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Pink Lint: Ü (Review)

Artist:

Pink Lint

Pink Lint: Ü
Album:

Ü

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Art Pop, Alternative, Indie-Rock

Label: Listen Records
Spieldauer: 32:30
Erschienen: 25.02.2022
Website: [Link]

Wer nur halbwegs einen Hang zu hardrockigen 70er-Retro-Zeiten und einer absoluten Kult-Band diesbezüglich hat, bei dem wird sich in seinen Vergangenheitserinnerungen ein Album-Cover eingebrannt haben, das einem beim Betrachten von „Ü“ des Berliner Ein-Mann-Musik-Unternehmens von Oliver Burghardt namens PINK LINT sofort wieder in den Sinn kommt. Denn wer sich heutzutage für ein Backstein-Haus-Fenster-LP-Cover (Auch wenn die Fenster nicht ausgestanzt sind…) entscheidet, muss natürlich mit einem Gedankenspiel hin zu „Physical Graffiti“ von LED ZEPPELIN rechnen.

Mist nur, dass trotz dieser sich so fein anbietenden Parallele PINK LINT mit LED ZEPPELIN nun absolut gar nichts zu tun hat, egal, was uns das Cover auch verheißen mag. Doch trotzdem überfallen einen beim Hören von „Ü“ sofort die Erinnerungen an ein anderes deutsches Ein-Mann-Musik-Unternehmen, das sich ungeheuer erfolgreich in der Indie-Pop- und Alternative-Rock-Szene zu behaupten vermag: GET WELL SOON, das Projekt des deutschen Sänger, Songschreibers und Multiinstrumentalisten Konstantin Gropper.
Oliver Burghardt ist jedenfalls im musikalischen wie kompositorischen und songwriterischen Kontext Groppers Bruder im Geiste.

Irgendwie ist dieser PINK LINT-Burghardt ein echter Windhund, den er nicht nur auf „Ü“ besingt, sondern musikalisch auf dem Album, das digital ursprünglich schon im Oktober 2021 erschien und nun endlich auch auf Vinyl erhältlich ist, verewigt hat: „I am always waiting / Like the waist of a windhound […] Oh, it feels good to be fucked up and be alright...“

Oliver Burghardt hat außerdem längt eine eigene Definition dafür gefunden, was einen mit PINK LINT erwartet und diese auf seiner Homepage verewigt: „Anstatt die Berliner Reizüberflutung zu beklagen, nimmt der Berliner Musiker diese Eindrücke auf und verarbeitet sie in seiner Musik. Das Ergebnis klingt ein wenig wie eine Mischung aus 'Blue Velvet' (Film von David Lynch) und 'Bambi'. Garniert mit gefundenen Sounds und Feldaufnahmen werden die Songs von PINK LINT zu klanglichem und lyrischem Origami.“

Bei solcher Arbeitsweise verblüfft dann natürlich das Musikergebnis, denn da treffen Vogelgesänge auf breite Orchester-Passagen, um eine Mischung aus Anti-Folk plus Indie- und Avantgarde-Pop zu vereinen. Ziehen wir das alles zusammen und suchen nach einem weiteren Begriff, dann sind wir beim 'Art Pop' angelangt, womit wir schon wieder bei GET WELL SOON wären, von denen wir eine ganz ähnliche Mischung schon seit deutlich längeren Zeiten kennen und tatsächlich auch lieben gelernt haben. Echte „Happy Meals“ eben.

NDR 2 spricht übrigens von 'wunderschönem Folk-Pop' und versucht vielleicht dabei ein wenig die Radiotauglichkeit von PINK LINT zu betonen. Obwohl gerade dieser Begriff deutlich zu kurz gegriffen ist für „Ü“. Denn Anti-Folk ist eben kein Folk-Pop, auch wenn Burghardt mit einem Song wie „Bird“, der ein wenig nach „Dream A Little Dream Of Me“ der MAMAS AND THE PAPAS klingt und sich damit weit zurück in die 60er-Flower-Power-Jahre beamt, um dann mit elektronischen Verfremdungen seinen Weg in die Moderne zu suchen, durchaus den Sprung ins Radio schaffen könnte. Doch schon die Texte und schwarzhumorigen Anspielungen sind nicht gerade für den banalen öffentlich-rechtlichen Schnuller-Pop im Lyrik-Setzbaukasten-Stil geeignet.

„Mama sagt“, der einzige deutsche Titel, der aber trotzdem einen englischen Text verpasst bekam, ist wiederum eine Indie-Pop-Ballade, die ein wenig zum heimlichen Kuscheln mit der unheimlichen Freundin einlädt, mit der man nur zu gerne sein 'Big-Bang-Erlebnis' haben möchte, auch wenn Mama sagt, dass man…
Ach ja, wer kennt das nicht?
Am Ende hört man vielleicht doch auf Mama und stellt auf Handbetrieb um. Ja, ob das die liebe Mama wirklich wollte?

„Ü“ ist genau das richtige Album, das sich eine Vinyl-Ausgabe verdient hat, auch wenn das Cover einen in die gänzlich falsche Richtung lenkt. Dafür ist aber, wie's sich für ein anspruchsvolle LP gehört, sogar noch ein großes Poster – ideal für's Über-das-Bett-hängen geeignet – im Inneren des LP-Covers zu entdecken. Auch hier gibt’s das Haus-Motiv zu sehen, hinter dessen Fenstern uns die seltsamsten Menschen und Gegenstände oder Geister begegnen.

FAZIT: Wer bisher glaubte, dass Konstantin Gropper mit seinem anspruchsvollen Art-Pop-Projekt GET WELL SOON eine absolute Ausnahme im deutschen Musikgeschäft ist, der hat nur noch nicht Oliver Burghardt, laut dem 'Rolling Stone' ein Folk-Pop-Avantgardist, mit seinem Musikprojekt PINK LINT und dem Album „Ü“, das endlich auch als Vinyl-Version erscheint, gehört. Mal schräg, mal überladen, mal ironisch und zynisch und immer auf seine Art wirklich gut. Und dass das LP-Cover auch noch an LED ZEPPELIN erinnert, obwohl hinter dem Haus und den Fenstern kein bisschen Zeppelin steckt, sei PINK LINT einfach verziehen, denn auch hinter dem PINK ist weit und breit kein Floyd, sondern nur ein fettes LINT und ein Poster im Inneren des LP-Covers zu finden…

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2468x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
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Tracklist:
  • Seite A (15:53):
  • Bad Idea (3:01)
  • Windhound (3:14)
  • Bird (2:50)
  • Happy Meals (3:30)
  • Mama sagt (3:18)
  • Seite B (16:37):
  • La-Di-Da (3:33)
  • Zoo Animal (2:42)
  • Sunbright Motel (3:32)
  • Begin (3:46)
  • Oh, What A Day! (3:04)

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