Zwei Gitarren, sonst nichts. Um aus derart beschränkten Mitteln eine weltweit erfolgreiche Karriere als Studio- und Live-Musiker zu basteln, muss man schon etwas drauf haben. Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero, beide 49 Jahre alt und berühmt als Crossover-Duo RODRIGO Y GABRIELA, haben an ihren Instrumenten eine Menge drauf - und einen wilden, mutigen Stilmix noch dazu. Mit ihrer bislang letzten Platte "Mettavolution" (2019) holten die in Irland lebenden mexikanischen Gitarrenvirtuosen einen Grammy für das "Best Contemporary Instrumental Album". Mit dem neuen könnten sie ähnlich erfolgreich sein, erweitert es doch ihren typischen, groovigen Flamenco-Rock um eine orchestrale Facette.

"Wir wollten mal etwas Anderes machen, wollten eine cinematische Qualität und viel Action in die Musik tragen, sie so aufregend wie möglich machen", sagt Gabriela Quintero, die im Juni ihren 50. Geburtstag feiert, zum Ausgangspunkt von "In Between Thoughts…A New World". Über neun eher kurze Tracks lässt das Duo seine Gitarren wie gewohnt mal (hard)rockig rau, mal balladig weich und ganz oft temperamentvoll im Flamenco- oder Latin-Stil erglühen. Zudem arbeiteten RODRIGO Y GABRIELA mit dem Wiener Komponisten Adam Ilyas Kuruc und dem Bulgarian Symphony Orchestra zusammen, um mit Hilfe von Streichern und Percussion neue Klangfarben zu erzielen. Auch chorale Vocals (etwa in "Egoland" oder "Broken Rage") sind gelegentlich zu hören - wirklich nötig wären sie mit ihrer "Dschingis Khan"-Anmutung nicht gewesen. 

Die in Ixtapa/Mexiko eingespielte Platte markiert insofern einen moderaten Abschied von der akustischen Ausrichtung, die das Künstlerpaar seit dem Live-Debüt von 2004 und dem selbstbetitelten Studiowerk von 2006 eingeschlagen hatte. In der Folge wurden RODRIGO Y GABRIELA, die aus der mexikanischen Thrash-Metal-Band Tierra Acida hervorgegangen waren, als "Weltmusik"-Erneuerer ebenso gepriesen wie als lateinamerikanische Abkömmlinge von Led Zeppelin (deren "Stairway To Heaven" sie brillant coverten). 

Gabriela als atemberaubend wuchtig schrammelnde Rhythmusgitarristin und Rodrigo mit feinen melodischen Akzenten als Leadgitarrist - so funktionierte seither die auch im Konzert spektakuläre Aufteilung. Ein Gipfelpunkt dieser sensationellen Karriere war vor vier Jahren die 20-minütige Version von Pink Floyds legendärem Psychedelic-Rock-Epos "Echoes" - auch live eine tief bewegende, fabelhaft einfühlsame Sound-Exkursion. 

In diese kreativen Höhen schwingen sich RODRIGO Y GABRIELA mit "In Between Thoughts…A New World" nun nicht mehr ganz auf, manches bleibt in seiner Kompaktheit etwas blass und skizzenhaft (längere Spannungsbögen tun den Kompositionen dieses Instrumental-Duos einfach gut), manches hat man von den beiden auch schon so ähnlich gehört. Aber es ist gleichwohl erstaunlich, wie spannend und mitreißend diese selbstbewussten Mexikaner ihre Musik auch nach zwei Jahrzehnten immer noch klingen lassen - selbst wenn sie an das Album-Highlight "Mettavolution" vielleicht nicht mehr herankommen werden.

FAZIT: Die Erfolgsgeschichte von RODRIGO Y GABRIELA geht weiter, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau des Grammy-verzierten Vorgängeralbums mit dem irrwitzigen "Echoes"-Cover. "In Between Thoughts…A New World" ist ein kompaktes 33-Minuten-Alben, dem ein paar ausufernde Kompositionen nicht geschadet hätten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass dieses schon lange in Irland beheimatete mexikanische Virtuosen-Duo mit zwei Gitarren und einem eklektizistischen Genre-Mix (von Hardrock über Flamenco und Latin bis Folk und Jazz) zum Originellsten gehört, was die sogenannte "Weltmusik" im populären Fach zu bieten hat.