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Circle II Circle: Eine dieser Nächte...
... die viel zu schnell zu Ende geht. Es ist an dieser Stelle angebracht, die Onkelz zu zitieren, einfach weil es so gut passt. Und warum? Weil CIRCLE II CIRCLE am Donnerstag, den 09. August, unter beinahe schon kuriosen Umständen ein einzigartiges Konzert in Wuppertal gespielt haben. Doch zunächst ein Blick zurück.
Es ist 1997 und ich habe meinen Zivildienst in einer diakonischen Einrichtung bei Wuppertal angefangen. Dort lerne ich Sascha kennen, Psychologiestudent und Mitarbeiter in Haus Birke, wo ich auch tätig bin. Und es stellt sich heraus, dass wir die gleichen musikalischen Vorlieben teilen, wobei ich seine Lieblingsband bis dato noch gar nicht so richtig kenne: SAVATAGE. In seinen Augen natürlich ein großer Fehler. Da mir aber "Turns To Me", der Track auf dem damaligen Rock Hard Dynamit Sampler, gut gefällt, leihe ich mir von Sascha das zugehörige Album "The Wake Of Magellan" aus - und da ist es um mich geschehen. Es dauert nicht lange und ich habe mich durch den Backkatalog gehört und bezeichne mich fortan als Fan der Band. Und jeder weiß wohl, dass das Einstiegsalbum in gewisser Weise immer eine herausragende Stellung hat, eben weil man mit diesem Album etwas Neues für sich entdeckt hat.
Zeitsprung: 15 Jahre später sind Sascha und ich immer noch gut befreundet und haben immer noch einen recht ähnlichen Musikgeschmack. Weshalb wir natürlich auch immer mal wieder zusammen auf Konzerte gehen. Zum Beispiel zur tollen Show, die JON OLIVA'S PAIN im Turock in Essen gespielt haben (Bericht), bei der die Band den SAVATAGE-Klassiker "Hall Of The Mountain King" in voller Länge aufgeführt hat. Einen knappen Monat später sitze ich im Auto auf der Fahrt zum Wacken Open Air, als mein Handy klingelt. Sascha ist dran und berichtet, dass CIRCLE II CIRCLE auf ihrer laufenden Tour auch in Wuppertal Station machen. Die Tour nennt sich "Tour Of Magellan" und zum 15-jährigen Jubiläum wird das "The Wake Of Magellan"-Album, zu dem ich ja eine besondere Beziehung habe, in voller Länge gespielt wird. Klar, dass ich da ohne Nachzudenken zusage.
Wieder gut eine Woche später steckt einem Wacken nicht mehr in den Knochen und wir treffen uns zur Fahrt von Düsseldorf nach Wuppertal. Nach Wuppertal-Cronenberg genauer gesagt, denn dort befindet sich das Mad Dog. Das ist jedoch kein Club, sondern ein American Diner Restaurant, also eine nette Steak- und Burgerschmiede. Der Blick auf die Homepage des Ladens lässt erste Überlegungen aufkommen: wo sollen CIRCLE II CIRCLE denn da bitte spielen? Dort angekommen ist das Rätsel gelöst: es gibt ein Untergeschoss, in dem sich eine kleine Bühne befindet. Die ist mit ihren nicht ganz 4 x 4 Metern in etwa genauso groß, wie der Zuschauerbereich davor, seitlich finden aber auch noch einige Leute Platz, letztlich sind es aber höchstens 80 Zuschauer, die da rein passen. Wird wohl eine kuschelige Angelegenheit und angesichts der mickrigen P.A. erwartet man einen Sound auf besserem Proberaumniveau. Bevor es los geht, wird aber noch kurz das Speisenangebot des Mad Dog getestet und für gut befunden, das Bier schmeckt auch.
Zwei Vorbands sind an diesem Abend dabei, die erste ist die MIKE STONE BAND, ein Trio, dass sich bluesigem Hardrock widmet und somit prima zur Location passt, wenn auch nicht unbedingt zu den anderen beiden Bands. Sei's drum, es gibt Höflichkeitsapplaus und schlechter als die Vorband von JON OLIVA'S PAIN, nämlich MAX PIE, kann eh gar keine Vorband sein - wobei das nicht heißen soll, dass die MIKE STONE BAND schlecht wäre, nur eben auch nicht mein Ding. Als nächstes sind SEBASTIEN aus Tschechien an der Reihe, die CIRCLE II CIRCLE auf dieser kleinen Tour begleiten. Hab ich auch noch nie von gehört, aber der Melodic Metal des Quartetts geht soweit ganz in Ordnung und wird vom größer werdenden Publikum mit viel Beifall bedacht. Als SEBASTIEN fertig sind, wird hektisch von Zak Stevens und seine Mitstreitern umgebaut.
Und dann geht es endlich los, die eröffnenden Klänge von "The Ocean" ertönen und der kleine Zuschauerraum ist prall gefüllt. Es ist schon ein seltsam intimes Gefühl, einen Sänger wie Zak Stevens einen halben Meter vor sich auf der Bühne zu sehen - immerhin hat er mal bei SAVATAGE gesungen. Bei SAVATAGE, der legendären Band der Oliva-Brüder. Und nun steht er hier vor einem, in einem Burgerladen in Wuppertal-Cronenberg, nachdem er mit CIRCLE II CIRLCE vor wenigen Tagen noch auf der Wacken-Bühne stand. Dort hatte die Band nicht die Zeit, "The Wake Of Magellan" komplett zu spielen und der Auftritt ein paar Tage später im Ballroom in Hamburg war nur eine Akustikshow. So sind wir tatsächlich diejenigen, die als allererste in den Genuss kommen, die komplette Show zu sehen. Im Keller eines kleinen Restaurants in... ja, ich wiederhole mich, aber es ist halt schon so herrlich skurril. Nach "Turns To Me" muss Zak erstmal unterbrechen, da ein beständiges Feedbackpiepsen zu hören ist und allen den Nerv zu rauben droht. Und selbst als alle Mikrofone heruntergefahren sind, piepst es immer noch. Nachdem Zak dann meinte, dass er eh keine Monitore bräuchte war das kleine Problem dann auch erledigt und es konnte weitergehen. Beachtlich übrigens, dass Zak trotzdem jeden, aber auch wirklich jeden Ton exakt getroffen hat. Er ist halt ein Meister seines Fachs, der zurecht damals bei SAVATAGE an den Posten am Mikrofon geholt wurde.
Im Gegensatz zu JON OLIVA'S PAIN spielen CIRCLE II CIRCLE das ausgewählte Album auch in der exakten Reihenfolge, was bei einem Konzeptalbum ja eh schon beinahe zwingend ist. Und auch die Befürchtung, dass der Sound in dieser Location zu schlecht sein würde, um die musikalischen Feinheiten und Details auch hörbar zu machen, erweist sich als falsch. Klar, ein Spitzensound geht auch anders, aber es passt und Keyboards, Gitarren, Gesang, Bass und Schlagzeug sind ausgewogen und übertönen sich nicht. Die Parts, die auf dem Album von Jon Oliva gesungen werden (zum Beispiel in "Paragons Of Innocence"), singt heute Abend der deutsche Keyboarder Henning Wanner, der sonst in den Diensten von WHITE LION und JADED HEART singt. Er hat eine ausreichend raue Stimme für die entsprechenden Parts und kommt darüberhinaus aus der Gegend und hat dafür gesorgt, dass es diesen speziellen Konzertabend geben würde. Der Dramaturgie des Albums entsprechend wird auch der Auftritt immer intensiver und ab "Underture" folgen mit dem Titeltrack, "Anymore", "The Storm" und "The Hourglass" nur noch Gänsehautmomente. Und auch wenn ich mit dem Album besondere Erinnerungen verbinde, so fragt man sich trotzdem, wie ein Michael Rensen im Rock Hard-Seziertisch das Album allen ernstes als "mäßig überzeugend" abstrafen kann. Zumindest jeder, der heute hier Anwesenden ist da wohl ganz anderer Meinung.
Auf der Setlist stehen noch drei weitere Songs, dabei soll es aber nicht bleiben. Zunächst folgen "Revelations" und natürlich "Watching In Silence" von CIRCLE II CIRCLE selbst, bevor "Edge Of Thorns" stürmisch bejubelt und lauthalts mitgesungen wird. Danach ist Schluss - theoretisch, denn die Zuschauer fordern so vehement eine Zugabe, dass die Band nochmal auf die Bühne kommt und einen weiteren SAVATAGE-Klassiker performt: "Gutter Ballet". Und mit dem Wissen, dass es das danach wohl wirklich gewesen ist, wünscht man sich, dass die Band einfach weitermacht und einen Klassiker nach dem nächsten spielt. Was sie nicht tut, sondern nach dem Auftritt nochmal aus dem Backstagebereich (dem Hinterhof des Mad Dog) kommt und sich mit den verbliebenen Fans unterhält, fleißig Autogramme schreibt und für Fotos posiert. Was wir natürlich auch ausnutzen, mit einem ebenso glücklichen Grinsen im Gesicht wie jeder, der diesen denkwürdigen Abend miterlebt hat, der fast genauso denkwürdig war, wie das JON OLIVA'S PAIN Konzert wenige Wochen zuvor.