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Mastodon - The Hunter - Massen-Review

28.09.2011

Mastodon - The Hunter CoverDie amerikanische Formation MASTODON gehört sicherlich zu den spannendsten modernen Rock- und Metal-Bands. Das zeigen nicht nur die Tatsache, dass die Erfolgskurve beständig nach oben zeigt, sondern auch die teilweise überschwänglichen Reaktionen, die das neue Album "The Hunter" mitunter auslösen. Nicht wenige (zumeist solche, die bei der Platte von ARCH/MATHEOS keine Dauereuphorie fühlen) sprechen schon vom Album des Jahres - ob "The Hunter" wirklich so gut ist, soll unser Massen-Review klären.

 

 

Review von: Andreas Schulz (Profil)

Nun also MASTODON, eine Band, der ich bisher erfolgreich aus dem Wege gegangen bin. Nicht, weil ich sie nicht mögen würde, sondern aus dem einfachen Grund, dass mich das, was ich bisher über die Amerikaner gelesen hatte, nicht zwingend dazu ermuntert hätte, mich mit ihnen zu beschäftigen. Nun aber entschieden wir uns hier für ein Massen-Review und so fand das neue Album der Band den Weg in meine Gehörgänge.

Der erste Eindruck von "The Hunter" bezieht sich auf den nahezu perfekten Sound des Albums. So muss eine moderne Produktion klingen: druckvoll, klar, offen und doch erdig. Keine Übersteurungen, keine übertriebene Lautstärke, ein Mix, der jedem Instrument und dem Gesang genau den Raum gib, der benötigt wird. Dafür verantwortlich ist mit Mike Elizondo ein Produzent, der sonst im HipHop-Bereich tätig ist. Der Blick über den Tellerrand hat sich mehr als bezahlt gemacht. Der zweite Eindruck widmet sich der Musik an sich. Rock und Metal in den Varianten alternativ und progressiv treffen bei MASTODON aufeinander. Eine Mischung, die wunderbar funktioniert, jedoch nicht zu den bevorzugten Spielarten des Verfassers gehört. Dementsprechend fällt es etwas schwerer, eine persönliche Bindung zur Musik der Band aufzubauen.

Das gelingt am einfachsten bei den Songs, die etwas düsterer gehalten sind, die in ihrer Atmosphäre tiefgehender sind und bei der das Gafühl über den spielerischen Fähigkeiten der Musiker steht. Das gilt anfangs besonders für den treibenden Opener "Black Tongue" mit seinem klagenden Gesang und der fast schon doomigen Härte, für das grandiose "Stargasm" mit seiner Psychedelik und seinem tollen Refrain und den etwas getrageneren, melancholischen und einfach schönen Titeltrack. Zwischendurch liegen die musikalischen Schwerpunkte dann eher in verspielter Progressivität, bevor das abschließende "The Sparrow" mit seiner schwebenden Atmosphäre nochmal voll und ganz überzeugen kann. Eine andere, ebenfalls ansprechende Facette ist die Eingängigkeit eines Songs wie "Curl Of The Burl".

Demgegenüber stehen jedoch auch vergleichsweise positive Momente, die weniger Anklang finden. Das luftig-leicht startende "Blasteroid" wirkt erst fast schon fröhlich, bevor die Screams den nötigen Kontrast liefern. Schlimm - und zwar so schlimm das der Song als Ausfall zu werten ist - wird es bei "Creature Lives", das mit elektronischen Sounds und Lachen startet, bevor der Songs selber sich erst zäh aufbaut und dann mit pathetisch-penetranten Gesangslinien ein echter Nerver wird. Ein weiterer, wesentlich kleinerer Kritikpunkt ist, dass MASTODON nicht als völlig unverkennbare Band auftreten. So wird die Tatsache, dass die Songs auf einer Tour mit ALICE IN CHAINS geschrieben wurden, in "Dry Bone Valley" hörbar, während die Gesangslinien in "Octopus Has No Friends" an DEVIN TOWNSEND erinnern. Doch auch darüberhinaus fällt es schwer, Merkmale zu erkennen, die urtypisch für MASTODON sind. Viel mehr macht die Kombination aus Abwechslungsreichtum und spielerischer Perfektion das Gesicht der Band aus.

FAZIT: Objektiv ein sehr starkes Album, subjektiv gefallen MASTODON auf "The Hunter" mit vielen, aber nicht allen Elementen ihres Sounds. Im Ergebnis führt das nicht dazu, dass ich mich in Zukunft ausführlicher mit dem Schaffen der Band auseinander setzen werde, denn dafür berührt mich das Gesamtpaket nicht stark genug.

11 von 15 Punkten


Review von: Chris P. (Profil)

Etwas schizophren ist die Wahrnehmung Eures Lieblings-Chris, was das fünfte MASTODON-Album betrifft, denn einerseits ist "The Hunter" das wohl eingängigste und songlastigste Album der Bandgeschichte, wobei die Songs an sich verdammt gut durchdacht und einprägsam sind, andererseits fehlen jedoch die Sperrigkeit und das kontrollierte Chaos der Longplayer bis "Blood Mountain", und beides waren Attribute, die MASTODON erst zu sich selbst werden ließen.

Keine Frage, Stücke wie das fantastische "Stargasm" oder den gewichtigen Opener "Black Tongue" muss erst mal jemand genau so oder besser fertig bringen, dem gegenüber stehen allerdings kreative Totalausfälle wie zum Beispiel das selbstverliebte, platte "Curl Of The Burl". Dass der Vierer aus Georgia, Atlanta seine komplexe Veranlagung noch immer überzeugend ausleben könnte, deuten unter anderem das verspielte und hochatmosphärische "Octopus Has No Friends" oder das darauf folgende "All The Heavy Lifting" an. Die Band hat sich jedoch an vielen Stellen des Dreizehntrackers, auf welchem Basser Troy Sanders so viele Vocals wie noch nie abliefert und welches von Mike Elizondo, der eher im Hip Hop-Bereich aktiv ist und für 50 CENT und EMINEM die Knöpfe gedreht hat, produziert wurde, zu sehr selbstreduziert – diese kompositorische Entschlackung steht den Jungs bei weitem nicht so, wie sie selbst es gerne behaupten, und oftmals plätschern die Stücke ein wenig verloren vor sich hin – selbst das eigentlich proggige, vielschichtige "Thickening" macht einem den Genuss des Anspruchsvollen nicht gerade einfach, da die Ingredienzien der Nummer zu profan erscheinen, wodurch fast der Eindruck entsteht, MASTODON hätten sich gesagt: "Hey, das muss jetzt aber unbedingt soundso sein. Lass uns das mal progressiver machen, kommt schon!".

FAZIT: Zwar mag "The Hunter" wieder eine Steigerung zum mir persönlich zu THC-lastigen Vorgänger "Crack The Skye" sein, aber ob der Weg zum "Thinking man‘s metal for the masses" der richtige ist, darf stark bezweifelt werden.

8 von 11 Punkten


Review von: Hendrik Lukas (Profil)

Es gibt in den Vitae von Bands und Musikern zuweilen interessante Parallelen. Zum Beispiel führt die Reise oftmals von stilistisch noch nicht völlig ausformulierten, aber in ihrer spontanen Rohheit überaus energischen Debüts über mehrere Phasen der musikalischen Selbstfindung zu einer schließlich klar definierten, kreativen Handschrift. Dabei werden manchmal radikale Brüche vollzogen, andere favorisieren kontinuierliche Weiterentwicklungen und Detailmodifikationen. Und einige Musiker machen irgendwann, wenn sie das Pulver ihrer Inspiration verschossen haben, ein Werkschau-Album. Sie behaupten dann gern, die stärkste, weil sämtliche Zutaten beinhaltende Platte ihrer Karriere abgeliefert zu haben. Das stimmt selten, meistens bekommt man es mit zweitklassigen Aufgüssen ehemals erstklassiger Ideen zu tun.

In Teilen kann man MASTODON in dieser Gruppe wiederfinden. Die erste EP war eine brutale Maulschelle, auf folgenden Veröffentlichungen wurde dann immer mehr Wert auf Melodien, clevere Arrangements und die generelle Erweiterung des Bandspektrums gelegt, besonders Richtung 70er Jahre. Gelungen ist das bisher durchweg, welche Phase man bevorzugt, bleibt Geschmackssache. Mir persönlich etwa gefällt "Crack The Skye" überhaupt nicht – zu wenig Druck, teilweise ziellos wirkender, für meine Ohren wenig nachhaltiger Normalo-Progrock und insgesamt eine allzu polierte Anmutung verwässerten zu sehr das, wofür ich die Band liebe. Deswegen ist das Album nicht schlecht, für sich genommen sogar ziemlich stark; eben Geschmackssache.

Was ist nun von "The Hunter" zu halten? Es gibt Tendenzen zum bereits angesprochenen Werkschau-Album, doch sind MASTODON als Songwriter zu gut, um die Scheibe uninspiriert veröden zu lassen. Zunächst haben die Jungs aus Atlanta ihre Kompositionen wieder gestrafft, mit Ausnahme zweier Songs bleiben alle unter der 5-Minuten-Marke, und das zum Teil sehr deutlich. Der Angeberfaktor wurde ebenso ein wenig nachjustiert, so dass besonders Brann Dailor wieder mehr Gelegeheit hat, in seiner charakteristischen Art und Weise über alle Pötte zu donnern. Die Straffheit erinnert an "Remission", wenngleich weder dessen Brutalität noch der Spieltechnikshowdown vollends rekapituliert werden. Dazu hat man sich in den Jahren seit "Blood Mountain" im Spannungsfeld "aufwändiger, aber überschaubarer Rocksong" zu wohl gefühlt. Stimmlich wird die Truppe immer besser, so dass man sich nach wie vor im gesungenen Umfeld bewegt, laut wird man nur zur gelegentlichen Unterstreichung. Soviel zu den objektivierbaren Dingen.

Aber wie wirkt sich das Ganze auf die Gefühlswelt aus? Gleich im ersten Durchgang ist man versucht, ein lautes "Hurra" in die Welt hinaus zu schmettern, denn die Platte beginnt mit zwei echten Paukenschlägen namens "Black Tongue" und "Curl Of The Burl". Wie beschrieben sind die Songs kompakt, gehen aufgrund der tollen Gesangsmelodien, Riffs und Harmonien sofort ins Ohr und bieten trotzdem umzählige Momente zu Aufhorchen für die Muckerpolizei. Durch die kürzeren Stücke und in Verbindung mit dem Cleangesang klingen MASTODON 2011 noch mehr nach dem Jahrzehnt der großen Rockbands und haben dem auch mit dem wunderschönen Sound Rechnung getragen, der warm und voll tönt, ohne jedoch, wie auf dem Vorgänger, alles platt zu produzieren, was Lärm macht. Und es gibt sogar noch diverse weitere, auf Anhieb offensiv brillante Lieder wie das famose Eröffnungs-Doppel. "Octopus Has No Friends" etwa rührt beinahe zu Tränen, während "Bedazzled Fingernails" aufgrund seiner fast außerweltlich-entrückten Melodik gar zu den Sternstunden und besten Songs der Band zählt. MASTODON sind natürlich schon konzeptionell über Singlehits erhaben, so lädt ganze Platte zum Schwelgen, Mitsingen oder Sezieren unter dem Kopfhörer ein, je nach Hörgewohnheiten.

Im Unterschied zu vielen anderen Bands lösen MASTODON das Versprechen ein, durch Bündelung ihrer stilistischen Merkmale auch wirklich ihre Stärken zu bündeln. Ob sich nun nach weiteren Durchläufen noch weitere Hits ergeben, bleibt abzuwarten – ebenso wie die qualitative Einordnung von "The Hunter" ins das Gesamtwerk. Eine Scheibe dieser Band lässt sich einfach unmöglich fünf Tage nach Erscheinen (und nach nur zwanzigfachem Hören) abschließend bewerten.

FAZIT: MASTODON machen zum ersten Mal in ihrer Karriere nichts für sie Neues, rekombinieren aber ihre Stilmittel souverän bis genial. Vermutlich werden das ebenso viele Leute gut wie schlecht finden, ich bin vorläufig mit den Jungs versöhnt.

12 von 15 Punkten


Review von:  Lutz Koroleski (Oger) (Profil)

"Blood Mountain" war 2006 mein Erstkontakt mit dem Vierer aus Georgia und hat mich damals mit seiner völlig eigenständigen Mischung aus Aggression, Progressivität und Melodiösität völlig umgehauen. Auf dem Nachfolger "Crack The Skye" ging die Band dann deutlich ruhiger und atmosphärischer zu Werke und stellte ausufernde Kompositionen wie "Last Baron" und "The Czar" in den Mittelpunkt. Der konstruktive Wahnsinn trat etwas in den Hintergrund, aber damit auch ein Stück meiner Faszination für den Bandsound.

Mit dem aktuellen Werk schlägt man nun eine Brücke zwischen sämtlichen Entwicklungsstadien der Band. So scheint die brachiale Frühphase ("Blasteroid") eben so durch wie Aberwitziges im Stile von "Blood Mountain" ("Bedazzled Fingernails") und atmosphärische 70er-Zitate à la "Crack The Skye" ("The Sparrow"). Dabei wurden die Songs wieder deutlich kompakter gestaltet, die sich zwischen zweieinhalb und fünfeinhalb Minuten Spielzeit bewegen. Sämtliche Beiträge glänzen mit Maston-typischen Gesangsmelodien, originellen Riffs und vertrackten Rhythmen, bei denen insbesondere Brann Dailor Beeindruckendes leistet und dabei wie nebenbei noch einem Höllen-Groove entfacht.

Die Highlights auf "The Hunter" sind der eingängige Opener "Black Tongue", das spacige "Stargasm", das mit einem mächtigen Refrain punktende "All The Heavy Lifting", der getragenen Titelsong, das groovige "Dry Bone Valley" und das schon erwähnte Frickel-Fest "Bedazzled Fingernails", welches gleichzeitig auch das höchste Ohrwurm-Potential aufweist. Die übrigen Songs sind nun beileibe kein Ausfälle, bleiben aber auch nach einigen Durchläufen immer noch nicht so recht haften oder sind ein wenig zu sehr auf eingängig getrimmt wie das Beatles-artige "Creature Lives". Sound und vor allem das Coverartwork sind dagegen mal wieder vom Feinsten.

FAZIT: MASTODON bleiben eine der originellsten Bands der Szene und zeigen auf "The Hunter" sämtliche Facetten ihres Könnens. Zwar zünden nicht alle Songs in gleicher Weise, aber die Hitdichte ist schon sehr beachtlich. Mit persönlich kommt der mitreißende Irrsinn wieder etwas zu kurz, aber allen kann man es eben nie recht machen. 

10 von 15 Punkten

Durchschnittspunktzahl: 10,25 von 15 Punkten

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Andreas Schulz (Info)