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Luca Turilli's Rhapsody / Freedom Call / Orden Ogan - Bochum, Matrix - 05.12.2012

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Eines der diesjährigen Albumhighlights in Sachen Melodic Metal ist ohne Zweifel "To The End", der dritte Longplayer der Sauerländer ORDEN OGAN. Kurz nach der Veröffentlichung ist die Band um Frontmann Sebastian Levermann dann auch schon unterwegs, um die Platte live zu promoten. Allerdings noch nicht als Headliner, sondern "nur" im Vorprogramm der Hollywood-Metaller RHAPSODY (in Luca Turillis Variante) und der Happy-Metal-Spaßfraktion FREEDOM CALL. Letztere gehören wohl zum... äähm... Härtesten, was man sich antun kann (wobei Härte hier nicht mit metallischer Härte zu verwechseln ist), RHAPSODY dagegen haben mit ihren ersten drei Alben Pionierarbeit geleistet - es gibt also schon den einen oder anderen Grund, an diesem Mittwochabend ein bisschen Hobbit-Metal in der Bochumer Matrix zu gucken.

Den Anfang machen die italienischen Melodic Bombast Speed Folk Celtic Metaller (so bezeichnet Kollege Hausfeld sie jedenfalls in seinem Review) von VEXILLUM - die aber aus organisatorischen Gründen verpasst werden. Also direkt weiter zu ORDEN OGAN, die augenscheinlich den Großteil des Publikums vor die Bühne ziehen. Mit knapp 200 Leuten ist allerdings weniger los, als zu erwarten war - liegt es am Champions-League-Mittwoch oder an der Zusammenstellung des Packages? ORDEN OGAN jedenfalls legen sich von Anfang an ordentlich ins Zeug. Über ihr postapokalyptisches Bühnenoutfit mit Brustpanzer und Schienbeinschonern mag man indes streiten - vor allem der halbe Autoreifen auf der Schulter von Sänger und Gitarrist Levermann wirkt albern. Orden OganDie Band ist überaus aktiv, lässt die Haare fliegen und feuert das Publikum an - so weit, so gut. Leider ist der Sound während des gesamten Auftritts reichlich matschig, wodurch besonders die spielerischen Feinheiten der Gitarren untergehen. Die Gesangsleistung von Levermann kann man bestenfalls als ordentlich bezeichnen, als wirklich negativ erweist sich aber die Tatsache, dass die Backing Vocals von Gitarrist Tobias Kersting und Basser Niels Löffler kaum zu hören sind. Es gelingt nicht, die auf Platte bombastischen und wirklich tollen Chöre live zu reproduzieren - jedenfalls nicht heute Abend. Nach dem Einstieg mit "To New Shores Of Sadness" folgt das hymnische "The Things We Believe In" vom aktuellen Album, bei dem Levermann direkt mal die obligatorischen Mitsingspielchen fordert und auch vom Publikum bekommt. Ob es bei einer Sechs-Song-Playlist sinnvoll ist, mit "Masks" einen der Bonustracks von "To The End" zu spielen, sei mal dahingestellt. Der Titeltrack, bei dem das Publikum die "fist of fate" zu "raisen" hat kommt da schon besser, wenngleich der schlechte Sound auch hier für getrübten Hörgenuss sorgt. Mit "Angels War" geht es auf die Zielgerade und als letzten Song hat man sich natürlich den besten RUNNING WILD-Song aufgehoben, denn Rock'n'Rolf nicht geschrieben hat. Bei "We Are Pirates" kommt dann nicht nur RHAPSODY-Basser Patrice Guers mit auf die Bühne, sondern auch Victor Smolski von RAGE, der die Gitarre bedient. Die Fans freut's, letztlich ändert es aber nichts an der Tatsache, dass ORDEN OGAN noch deutlich Luft nach oben haben, was die Livedarbietung angeht.

In ihrem Genre gehören FREEDOM CALL wohl zu den Bands, die am meisten polarisieren. Die einen lieben die Band für ihren Happy Metal, die anderen hassen sie dafür, dass sie fröhlichen Schlager mit E-Gitarren unterlegen Freedom Callund in Zuckerwatte einpacken. Eher zur letzteren Fraktion gehörend, erwartet man also nichts anderes, als eine gehörige Portion Fremdscham - und wird zum eigenen Entsetzen mehr als positiv überrascht. Denn: im Gegensatz zur Musik selber kann es über die Livedarbietung keine zwei Meinungen geben. Chris Bay ist ein Frontmann, der nicht nur das Publikum fest im Griff hat (auch wenn seine Ansagen mehr als einmal zur Facepalm verleiten), sondern auch eine tadellose Gesangsperformance hinlegt. Darüberhinaus ist die Band perfekt aufeinander eingespielt und bietet den zumeist flotten Melodic Metal ziemlich tight dar. Und hier sitzen auch alle Backing Vocals nicht nur nahezu perfekt, sondern sind auch noch richtig gut zu hören. Und so muss man einfach zugeben, dass man diese Art von Musik wirklich nicht besser spielen kann, als es FREEDOM CALL tun und weshalb sie ganz klar als Gewinner aus diesem Abend herausgehen. Dass das Publikum dementsprechend steil geht, ist nicht weiter verwunderlich. Und so steht man da und ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, zur Theke zu gehen und sich Bier zum Schönsaufen zu holen und der Verwunderung darüber, dass man irgendwie doch Spaß an der Sache hat. Von den acht Songs kommen gleich fünf von den Alben "Crystal Empire" (2001) und "Eternity" (2002), vom aktuellen Longplayer werden das furchtbar peinliche "Rockstars (inklusive der Ansage, dass Chris geträumt habe, er wäre Rockstar und alle weiblichen Besucherinnen kämen nach vorne und zeigten ihm ihre "Boobies") und die Happy-Metal-Hymne "Power & Glory" (inklusive Mitsingspielerei) gezockt, außerdem kommt "Tears Of Babylon" vom 2010er-Album "Legend Of The Shadowking" zum Zuge.

Was macht man, wenn sich der zweite Gitarrist an der Hand verletzt hat und eine Tour nicht mitfahren kann? Man besorgt Ersatz. Normalerweise. Nicht so LUCA TURILLI'S RHAPSODY - die lassen die entsprechenden Gitarrenparts einfach vom Band laufen, wodurch man sich jeglicher Spontanität von vorne herein beraubt. Andererseits ist die Show der Italiener so durchgestylt, dass für ungeplante Ereignisse eh kein Platz wäre und da heute Abend eh so einiges vom Band kommt, fällt das Fehlen der zweiten "echten" Gitarre auch nicht weiter ins Gewicht. Zurück zur Frage am Anfang, ob der magere Zuschauerzuspruch an der Bandzusammenstellung liegen mag - dass die Reihen bei RHAPSODY im Vergleich zu den beiden Vorbands sichtbar gelichtet sind, mag hier eine Antwort sein. Die Band jedenfalls gibt sich Mühe, den Zuschauern etwas zu Luca Turilli's Rhapsodybieten und so kann man nicht nur Videoprojektionen bestaunen, sondern auch Glitzergeflitter, das auf die Bühne regnet (oder war es doch Kunstschnee?), eine Tänzerin, die zwischen zwei Songs Ausdrucksgehopse mit beleuchteten Engelsflügeln darbietet, Schlagzeug- und Bass-Soli sowie diverse Gesangsduette von Frontmann Alessandro Conti und Sängerin Sassy Bernert im Galadriel-Look. Dazu hüpft und springt Gitarrist Luca Turilli auf reichlich seltsam anzusehende Art und Weise über die Bühne. Er windet sich, als ob er Läuse hat und die unbedingt abschütteln will, beschreibt es ein Kumpel überaus zutreffend. In Summe ist das in Kombination mit den symphonischen Kompositionen jedoch ein bisschen zuviel des Guten - Stichwort Reizüberflutung. Positiv ist jedoch die Performance von Frontmann Alessandro Conti zu werten. Nach Aussage der weiblichen Begleitung sieht er nicht nur besser aus, als Fabio Lione, sondern steht diesem auch stimmlich in nichts nach. Zudem wirkt seine Bühneshow nicht ganz so aufgeplustert, wie der Rest. Die Setlist besteht zu je gut einem Drittel aus Songs von LUCA TURILLI'S RHAPSODY, RHAPSODY (OF FIRE) und aus Lucas Soloalben, wobei aus Sicht des Rezensenten das nach dem Intro gespielte "Riding The Winds Of Eternity", "The Village Of Dwarves", "Forest Of Unicorns", "The Ancient Forest Of Elves", "Dawn Of Victory", das den Hauptteil beendet sowie die beiden Zugaben "Emerald Sword" (Genreklassiker!) sowie "Warrior Of Ice" die Höhepunkte darstellen - wohlgemerkt alles Stücke aus den Jahren 1997 bis 2000. Das mag man engstirnig finden, aber die Tatsache, dass ein gut besuchtes Konzert anders aussieht und dass einige Leute eher wegen der Vorbands da waren, zeigt, dass zumindest diese RHAPSODY-Inkarnation ihre beste Zeit hinter sich hat.

Andreas Schulz (Info)

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Live-Fotos

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