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MIKE + THE MECHANICS - Kulturpalast Dresden - 11.04.2019
Da konnte die Kulturstadt Dresden aber mal so richtig stolz sein – denn MIKE + THE MECHANICS eröffneten ihre Deutschland-Konzert-Tour „Looking Back Over My Shoulder“, die eigentlich, entsprechend ihres aktuellen Albums, ja „Out Of The Blue“-Tour hätte heißen müssen, in der sächsischen Hauptstadt und verbreiteten dabei nicht nur ein „mechanisches“ Konzert-Feeling, sondern begaben sich dank Mr. Rutherford auch tief in dessen musikalische Ur-Genese.
Noch dazu war das Konzert-Ambiente mit dem Konzertsaal des Dresdner Kulturpalasts im klassischen Stil gewählt, samt kuschelweicher Bestuhlung und hervorragender Akustik. Ein Genuss erwartete die Besucher – gute Musik mit viel Pop-Appeal und alten oder gar uralten Erinnerungen. Das alles im neuen Gewand, mal elektrifiziert, mal akustisch – eine feine Sache, wenn da nicht der …
… doch dazu etwas später.
Pünktlich um 20 Uhr enterten die Mannen um MIKE RUTHERFORD die Konzertsaal-Bühne in dem wohl ausverkauften Kulturpalast, nachdem zuvor sogar das Fernsehen sich platziert hatte, um ein paar bewegte Bilder und Töne dieses Ereignisses zu bannen.
Wer die Hintergründe des gerade erschienenen Albums „Out Of The Blue“ kannte, wusste, was ihn erwartet, denn auf der LP bzw. der Deluxe-CD wurden die alten Klassiker von MIKE + THE MECHANICS mit den beiden neuen Sängern Andrew Roachford und Tim Howar, die nach dem Tod von PAUL YOUNG und dem Weggang von PAUL CARRACK an deren Stelle getreten waren, eingespielt sowie mit drei völlig neuen Songs versehen. Die Deluxe-Variante erhielt noch dazu von sechs alten Songs neue Akustik-Versionen. All das gab es nun live auch zu hören – und versetzte das Dresdener Publikum in die pure Begeisterung, die sich leider im Verhältnis zu dem feinen Saal nicht in den Grenzen bewegte, dass diejenigen, die eine ganze Menge Geld für gute Plätze ausgegeben hatten, um dieses Konzert sitzend und sehend sowie hörend zu genießen, diesen Genuss ausleben durften.
Stehen und tanzen sollte man in einer Konzerthalle, nicht aber in einem klassischen Konzertsaal – dort sollte man sitzen, zuhören, genießen, zusehen und kann trotzdem begeistert mitmachen, mitsingen oder mitklatschen und meinetwegen auch mit seinen Scheiß-Handys jeden Furz auf der Bühne mitfilmen oder fotografieren (Oh, wie sehr das doch nervt, wenn jemand, der unmittelbar vor einem sitzt, ständig sein Teil aus der Tasche holt und sich mit seinen Film- und Foto-Buttons selbstbefriedigt!), wenn‘s leider – wie im Falle dieses Konzerts – erlaubt war. Aber das Aufstehen von erst ein paar Leuten und dann immer mehr, die allen, die gerne auch sitzend das Konzert genossen hätten, ist einfach im Interesse derjenigen rücksichtslos, die sich auf ein „Sitz-Konzert“ mit guten Plätzen und einer richtig guten Band sowie einem GENESIS-Kult-Musiker gefreut hatten.
Übrigens war der Auslöser für das zentrale Aufstehen nicht etwa ein Song von MIKE + THE MECHANICS, sondern der erste GENESIS-Titel, den die sechs Mechaniker anstimmten.
Nicht ganz schuldlos an dieser stehenden Euphorie war Sänger TIM HOWAR, der das Publikum permanent zum Mitmachen, Mitsingen, Mitklatschen aufforderte. Das hatte das Aufstehen zur Folge – und es wäre nicht schlecht, wenn trotzdem einfach mal ein „Sit down, please!“ von der Bühne erschallt wäre. MIKE RUTHERFORD, der das gesamte Konzert lang sehr ruhig und sympathisch agiert, nannte bei der frühen Vorstellung seiner Band Howar auch „the actor“ (Den Schauspieler, der er wirklich auch mal war!), der leider zugleich alles dafür tat, um etwa ab der Hälfte des Konzerts in Dresden das zurecht begeisterte Publikum nicht zu Standing Ovations, sondern zu einem Dauerstehplatz zu animieren.
Beide Sänger hatten wohl im Vorfeld ihr Einsingen für das Konzert nicht sonderlich ernst genommen, sodass es etwa drei Songs lang dauerte, bis sie so richtig bei Stimme waren – und diese Stimmen klangen dann wirklich fantastisch, beinahe perfekt und standen ihren beiden Vorgänger PAUL CARRACK & PAUL YOUNG in nichts nach.
Auch das akustische Set ließ nichts zu wünschen übrig, wobei Rutherford und ANTHONY DRENNAN an den akustischen Gitarren bestachen und der Keyboarder, Bassist und Saxofonist LUKE JUBY kurz hinter der Bühne verschwand, um mit seinem Saxofon wieder aufzutauchen und die Songs noch ein wenig mehr zu veredeln. Ein ruhiger, sehr zurückhaltender, aber gleichermaßen faszinierender Musiker – dieser Luke Juby!
Immer wieder wurden während des gut zweistündigen Konzerts auch GENESIS-Songs der Collins-Ära eingestreut, wobei am stärksten „Land Of Confusion“ rüberkam.
Auf das eigentliche Highlight des Konzerts wartet man dann bis zu dessen Ende, bei dem diesmal Tim Howar alle Musiker erneut und deutlich ausführlicher, als es Rutherford zu Konzertbeginn schon getan hatte, vorstellte und jeder der Vorgestellten an seinem Instrument ein ausgiebiges Solo beisteuerte, sodass bei Andrew Roachford (Gesang und Keyboard), der einigen vielleicht noch als Kopf der Band ROACHFORD bekannt ist, sogar „Superstition“ von Stevie Wonder zum eigenen Besten gab und Rutherford gar „Firth Of Fifth“ anspielte, um dann ansatzlos zu Jimi Hendrix überzugehen. Ein riesiges Schlagzeug-Solo von GARY WALLIS, der bereits bei PINK FLOYD, 10CC, SCHILLER und JEAN MICHEL JARRE hinter den Fellen saß, schließt dann die letzte Vorstellungsrunde ab.
MIKE + THE MECHANICS erfüllten mit diesem „Looking Back Over Your Shoulder“-Tournee-Konzert in Dresden, welches ihre Deutschland-Tour eröffnete, musikalisch, klangtechnisch und von den Sympathien her alle Erwartungen ihrer Fans. Nur sollte unbedingt berücksichtigt werden, dass, wenn man eine Konzertsaal-Tour spielt, das jubelnde Publikum sich zu stehenden Ovationen, aber nicht zu einem stehenden Konzertbesuch hinreißen lässt. Dann müssten eigentlich alle Fans der Band um MIKE RUTHERFORD zufrieden und glücklich das Konzert verlassen, so aber wurde der „Aufstand der Stehenden“ zur „Niederlage der Sitzenden“, auch wenn das Konzert in seiner Gesamtheit aus der Bühnenperspektive absolut gelungen war.
Übrigens empfand der Sänger der Band CHANDELIER, Martin Eden, der unmittelbar neben mir saß, die Situation ganz ähnlich.
PS: Alle Bildrechte liegen ausschließlich bei Musikreviews.de!