Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

John Lennon: Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes (Review)

Artist:

John Lennon

John Lennon: Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes
Album:

Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes

Medium: CD-Box/Do-LP/Do-CD/Deluxe/Remaster
Stil:

Kult-Rock

Label: Universal Music
Spieldauer: 74:11
Erschienen: 23.04.2021
Website: [Link]

1970! Ein Jahr, das wohl für alle BEATLES-Fans rund um den Globus eins der schrecklichsten war. Denn in diesem Jahr lösten sich die BEATLES endgültig offiziell auf – doch zehn Jahre später sollte ein noch schlimmeres Ereignis voller Tragik das BEATLES-Universum erschütternt: JOHN LENNON wurde vor den Augen seiner Frau YOKO ONO von einem geistesgestörten Fan vorm Dakota Building regelrecht hingerichtet.

Allerdings kann man aus einer gewissen Distanz heraus heute feststellen, dass dieses 1970er-Jahr gar nicht so tragisch war, denn in dem gleichen Jahr gründete JOHN LENNON seine PLASTIC ONO BAND und setzte im Grunde genommen das solistisch fort, was die BEATLES durch ihre Auflösung nicht mehr zu realisieren in der Lage waren. Unter diesen Bedingungen wurde sein erstes Album mit der Plastic Ono Band zu einem echten weiteren Highlight der BEATLES-Geschichte. Und genau dieses Meisterwerk darf nun als „Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes“ in verschiedenen Formaten und voller Raritäten sowie gestalterischen Meisterleistungen bewundert, bestaunt und beohrt werden.

Eine ganz spezielle Empfehlung hat die Doppel-Vinyl-Variante des ersten Solo-Albums von JOHN LENNON nach der Auflösung der BEATLES verdient. „Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes“ vereint im Original-Artwork-Gatefoldcover auf der ersten LP das Original-Album, hervorragend gemastert, und auf der zweiten LP elf ausgewählte Out-Takes in genau derselben Reihenfolge wie auf dem Original-Album. So gesehen hören wir einmal das Original und beim zweiten Mal ein Album mit den Songs, die es nicht auf das Album geschafft haben, aber trotzdem genau dem Aufbau des Originals folgen. Eine richtig gute Idee für die Vinyl-Variante, die da den Machern rund um YOKO ONO in den Sinn gekommen ist.
Doch es gibt noch mehr Wertvolles.
Dem Doppel-Vinyl liegt ein überdimensionales, dreifach aufklappbares Poster mit den berühmten Worten „War Is Over If You Want It – Love and Peace from John & Yoko“ bei sowie ein achtseitiges LP-großes Foto-Booklet und die LP-Innenhüllen sind mit allen Texten, einem ausführlichen Begleitwort von Yoko Ono sowie detaillierten Angaben zu jedem Song und zwei Fotos versehen.

Lennons erstes Album nach seiner Trennung von den BEATLES war zugleich sein aufrichtigstes und noch dazu fast erschreckend bis in die tiefsten persönlichen Abgründe gehendes Album. Er betrieb darauf ein regelrechtes 'Seelen-Striptease', welches durch die Urschrei-Therapie geprägt war, die er gerade seines instabilen psychischen Zustands wegen durchgeführt hatte. So gesehen das gänzliche Gegenteil der Transzendentalen Meditation an der Lennon auf Anregung von GEORGE HARRISON gemeinsam mit den BEATLES zwei Jahre zuvor in Indien beim Maharishi Mahesh Yogi teilgenommen und nach innerer Reinigung gesucht hatte.
Mithilfe der Urschrei-Therapie nach Arthur Janov (nach dessen Buch „The Primal Scream“ sich sogar eine schottische Rock-Band benannte) sollte Lennon nunmehr allem, was ihn schwer bedrückte, auf den Grund gehen und aufarbeiten, um es in einer Art Urschrei rauszulassen. Dieser Urschrei schien sich offensichtlich auch auf das Album zu übertragen, in dem er nun all seine depressiven Zwänge, persönlicher wie gesellschaftlicher Art, in Texten und Musik rausließ:
„I don't believe in Magic / […] I-Ching / […] Bible / […] Tarot / […] Hitler / […] Jesus / […] Kennedy / […] Buddha / […] Mantra / […] Gita / […] / […] Yoga / […] Kings / […] Elvis / […] Zimmermann / […] Beatles / […] / I just believe in Me / In Yoko And Me / And that's reality.“

So und in dermassen krasser Deutlichkeit wurde „John Lennon & The Plastic Ono Band“ zum persönlichsten und im Grunde – neben „Imagine“ – auch zum größten Meisterwerk Lennons, an dem er im letzten knapp einminütigen Song auch noch den tragischen Tod seiner von ihm immer so heiß geliebten Mutter, obwohl sie ihn als Kind fortgegeben hatte, thematisiert.

Bereits der erste Song des Albums „Mother“, in dem er seine schwere Kindheit – ohne Vater und nur teilweise mit der Mutter – thematisiert, enthält tatsächlich innerhalb des Refrains „Mama don't go / Daddy come home!“ einen regelrechten lennonschen Urschrei.

Während Lennon am Ende des Albums in „God“ mit all dem abrechnet, was sein Leben bisher schwer belastete, auch wenn vieles davon auf den ersten Blick so faszinierend erschien, auch seine meditative Zeit in Indien überdeutlich einbegriffen (Buddha, Mantra, Gita...): „God is a concept / By which we measure our pain“. Zugleich eine kluge Variante, um den verpeilten Katholiken, die nach Lennons ironischer, vergleichender Bemerkung zu Jesus und den BEATLES zu BEATLES-Platten-Verbrennungen aufriefen, erneut klarzumachen, was er von solchen Glaubensfanatikern hält und wo er genau in diesem religiösen Konstrukt steht. Glauben ja, aber nicht an Religionen, worauf er auch auf „Hold On“ mit: „I seen religion from Jesus to Paul“, sondern an die wahre Liebe: „Love is real, real is love“ („Love“).

Für alle Lennon-Sammler wird natürlich die zweite LP von „Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes“ ihren speziellen Mehrwert haben, auf der sich die ausgewählten 'Out-Takes' befinden.

So beginnt „Mother“ beispielsweise auf der Out-Take-LP ohne das für den Song zum regelrechten Markenzeichen gewordene Glockengeläut. Auch erscheint die 'Schrei-Orgie' am Ende des deutlich kürzeren Songs bei weitem nicht so intensiv wie auf dem Original.
Ähnliche Erfahrungen wird man auch bei allen weiteren Songs der LP machen. Wir bekommen rare, alternative Stücke unseres im Jahr 1980 getöteten Helden zu hören, aber sie erreichen nicht die Qualität wie auf der Original-LP. Allerdings wurden sie soundtechnisch so gut bearbeitet, dass ihr Klang so frisch klingt, als hätte Lennon die Titel erst gestern eingesungen.

Auf „God/Take 27“ singt Lennon dann noch statt „I don't believe in Elvis“ „I don't believe in Presley“. Solche Spitzfindigkeiten findet man natürlich noch viele auf der alternativen zweiten LP von „Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes“. Hier kann jeder Fan von JOHN LENNON dann gerne auf eigenständige Suche nach Unterschieden gehen – er wird garantiert sehr viele finden.

FAZIT: Das 'Urschrei-Album' von JOHN LENNON feiert seinen 50. Geburtstag und wir feiern mit vielfältigen opulenten Neuauflagen mit. „Plastic Ono Band – The Ultimate Mixes/The Out-Takes“ war Lennons endgültige Befreiung von den BEATLES und friedfertigen, aber nur wenig bringenden indischen Meditationskursen. Getreu dem in der besonders empfehlenswerten Doppel-LP und der umfangreichen Ultimate-Edition-Deluxe-Box (159 Aufnahmen auf 6 CD's und zwei BluRays sowie ein 132seitiges Hardcover-Book plus 2 Postkarten verpackt in einer Hardcover-Box) befindlichen Riesenposter mit der Aufschrift „War Is Over! If You Want It“ versucht Lennon seine inneren Kriege zu bekämpfen und mit allen persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Traumata aufzuräumen, welche ihn innerlich zu zerstören scheinen. Definitiv das persönlichste Lennon-Album, das manchmal regelrecht schmerzt, wenn man die Texte hört und zugleich fasziniert, wenn man die Musik, die er nur mit Ringo Starr und Klaus Voormann einspielte und bei der voll und ganz Lennons Stimme erstrahlt, dazu hört: „I was a dreamweaver / But now I'm reborn...“

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3092x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Seite A – The Ultimate Mixes (17:42):
  • Mother (5:34)
  • Hold On (1:52)
  • I Found Out (3:37)
  • Working Class Hero (3:48)
  • Isolation (2:51)
  • Seite B – The Ultimate Mixes (21:54):
  • Remember (4:33)
  • Love (3:21)
  • Well Well Well (5:59)
  • Look At Me (2:53)
  • God (4:09)
  • My Mummy's Dead (0:59)
  • Seite C – The Out-Takes (16:56):
  • Mother/Take 61 (4:18)
  • Hold On/Take 2 (2:11)
  • I Found Out/Take 1 (3:46)
  • Working Class Hero/Take 1 (3:50)
  • Isolation/Take 23 (2:51)
  • Seite D – The Out-Takes (17:33):
  • Remember/Rehearsal 1 (3:11)
  • Love/Take 6 (2:36)
  • Well Well Well/Take 2 (3:35)
  • Look At Me/Take 2 (2:50)
  • God/Take 27 (4:06)
  • My Mummy's Dead/Take 2 (1:15)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Vervollständige: Wer anderen eine ___ gräbt, fällt selbst hinein.

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!