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The Hirsch Effekt: Solitaer/Gregaer (Review)

Artist:

The Hirsch Effekt

The Hirsch Effekt: Solitaer/Gregaer
Album:

Solitaer/Gregaer

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Progressive Metal

Label: Long Branch Records
Spieldauer: 51:59
Erschienen: 26.08.2022
Website: [Link]

Bedingt durch die Einschränkungen der letzten Jahre haben sich auch THE HIRSCH EFFEKT auf eine Art Experiment eingelassen.
Der „Solitaer“-Teil dieser EP ist eine wilde Kreativexplosion sondergleichen. Die Musik vibriert regelrecht, klingt hin- und hergerissen zwischen völligem Chaos und der Herausforderung des Unbekannten. Denn nicht nur entstanden die Songs separat voneinander (jedes Bandmitglied hat ein fertiges Stück beigesteuert), auch das Konzept zu „Solitaer“ dreht sich darum wie es ist, isoliert von anderen zu sein, alleine zu leben.

„Palingenesis“ überrascht zunächst aber damit, dass es kein kompletter Hirnfick ist, was man angesichts der Umstände ja doch irgendwie erwarten hätte können. Natürlich ist die Musik instrumental komplex und der Hörer wird komplett überfahren von der Brutalo-Attacke in den Strophen, doch spätestens im Refrain wird’s eingängig und emotional tiefschürfend. Zwar ist das naheliegend, da es sich um personelle Distanzierung und dergleichen dreht, aber das tragische Auf und Ab zwischen Ungewissheit und Hoffnung wird hier instrumental packend und emotional nachvollziehbar in Musik gegossen.
Auch „Nares“ klingt destruktiv, haut aber aggressiver aufs Fressbrett. Es geht um Freiheit, es geht um Ignoranz und es geht darum, dass die Menschen nicht mehr miteinander sprechen. Wirklich Stellung bezieht der Song auf den ersten Blick dagegen nicht. Das muss aber auch nicht sein, denn die Musik an sich ist schon nervenaufreibend genug. Was als derbes Geprügel anfängt, verliert nach und nach an Tempo und spielt mit Kontrasten aus säuselndem Gesang und rabiaten Klangausbrüchen, die auf Dauer ganz schön anstrengend sind.
Gleiches gilt für „Amorphus“. Auch hier geht es um die gesellschaftlichen Gräben und die völlige Ignoranz, welche die Politik den Bürgern gegenüber an den Tag gelegt hat (und immer noch an den Tag legt). Gefühlt wird hier keine drei Takte geradeaus musiziert, Gebrüll jagt ruhige, fast jazzig wirkende Momente wie im Sprint vor sich her. Dann erklingt plötzlich ein melodisch-verspielter Bass und im nächsten Moment wird plakativ auf alles und jeden eingedroschen (instrumental, versteht sich…), bevor das Ende wieder sehr harmonisch, fast melodiös ausklingt.
Die „Solitaer Version“ des Tracks „Gregaer“ klingt dagegen ungleich geradliniger. Natürlich wird das Musikgehirn immer noch gepflegt verknotet, aber der Gesamteindruck des Songs wirkt eingängiger und nachvollziehbarer als das bisher Gehörte. Damit leitet das Stück auch einigermaßen passend auf die Orchestral-Versionen der „Gregaer“-EP hin.

Der Kontrast zwischen den orchestrierten Nummern und dem vorherigen Material fällt aber weniger heftig aus als erwartet. Das liegt daran, dass die Lieder keine reinen Orchesterstücke sind, stattdessen haben Band und Orchester denselben Stellenwert innerhalb der Musik, was den Sound um einiges zugänglicher klingen lässt.
Insgesamt verhilft die Orchestrierung dem Material zu einem positiveren Grundton, als es die vorherigen Stücke vermuten lassen. Die zehnminütige Version von „Natans“ weckt sogar Assoziationen zu einem Filmsoundtrack.
„Domstol“ klingt dagegen trotz des Orchesters absolut wild und unberechenbar. Manchmal wirkt es so, als ob alle Instrumente gegeneinander kämpfen und der Gesang sowas wie ein hysterischer Ringrichter ist, der zwar parteiisch wirkt, sich aber nicht entscheiden kann, für wen er Partei ergreifen soll. Dazwischen gibt’s mehrstimmigen Klargesang, der immer wieder von Growls abgelöst wird, während die Musiker einen kruden Mix aus Rock, Jazz und sonstigen (un)möglichen Genres aufführen.
„Kollaps“ baut sich, anders als der Titel vermuten lässt, gemächlicher auf, das Orchester erschafft eher Assoziationen zu hellem Licht als zum völligen Absturz und doch schwingt ab der ersten Sekunde eine Riesenportion Drama mit. Mit hellem, mehrstimmigem Gesang und etwas krude klingenden Gitarrenexperimenten baut sich die Musik langsam auf, bevor am Ende alles in Grund und Boden geschrien wird. Ein letztes Aufbäumen des Orchesters und dann: Ein leises Fade-Out und Stille.
Glücklicherweise bleibt der Hörer aber nicht in der Luft hängen, denn die Orchester Version von „Gregaer“ hat es nochmal in sich, auch wenn sie, verglichen mit dem zuvor Gebotenen, beinahe zahm klingt.

FAZIT: Egal ob mit Orchester oder ohne, THE HIRSCH EFFEKT sind definitiv wahnsinnig und wahnsinnig kreativ. Dementsprechend dauert es unter Umständen seine Zeit, bis der Hörer die Musik begriffen und verdaut hat. An „Solitaer/Gregaer“ wirkt keine Sekunde kalkuliert und doch ist die Musik kein Spontandauerfeuer. Dauerfeuer ist es trotzdem, zumindest für das eine oder andere (ungeübte, aber auch geübte) Ohr, das sich nach dem Genuss dieser EP erstmal eine Pause gönnen dürfte.

Dominik Maier (Info) (Review 2290x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Solitaer:
  • Palingenesis
  • Nares
  • Amorphus
  • Gregaer (Solitaer Version)
  • Gregaer:
  • Natans (Orchestral Version)
  • Domstol (Orchestral Version)
  • Kollaps (Orchestral Version)
  • Gregaer (Orchestral Version)

Besetzung:

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