BETH HART LANXESS ARENA KÖLN 2024 - LANXESS ARENA KÖLN - 18.11.2024

„You Still Got Me“ ist nicht nur der namensgebende Titel ihres im Oktober erschienenen, aktuellen Albums, (Review hier), sondern quasi das Motto des Abends in der Lanxess Arena zu Köln, die der Göttin des Bluesrock zu Füßen liegt. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die niemanden im Publikum kalt lässt. Doch der Reihe nach...

Spätesten seit ihrem Opus „37 Days“, das, wie es der Name bereits klarmacht, in nur 37 Tagen eingespielt wurde, gilt BETH HART als Göttin des Bluesrock, den sie wie niemand sonst insbesondere live zu zelebrieren im Stande ist. An diesem Abend gastiert die gebürtige Kalifornierin in der Lanxess Arena Köln, die aufgrund der Bestuhlung 4000 Plätze aufweist, die schon weit im Vorfeld des Konzerts vergeben waren. Das Warm-Up gestaltet Blues Rock-Urgestein WALTER TROUT, der lange Jahre Teil der JOHN MAYALL´S BLUESBREAKERS war und ganz nebenbei auch mit CANNED HEAT Musikgeschichte geschrieben hat. Der mittlerweile 73-Jährige zeigt sich bestens in Form und unterhält die Arena mit groovenden Blues-Rock-Nummern der Extraklasse. Emotional wird Trout, als er „Say Goodbye To The Blues“ dem am 22. Juli 2024 verstorbenen John Mayall widmet, den er als seinen Freund schmerzlich vermisst. Mit dem abschließenden „Wanna Dance“ beendet Trout ein tolles Warmlaufen und verabschiedet sich vom Kölner Publikum.

Kurz darauf ist die Bühne für den Star des Abends bereitet: BETH HART startet die Show nach dem vom Band eingespielten MOTÖRHEAD-Klassiker „Ace Of Spades“ vom Mischpult aus, während ihre Band die Bühne zunächst für sich allein hat. Es dauert eine ganze Weile, bis das Publikum die Amerikanerin,  die von ihrem Ehemann Scott als Bodyguard abgeschirmt wird, in der Halle ortet. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Blues-Ikone die Show auf diese Art und Weise startet, „Broken And Ugly“ steht hier für eine Phase ihres Lebens, die nicht unbedingt Glanzzeiten beinhaltete, hier aber in aller Eindringlichkeit thematisiert und verarbeitet wird. Auf der Bühne angekommen, folgt mit „Bad Woman Blues“ die augenzwinkernde Visitenkarte, mit der sich Beth Hart als Femme fatale, als „queen of pain“ outet.

Somit ist das Motto des Abends plakatiert und wer über die Vergangenheit der Musikerin informiert ist, weiß augenblicklich, dass hier jemand auf der Bühne steht, der seine Authentizität bis zur Schmerzgrenze kultiviert hat. In ihren Songs kommen innere Zerrissenheit und Selbstzweifel zum Ausdruck, daneben gibt es Songs, die die Erfolge als Musikerin reflektieren, die sich das Business hat zunutze gemacht, gleichwohl aber auch dessen Gefangene ist, ein Ansatz, der auch im anschließenden „Delicious Surprise“ zum Ausdruck kommt, in der Beth Hart in Gedanken die Auswirkungen eines Lottogewinns oder ein Leben als Filmdiva durchspielt, die Textzeile „they´d call me an icon and I´d be looking back at you from the PEOPLE-Magazine“ bedarf keiner weiteren Interpretation, denn: „it´s all there for the taking“ - man muss es sich nur nehmen - und während Beth Hart den Sing-Along-Part gegen Ende des Songs kniend absolviert, zeigt die großartig aufspielende Band, wie Blues-Rock im Jahr 2024 klingen sollte.

Nach diesem ersten Ausrufezeichen geht es mit „If I Tell You I Love You“ einem MELODY GARDOT-Cover, etwas dezenter weiter, das Beth Hart von ihrer lasziv-bluesigen Seite zeigt, während bei „Sugar N My Bowl“ das Tempo wieder deutlich anzieht, bevor mit „Swing My Thing Back Around“ eine klassische Swing-Nummer die Halle in kollektiven Groove versetzt. Zu den intensivsten Momenten gehören Songs wie „Mechanical Heart“, der Beth Harts Ehemann Scott gewidmet ist, oder das eindringliche „Savior With A Razor“, das Beth Hart zusammen mit ihrem langjährigen Co-Songwriter Rune Westberg geschrieben hat, der, wie es Beth Hart in der Anmoderation des Songs preisgibt, ähnliche phychische Probleme hat wie sie selbst. Der Ansatz, die schlechten Angewohnheiten, oder die „Dunkelheit“ wie sie es ausdrückt, nur hart genug bekämpfen zu müssen, sich selbst als „shit“ zu bezeichnen, führt nicht zum Ziel, sondern ist die Wurzel allen Übels, die zur Selbstzerstörung führt. Der Kampf gegen den Teufel in ihrem Inneren geht weiter, aber nicht ohne eine gehörige Portion Selbstachtung.

Ganz nebenbei gibt es fantastische Showeinlagen der Band zu bewundern, exemplarisch sei hier „Sugar Shack“ genannt, das mit Gitarrenintro und Schlagzeugsolo glänzen kann. Nach „Wonderful World“ folgt das große Finale mit dem LED ZEPPELIN-Klassiker „Whole Lotta Love“, der perfekte Abschluss eines grandiosen Konzertabends, der nach mehr als zwei Stunden mit stehenden Ovationen gebührend ausklingt. Im kommenden Jahr wird BETH HART weitere Konzerte in Deutschland spielen. Bisher stehen mit Meersburg (29.06.2025), Frankfurt (02.07.2025) und Ausgsburg (18.07.2025) drei Termine fest. Unsere Empfehlung: hingehen, es lohnt sich.