nachdem ich kurz reingehört habe. Die werden aber auch definitiv öfter auf meinen Ohren landen! Ansonsten könnte ich spontan nicht bennen, wo genau die stilistischen Unterschiede zwischen modernem und älterem Atmospheric Black Metal liegen. Atmospheric Black Metal ist sehr facettenreich und in seinen verschiedenen Stilrichtungen definitorisch nicht so klar abgegrenzt, wie das bei manch anderem Genre der Fall ist. Meinem Empfinden nach zeichnet sich moderner Atmospheric Black Metal durch einen dichteren Sound aus, welcher besonders stark mit Reverb arbeitet und den Zuhörer umso stärker "einlullt", wie du es zuvor formuliert hast.
Als Sauerländer lebe ich seit einigen Jahren auf der Schäl Sick und laufe für gewöhnlich mindestens einmal in der Woche im Königsforst herum, hüpfe auch mal ab und zu am Rande von Bensberg zur Erdenburg, doch ich bin mit der Metal-Szene in Bergisch Gladbach nicht vertraut. Vor knapp 30 Jahren bastelte dort ein Underground-Freak einige Ausgaben des Viking-Force-Fanzines zusammen, und machte mich u.a. auf Bands wie Amon Amarth und Mithotyn aufmerksam. Was gibt es heute Wissenswertes über Bergisch Gladbachs Underground zu berichten und welche Orte in der näheren Umgebung inspirieren Deine Musik?
Die Metalszene in Bergisch Gladbach ist nicht wirklich existent und wird eher im privatem Rahmen gelebt; das Metallischste hier ist das Museum für Bergbau. Es gibt zwar das "Bergisch Metal", aber soweit ich weiß war's das an dieser Stelle auch schon. Gebürtig komme ich aus Köln und da sieht es ja anders aus. Für nahezu jedes Konzert fahre ich nach Köln oder hoch in den Pott. An Natur hat Bergisch Gladbach dann dafür das eine oder andere mehr zu bieten. Das Titelbild der EP habe ich an einem nebligen Novembertag im Königsforst geknippst. Alle Bilder, die im Digipak zu sehen sind, habe ich dabei bei Spaziergängen durch den Königsforst geschossen. Die Szenerien der Natur und die Fotos, die ich von diesen mache, stehen natürlich in einem starken Zusammenhang mit meiner Musik und sind ein entscheidender Nährboden für meine Inspirationen.
Die Inspiration von Dancing Stars kam bei einem einsamen, nächtlichen Spaziergang durch den Wald um das Naturhaus „Hardt“ mit dem Ziel, die Milchstraße zu fotografieren. Die Inspiration kommt mir dabei oft im Nachhinein beim Sichten der Bilder. Meist spaziere ich dafür durch den Königsforst oder im Wald um die "Grube Cox" herum.
Was steht als Nächstes mit TOUGANI an und hast Du auch mittel- oder sogar langfristige Ziele mit der Band?
Aktuell arbeiten wir an unserem ersten Album, welches im besten Fall im Herbst released wird - ich will an dieser Stelle aber noch nicht zu viel versprechen. Sobald die Scheibe fertig ist, wollen wir das Album live spielen. Eine kleinere Tour wäre cool, aber ich will meine Erwartungen noch nicht zu hoch stecken. Bis dahin wollen wir mit dem Set vom Sixth Circle noch den einen oder anderen Gig spielen.