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Ronnie James Dio - Eine persönliche Erinnerung

19.05.2010

 

Ronnie-James-Dio

Ronnie James Dio (10. Juli 1942 - 16. Mai 2010)

Ronnie James Dio war, nein, er ist (denn er ist nicht weg und das wird er niemals sein) einer der größten, besten und mit Sicherheit der charismatischste Sänger, den es in der Rockwelt jemals gegeben hat. Und wie bei so vielen Rockfans hat er auch mein Leben mit der Musik, mit dem Metal entscheidend beeinflusst.

 

Es war im Sommer 1981, als ich das erste Mal mit Musik, an der er beteiligt war, in Berührung kam. Kurz davor hatte ich durch einen Klassenkameraden erstmals Bekanntschaft mit härterer Musik in Form von Kiss, AC/DC und Van Halen gemacht. Und so kam es, dass ich äußerst interessiert war, als in unserem örtlichen Jugendzentrum, in das ich nach langer Diskussion mit meinen Eltern als damals Zwölfjähriger erstmals rein durfte, ein etwas älterer Jugendlicher einen Stapel LPs loswerden wollte. Der arme Kerl hatte wohl seine erste Freundin und die hörte nur Popmusik, da wollte er es sich nicht mir ihr verscherzen. Ich schlug also zu - den Preis weiß ich nicht mehr genau, aber es war auf jeden Fall ein Schnäppchen - und hatte auf einen Schlag meine noch kaum vorhandene Sammlung um ca. 10 LPs erweitert. Darunter waren dann so Scheiben wie irgendwas von Ian Gillan, Deep Purples "Made in Japan", mehrere von AC/DC - und eine mit einem von einer Faust umgriffenen Regenbogen auf dem Cover; einem schönen Klappcover, in dem Typen, die meine Eltern Hippies schimpften, mit fiesen Schlaghosen zu bewundern waren. Egal, ich fand´s auf Anhieb sehr chic, trotz der bunten Farben. Und dann die Musik: Die ersten Songs klangen schon mal ziemlich cool, aber dann kam dieses lange Stück: Was war denn bitte "Stargazer" für ein geiles, erhabenes Lied? Seit kurzem fuhr ich ja schon total auf Purples "Child In Time" ab, bei dem ich immer - zum Leid meiner Kumpels - lauthals mitkreischte, aber das hier war nochmal eine Ecke packender. Der Hammer - insgesamt, aber natürlich auch durch die Stimme von Ronnie James Dio. Hat sich das bis heute verändert? Gibt es viele größere Hardrocksongs als "Stargazer"? Nein, gibt es nicht.

Wie auch immer, Dios Stimme hatte mich seitdem gepackt und sollte mich nie wieder loslassen. Es folgte dann schon bald der Einkauf der "Long Live Rock'n'Roll" und irgendwann darauf kam dann ja auch die "Holy Diver" raus. Kaum eine Scheibe ist bei mir in all den Jahren seitdem so häufig gelaufen wie diese - was natürlich auch daran liegt, dass DIO trotz der verschiedensten Geschmäcker immer geht, weil eigentlich jeder ihn mag. Was lief an meiner Hochzeit? Klar, es lief "Holy Diver". Und es lief "Rainbow In The Dark".

Ich wurde älter und endlich durfte man auch auf Konzerte gehen. Eines von DIO war mein zweites überhaupt. Es war 1986 und die "Sacred Heart"-Tour führte nach Deutschland. Wenn man von uns auf dem Dorf aufs Konzert wollte, musste man auch früher schon eine ganze Ecke fahren. Und DIO spielten nur in Hannover, 300 km entfernt. Wir waren zu siebt und erst einer davon hatte seit kurzem einen Führerschein. Aber kein Auto. Also ab zur Autovermietung und einen Transporter reservieren. Der Typ hat uns den Vogel gezeigt, als Fahranfänger mit 'ner Horde Verrückter im Großraumbus zum Konzert... Also musste der Vater eines Kumpels her, etwas cooler als die anderen Eltern, der das Gefährt für uns auf seinen Namen anmietete. Es konnte also losgehen und die Vorfreude wuchs. Diese haben ein Kumpel und ich dann damit verkürzt, indem wir uns aus einem alten Bettlaken eine Dio-Flagge gebastelt haben, roter Schriftzug auf schwarzem Grund. Als wir dann am 02.05.1986 tatsächlich heil in der Eilenriedehalle angekommen waren, haben wir damit den kleinen Gott angefeuert, während er den Drachen besiegt hat. Er hat ihn getötet, mit seinem Laserschwert. Während Vinnie Appice mit leuchtenden Neonsticks getrommelt hat. Und später taucht der Meister nochmal als sprechende Lasererscheinung über unseren Köpfen auf. WAS FÜR EINE SHOW!!! Für immer werde ich daran denken, nur die wenigsten der vielen anderen Konzerte danach waren auch nur annähernd so denkwürdig. Die Flagge hing danach natürlich in meinem Kinderzimmer und später auch noch längere Zeit in meiner ersten eigenen Bude. Und es gibt sie noch, irgendwo auf dem Dachboden meiner Eltern.

Es war klar, dass es nach solchen Eindrücken noch diverse Besuche meinerseits beim kleinen Meister geben würden. Ich kann diese jetzt gar nicht genau beziffern, dafür müsste ich in den Annalen wühlen. Aber egal wann, auch in den nicht ganz so guten Zeiten, als es die etwas kleineren Hallen waren, es war immer magisch.

Und irgendwann hatte dann auch ich das Glück, ihn persönlich kennenlernen zu dürfen. Während der Tour 1993 durfte ich als popeliger, unwichtiger Schreiber eines Käseblattes in Hamburg ein Interview mit ihm führen. Und ja, auch zu uns war er einmalig und äußerst ungewöhnlich für so einen 'Star'. Ungewöhnlich freundlich, zuvorkommend, höflich, entspannt - nahbar. Ich war so fasziniert von diesem kleinen Mann, mein Kumpel musste die meisten Fragen stellen, während ich ihn die meiste Zeit wohl nur angestarrt habe. Auch in seiner Fannähe war er halt ein ganz, ganz Großer.

Ein letztes Mal durfte ich Ronnie dann mit HEAVEN & HELL sehen, letztes Jahr in Wacken. Wer da war wird es bestätigen: Sie waren die beste Band des Festivals, hatten den besten Sound, die größte Ausstrahlung - den besten Sänger. Und Ronnie, deine Stimme... Klang sie angeschlagen? Klang sie schwach? Nein, klang sie natürlich nicht. Sie klang unverwundbar. Wie es sich für einen Gott gehört. Nach diesem großartigen Konzert musste dann natürlich ein Shirt her. Nachdem ich mich brav am stark bevölkerten Merchandise-Stand in die Reihe gestellt hatte und irgendwann endlich dran war, meint doch glatt der Verkäufer zu mir "Feierabend, wir dürfen jetzt nichts mehr verkaufen". Selbst nach einem kurzen Wortgefecht war er nicht zu erweichen und ich kurz vorm Explodieren. Der Kerl kann das Konzert nicht gesehen haben, sonst hätte er mich verstanden. Am nächsten Tag dann schnell wieder hin und zum Glück gab es doch noch ein paar Shirts von Heaven & Hell - wenn auch nur noch in Größe M. Passt zwar eigentlich nicht, aber egal, besser als nichts, ich brauchte eine Erinnerung an diesen Gig. Dass es tatsächlich die letzte Gelegenheit für mich war, Ronnie live zu sehen, hab ich da natürlich trotzdem nicht geahnt. Glauben, dass es jetzt so ist, kann ich es immer noch nicht so richtig...

Ronnie, deine Musik wird auf ewig in meinen Hallen ertönen. So lange, bis ich dir irgendwann nachfolgen werde.

Lars Schuckar (Info)