Das Plattenlabel Sireena ist bekannt dafür, dass es wie musikalische Goldgräber nach seit langem verschollenen Musik-Schätzen, wahren kleinen Goldstücken aus der Vergangenheit, sucht und diese wieder im neuen, klangtechnisch superben Gewand sowie einem schönen Digi-Pack plus informativem Booklet erleuchten lässt. Manchmal birgt es aber auch Schätze, die man wohl besser doch ruhen lassen sollte: Musikalisches Katzengold eben - ELSTER SILBERFLUG sind eins davon.

1971 gründete sich im Rahmen der (mittelalterlichen) Folk-Bewegung die Gruppe und zog mit Liedern und Tänzen des Mittelalters durch deutsche Landen. Erinnerungen an die Spielmannsleute wurden dabei wach, die mit sinnlosen Mägde- und Bübelein-Texten schon an Hamlets dänischem Hofe nach der Sein- oder Nichtsein-Frage suchten. „Nichtsein!“, wäre im Falle dieser diebischen Silberflieger die passende Antwort gewesen, was uns dieses, zwar liebevoll neu aufgemachte, Album zeigt, auf dem sich die beiden ersten ELSTER SILBERFLUG-Früh-Alben aus den Jahre 1974 und 1976 befinden. 1978 löste sich die Band dann zurecht auf und einige der Musiker setzten ihre Musik-Laufbahn bei der weitaus interessanteren, aber ebenfalls längst vergessenen, BERNIES AUTOBAHN BAND fort.

Der Grund für meine Unzufriedenheit liegt vorrangig darin, dass die mittelalterlichen Interpretationen, die hier geboten werden, mehr volkslied- und schlagerhaft als modern-rockig aufgearbeitet sind, wie beispielsweise bei HORCH, HOELDERLIN oder OUGENWEIDE. Gut, Freunde von LIEDERJAN oder ZUPFGEIGENHANSEL werden hier schon eher Gefallen finden. Doch bei denen ist der Gesang wenigstens ansprechend, wogegen der weibliche Gesang auf „Ich fahr dahin“ und „Komm in meinen Rosengarten“ höchstens wie der einer Kindergärtnerin klingt, die verzweifelt ihre Drei- bis Fünfjährigen zum Mitsingen bewegen will, aber wegen eigener stimmlicher Reserven jämmerlich daran scheitert. Und wäre das nicht des Übels schon genug, übernehmen auch die männlichen Stimmen den Kindergärtner-Part. So sind die besten „Lieder“ beider Alben die „Nichtlieder“, auf denen eben nicht gesungen, sondern ausschließlich musiziert wird.

ELSTER SILBERFLUG jedenfalls nerven einen mit genau der Musik, welche mich schon in meinem Musikunterricht im Rahmen „Historische Volksweisen“ zur Weißglut brachte, während ich zusätzlich noch irgendwelche bekackten Bilder mit Minnesänger Walter von der Vogelweide interpretieren musste. Asterix, da bin ich mir sicher, wusste genau, warum er den singenden Hand-Harfe-Spieler Troubadix immer wieder das Maul gestopft hat. ELSTER SILBERFLUG jedenfalls sind der Troubadix mittelalterlicher Folk-Musik made in Germany!

FAZIT: Eine Wiederveröffentlichung von Sireena, die sie sich locker hätten sparen können, denn hier rockt nichts, sondern es nervt nur der Gesang und auch die Musik, welche mittelalterliches Minnesänger-Gehabe zu imitieren versucht. Selbst wenn die Musik über 40 Jahr alt ist, wird sie dadurch auch nicht besser!