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Nils Wülker & Arne Jansen: Closer (Review)
Artist: | Nils Wülker & Arne Jansen |
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Album: | Closer |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Jazz, Art Pop, Kraut |
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Label: | Warner Music | |
Spieldauer: | 44:48 | |
Erschienen: | 03.02.2023 | |
Website: | [Link] |
Grade erst hat der deutsche Jazz-Trompeter NILS WÜLKER im ganz großen Stil mit riesigem Orchester grandios und beinahe unbeschreiblich mit „Continuum“ die Klassik-Jazz-Szene aufgemischt, schon geht er gemeinsam mit einem befreundeten Gitarristen auf seinem neuen Album einen völlig entgegengesetzten, absolut minimalen Weg, der nichtsdestotrotz ebenso große Spuren wie die orchestrale Klanggewalt hinterlassen kann.
Gemeinsam mit seinem guten Freund und Musiker, dem Gitarristen und 'Effekthascher' ARNE JANSEN spielen die beiden im völligen Alleingang ihr „Closer“-Album ein, welches trotz seines Jazz-Minimalismus dem vorangegangenen Orchester-Werk in nichts nachsteht.
Natürlich kommen einem bei den ersten Rhythmen des Album-Openers, dem Song „Hurt“ der NINE INCH NAILS, besonders die tiefdunkle bewegende, durch JOHNNY CASH im hohen Alter vorgetragene Version des Stücks in den Sinn. Diese Stimmung hält auch die Wülkner-Jansen-Variante, nur dass sie diesmal von Electro-Effekten und dem Flügelhorn, das so gesehen die 'Singstimme' übernimmt, lebt. Ganz großes Kino, ohne jemals peinlich zu wirken. Denn nach der zurecht extrem erfolgreichen Cash-Version von „Hurt“, ist es tatsächlich ein Wagnis, mit einer Neuinterpretation des Stücks auch noch sein eigenes Album zu eröffnen.
Insgesamt bleibt die Stimmung, welche bereits mit „Hurt“ heraufbeschworen wird, das gesamte Album über erhalten. Die dunklen Töne verleihen dem Klanguniversum hinter „Closer“ das Licht und die Melancholie sorgt für eine Stimmung, der man sich nur zu gerne hingibt, selbst wenn man nicht von irgendwelchen Depressionen gebeutelt wird. Am besten funktioniert die „Closer“-Musik natürlich an einem Winterabend mit Kerzenlicht und der Absicht, mal wieder richtig zuzuhören, wenn man eine Platte auf seinen Plattenteller legt, um sich von den Klängen dahinter ergreifen zu lassen.
„Closer“ jedenfalls füllt sofort jeden Raum und bringt das Feuer der Kerze zwar nicht zum Flackern, selbst wenn „Deep Dive“ sogar mit Funk-Rhythmen aufwartet, sondern lassen dieses einfach heller scheinen. Das ist schon längst nicht nur Jazz mehr, sondern pures Gefühl zwischen Pop und Prog auf Jazz-Basis.
Auch lebt „Closer“ vielmehr von den interessant anmutenden Sound-Effekten, die mitunter Ambient-artig durch den Raum schweben, während Trompete und Gitarre ihre eigenen Klangstrukturen darauf pflanzen, wie in ein Blumen- und Kräuterbeet, welches in erster Linie mit den schönsten Nachtblühern versehen wird, die nicht etwa durch die Dunkelheit grau wirken, sondern hell strahlen. Darüber leuchten zudem die Sterne und spielen ihre eigene Melodie dazu, wie am bayrischen Himmelszelt, das gleich mit „Beyond The Bavarian Sky“ einen ganzen Titel gewidmet bekommt, der dann auch die LP-A-Seite fast schwungvoll abschließen darf.
In „It Won't Be Long“ übernimmt die akustische Gitarre das Kommando und die Trompete 'singt' dazu einen recht hoffnungsvollen Rhythmus, der sich mit dem Spiel auf der Akustischen wunderschön zu einem Duett vereint.
„So Close To You“ besticht dann durch eine wunderschöne und fast altbekannt erscheinende Melodie, während ruhig und verhalten das Album in der Nacht verschwindet, wenn „Let's Go Out Tonight“ erklingt.
Eigentlich sollte man bei diesem Duo einen ganz neuen Begriff für ihre abwechslungsreiche, durchaus eingängige, aber immer wieder auch 'abgängige' Musik erfinden – nennen wir ihn doch einfach mal 'Kraut-Jazz'. So schön, bunt, psychedelisch und offen für alles klingt „Closer“ und zwar nicht nur unterm bayrischen Himmelszelt, selbst wenn „Beyond The Bavarian Sky“ ein Highlight der Platte, zu der auch ein bedruckte Innenhülle gehört, geworden ist.
FAZIT: Statt auf orchestralen Bombast, wie beim Vorgänger „Continuum“, setzt Trompeter NILS WÜLKER gemeinsam mit dem Gitarristen ARNE JANSEN bei „Closer“ auf die Faszination der still(er)en Klänge, mitunter altbekannte Melodien und den Minimalismus, der sich auf Trompete, Flügelhorn, Gitarren und Effektgeräte beschränkt. Bedrückend mit „Hurt“ beginnend und beruhigend mit „Let's Go Out Tonight“ endend, gelingt es NILS WÜLKER & ARNE JANSEN, den Hörer eine knappe Dreiviertelstunde lang in eine Tiefenentspannung zu versetzen, die in keiner Sekunde in Belanglosigkeit oder Langeweile abkippt. Hier schläft man nicht ein, sondern hört beeindruckt zu, denn: 'The objects in your ears are „Closer“ then they are'.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A:
- Hurt
- Nika's Dream
- Deep Dive
- Yayaya
- Beyond The Bavarian Sky
- Seite B:
- He Who Counts The Stars
- It Won't Be Long
- So Close To You
- The Great He-Goat
- Let's Go Out Tonight
- Gitarre - Arne Jansen
- Sonstige - Nils Wülkner (Flügelhorn, Effektgeräte), Arne Jansen (Effektgeräte)
- Closer (2023) - 14/15 Punkten
- In Concert (2024)
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