„We've seen the back of another black day“: Am 26.05.2022 starb nicht nur YES-Drummer Alan White, sondern auch völlig überraschend das DEPECHE MODE-Gründungsmitglied Andrew Fletcher. Der Keyboarder wurde 60 Jahre alt.
Fletcher war der ruhige Dritte, beinahe im Hintergrund, der Mann, der bei DEPECHE MODE für Konsistenz und Solidität sorgte. Genauso jemand braucht es vermutlich, um eine Gruppe wie DEPECHE MODE am Laufen zu halten, als stützende Brücke zwischen offensiven Kreativkräften wie Martin L. Gore und Dave Gahan. Die jeder auf seine Weise für Schlagzeilen sorgten. Um Andrew Fletcher blieb es, bis auf einige Dissonanzen mit Alan Wilder vor dessen Ausstieg, ruhig, er war der Musiker der dazugehörte, der glänzte einfach durch Arbeit und Sein. Und er forcierte diese Ansicht durch Understatement: „Martin ist der Songwriter, Alan [Wilder] ist der gute Musiker, Dave ist der Sänger und ich gammle herum.“
Was natürlich nicht stimmt, denn Fletcher war pure Konstanz, überließ das mediale Feld freimütig Gahan und Gore. Über seine depressive Phase Mitte der Neunziger erfuhrt man wenig, in den Schlagzeilen waren Dave Gahans Suizidversuch und seine Nahtoderfahrung 1996.
Das war Andrew Fletcher vermutlich recht, er schien die Selbstbestätigung nicht zu brauchen, erfreute sich am langanhaltenden Erfolg, prägte die musikalischen Wechsel mit und kämpfte manchmal damit, dass unaufmerksame Zeitgenossen ihn für eine Art fünftes Rad am Wagen sahen. Wo eigentlich jedem klar sein sollte, wie wichtig er für das Bandgefüge war.
Außerdem arbeitete Fletcher und betrieb seit 2002 sein eigenes Label Toast Hawaii. Einziger Klient die Band CLIENT, die Toast Hawaii 2006 allerdings verließ. Auch damit konnte der Fußballfan und schachbegeisterte Andrew Fletcher vermutlich gut leben.
2017 erschien DEPECHE MODEs letztes Studioalbum „Spirit“. Wie und ob es mit Martin Gore und Dave Gahan ohne Andrew Fletcher weitergehen wird, steht noch in den Sternen oder anderswo. Ein musikalischer Tribut an Andrew Fletcher wäre aber fein.