Erst vor kurzem haben die Power-Metal Polen CRYSTAL VIPER eine Live-LP auf die Menschheit losgelassen, jetzt legen sie mit ihrem dritten Studioalbum nach. Das neue Werk trägt den hochtrabenden Titel „Legends“, damit meint die Band aber glücklicherweise nicht sich selbst, sondern handelt in 9 Songs ältere polnische Sagen und Geschichten ab.

Und das macht sie solide, aber nicht überragend. Sicher sind die spielerischen Qualitäten durchaus beachtlich, angefangen vom druckvollen Gitarrenspiel über ziemlichen Drive bis hin zur veritablen Gesangsleistung von Marta Gabriel, die das grauenvolle Schicksal hat, öfters mit Doro verglichen zu werden. Zu Recht übrigens. Ein gehöriges Maß an Eingängigkeit wird sich allerdings durch eine gewisse Seichtigkeit erkauft, dadurch fehlt den eigentlich guten Songs oft der letzte Kick. Wenn konkrete Bands als Vergleich herhalten sollen, so dürfen sicher auch die Namen HELLOWEEN und RUNNING WILD nicht fehlen, gelegentlich blitzen auch IRON MAIDEN-Harmonien durch die Gitarrenläufe. In der Mitte von „Legends“ ist die Ballade „Sydonia Bork“ platziert, die mit Piano-Einsatz aufwartet und den Hörer gelegentlich rätseln lässt, ob das wirklich Englisch ist, so stark ist der polnische Akzent. Würde das einem deutschen Sänger passieren, würde er in der Luft zerrissen werden, hier ist es aber im Gegensatz zum eigentlichen Gesamtbild beinahe charmant unprofessionell. Aber genug gemeckert, die zweite Hälfte von „Legends“ dreht ordentlich auf und macht den mauen Eindruck der ersten Songs immerhin teilweise wett und lässt CRYSTAL VIPER zumindest zu einer Power Metal-Band werden, die dem Genrefan gefallen könnte und von allen anderen zumindest im Auge behalten werden sollte. Das abschließende ACCEPT-Cover passt sich übrigens hervorragend in den Sound der Band ein und ist absolut gelungen.

FAZIT: Power Metal mit gelegentlichen True Anleihen, spielerisch makellos, vielleicht etwas zu makellos und auf Eingängigkeit getrimmt, bieten CRYSTAL VIPER auf ihrem dritten Longplayer. Wirklich schlecht ist „Legends“ nicht, aber auch nach diversen Durchläufen fehlt mir hier der letzte Biss.