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Interview mit Kamchatka (19.05.2015)
Thomas Juneor Andersson ist Musiker durch und durch. Er spielt lieber Gitarre, als dass er darüber redet. Dennoch ist er gut gelaunt und verhältnismäßig auskunftsfreudig, als sich die Möglichkeit ergibt, die Vorzüge und Risiken des neuen KAMCHATKA Albums "The Long Road Made Of Gold" zu erörtern.
Gestern habe ich versucht, beim Autofahren Luftgitarre und -schlagzeug zu spielen, und daran seid Ihr schuld! Warum habt Ihr so ein gefährlich grooviges Album aufgenommen?
Das Album solltest du dann besser nicht im Auto hören, haha! Also mir gefällt es, dass der Groove offenbar so gut rüberkommt, aber fahr verdammt noch mal rechts ran, wenn du mitspielen möchtest!
Es war eine spontane Eingebung...
Grundsätzlich freut mich das, denn wir haben so viele verschiedene Einflüsse, und es scheint uns gelungen zu sein, diese zu etwas Mitreißendem zu verbinden.
Noch vor einer Weile hast Du in einem anderen Interview angemerkt, wie frustrierend es sein kann, ein vernünftiges Label zu finden – die Freude an der Musik habt Ihr Euch aber nicht rauben lassen...?
Wir hatten bereits mit so einigen Labeln zu tun, und das kann frustrierend sein. Umso wichtiger ist es, die Musik aus diesem Geschäftskram komplett rauszuhalten, damit sie nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Musik ist und bleibt das Wichtigste für uns, und wir haben keine Lust, uns den Spaß daran verderben zu lassen.
Auf Eurem neuen Album reiht Ihr recht unterschiedliche Songs aneinander, die allesamt locker flockig ins Ohr gehen. Mir kommt es so vor, als hättet Ihr mit "Long Road Made Of Gold" Euer bislang eingängigstes Album aufgenommen.
Ich halte die neuen Songs auch für ziemlich leicht nachvollziehbar. Ich kann kaum leugnen, dass Jam Parts oder progressive Abschnitte auch ihren Reiz haben, doch diesmal wollten wir ein Album aufnehmen, das sich den Hörern direkt erschließt. Insofern freut mich deine Wahrnehmung, denn wir wollten genau das erreichen: Platte auflegen – und gut fühlen!
Zudem hört es sich so an, als ob Per Wiberg (Bass und Gesang) endgültig eine Heimat in KAMCHATKA gefunden hat. Ihr klingt verdammt tight.
Im Vergleich mit unserem vorigen Album "The Search Goes On" entdecke ich da auch einige gehörige Unterschiede. Wir sind in der Tat zusammengewachsen, nicht zuletzt, weil wir einige Touren zusammen abgerissen haben. Anfangs war es für ihn ungewohnt, den Bass zu spielen, doch wie du bereits gesagt hast, fühlt er sich bei uns mittlerweile zuhause, und wir sind froh, dass er in KAMCHATKA dabei ist. Zudem hat Per für das neue Album vier Songs selbst geschrieben.
Beim Song "Human Dynamo" habe ich mich tatsächlich gefragt, ob da Pers Einflüsse durchschimmern, denn der Song klingt ziemlich stark nach den SPIRITUAL BEGGARS...
Das war auch genau meine Wahrnehmung, als es uns das Lied zum ersten Mal vorspielte. Es ist ein typischer Per-Wiberg-Song, und ich kann das beurteilen, denn ich habe bereits 1993 begonnen, mit ihm zusammen Musik zu spielen. Als er dann bei OPETH und den SPIRITUAL BEGGARS mitspielte, habe ich seinen Stil in diesen verschiedenen Umgebungen immer herausgehört und habe verfolgt, was er so treibt. Und natürlich verhält es sich bei KAMCHATKA nicht anders: wenn Per einen Song schreibt, dann klingt es nach ihm, dann scheint sein Charakter durch, ähnlich wie bei den SPIRITUAL BEGGARS.
Nicht dass Ihr vorher schlecht besetzt ward, doch mit Per habt ihr noch mal an Musikalität hinzugewonnen.
Deshalb wollten wir auch beim vorigen Album, dass er die Produktion regelt. Das war sein Job, bevor er den Bass übernommen hat. Als er sich auch noch dazu entschied, voll in die Band einzusteigen, waren wir super glücklich. Per bringt einfach unheimlich viel Erfahrung mit und er weiß, wie man neue Einflüsse integrieren kann. Mit ihm haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Und auch für Abwechslung beim Gesang gesorgt, wenn ich mir "Slowly Drifting Away" anhöre...
Ja genau, Per singt bei zwei Liedern, was mich sehr freut.
Mit einem Produzenten wie Rus Russel in der Hinterhand seid Ihr ebenfalls auf einer goldenen Straße unterwegs...
Es ist super cool, dass Rus Russel das Abmischen und Mastern übernehmen wollte. Wir haben ihm freie Hand gelassen, in der Hoffnung, dass er uns vom Klang her ebenfalls nach vorne bringt. Wenn man es geschickt anstellt, kann man unserer Musik ganz unterschiedliche Facetten abgewinnen, und meinem Empfinden nach ist Rus genau das gelungen. Unser Album klingt nicht wie von vorgestern, sondern es klingt frisch und knackig nach heute.
Die Cover Artworks von Per sind für KAMCHATKA mittlerweile zu einem Markenzeichen geworden, denn sie haben einen ähnlichen Wiedererkennungswert wie die Cover von Iron Maiden oder Motörhead. Sie vermitteln ein Gefühl von Freiheit und davon, den Alltag zurückzulassen. Ist das für Euch ein Leitmotiv in KAMCHATKA?
Ja, Pers Cover haben ganz sicher einen Wiedererkennungswert, und irgendwie geht es immer darum, etwas hinter sich zu lassen, zu neuen Ufern aufzubrechen und auf Reisen zu gehen. Wohin die Reise noch führen mag... wer weiß das schon? Pers Bilder vermitteln eine Ahnung davon, dass das Leben reicher sein kann, als wir es uns für gewöhnlich ausmalen. Auch bei "The Long Road Made Of Gold" geht es um eine lange Reise, wobei wir mit Gold die Musik bezeichnen, die wir schreiben und spielen. Das spannende daran ist ja auch, dass man nie weiß, wo das Gold liegt und wo man mit seiner Musik landet, haha! Das Schöne an Pers Covern ist zudem, dass sie viele verschiedene Blickwinkel ermöglichen und jeder etwas anderes darin finden kann.
Womit habt Ihr die Pferde für das Photo-Shooting für das Cover bestochen?
Oh, das waren ganz zahme und liebe Tiere, die gut erzogen waren, darum hat es ganz gut mit uns funktioniert.
Ich habe Euch bislang zweimal live gesehen und kann Dir ganz ehrlich sagen, dass Eure Bühnenpräsenz im Vergleich mit den Studioalben eine ganz andere Geschichte ist. Habt Ihr mal darüber nachgedacht, diese Energie Eurer Konzerte mit einem zünftigen Live Album zu dokumentieren?
Wir haben uns schon häufiger darüber unterhalten und die Idee steht auf unserer Agenda, doch wir haben noch keinen festen Plan. Es mag sein, dass wir ein Live Album nächstes Jahr aufnehmen, vielleicht auch als DVD veröffentlichen, mal schauen...
Dann möchte ich Euch das Freak Valley Festival nahelegen, denn da sind bereits ein paar Live Alben entstanden. Bist Du mit dem Festival vertraut?
Ich war noch nicht dort, aber ich bin mit einigen Leuten deswegen in Kontakt, und ich glaube, dass Blues Pills letztes Jahr dort ein Live Album aufgenommen haben, richtig? Ich freue mich jedenfalls sehr darauf, dort zu spielen, und vielleicht hast du Recht und wir sollten ein paar Aufnahmegeräte am Start haben.
Kannst Du Dich mit einem Freak im positiven Sinne identifizieren?
Ja. (lacht) Ich glaube, viele Leute, die Musik spielen, können als Freaks im positiven Sinne bezeichnet werden. Ich habe mit sechs, sieben Jahren begonnen, Blues Gitarre zu spielen – irgendwas kann doch nicht so ganz richtig stimmen, wenn man die ganze Zeit nichts anderes macht.
Vielleicht ist es etwas nicht ganz in Ordnung oder Du hast einfach Deine Bestimmung entdeckt.
Das kann natürlich sein. Ich habe "meinen" Sound ganz früh im Leben gefunden, und seitdem erforsche ich ihn immer weiter und weiter.
Gibt es auf "The Long Road Made Of Gold" eigentlich einen roten Faden?
Es gibt kein Konzept hinter der Platte. Ich hatte Per und Tobias anfangs erklärt, dass mir ein eingängiges Album vorschwebt. Es handelt sich insofern um eine lockere Scheibe, die nicht großartig durchdacht ist, sondern den Hörer direkt anspricht.
Und welches Gold können die Hörer auf dem Album finden?
Für mich besteht das Gold darin, dass sich in relativ kurzer Zeit viel Classic Rock, Blues und Early Hard Rock finden lässt. Egal ob man Metal, Rock oder Stoner Rock hört: In unserer Musik ist für jeden etwas dabei.
Das gereicht Euch zum Vor- wie zum Nachteil, denn Ihr seid zwar für viele theoretisch spannend, allerdings ist es nicht ganz einfach, Euch praktisch unter all der heutigen Konkurrenz zu finden...
Da hast du Recht, es mag ein Nachteil sein, sich in verschiedenen Genres zu bedienen und sich nicht so einfach einordnen zu lassen. Bei unseren ersten vier Alben war das noch einfacher als bei unseren letzten zwei. Dennoch können wir ja nur das machen, was uns entspricht, sonst wären wir ja nicht mehr wir selbst.
Eure Authentizität spricht für sich selbst. Dabei fällt mir ein: Beruht der Song "Broken Man" auf dem "The Search Goes On" Album auf Deinen persönlichen Erlebnissen mit anderen Menschen?
Ja, absolut, "The Search Goes On" ist bis heute das für mich persönlichste Album in punkto Texten und Musik, und es beinhaltet viele Themen, die mich auf meinem Lebensweg beschäftigt haben und mit einigen davon musste ich ringen. Es ist also wirklich persönlich und für mich sehr wichtig. Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit bekam, darüber zu schreiben und es musikalisch aufzuarbeiten. Das hat mir zweifelsohne geholfen, besser damit umzugehen.
Letzte Frage: seid Ihr im Hinblick auf das Freak Valley Festival mit den Dilldappen vertraut?
Ich weiß nur, dass es sich um ein besonderes Festival mit einer ganz eigenen und friedlichen Atmosphäre handeln soll...
Es findet in schöner Umgebung statt und die Atmosphäre ist in der Tat eigen, doch im Siegerland gibt es auch die Dilldappen – das sind rund 40 cm große Koboldwesen, die der Sage nach den Bauern die Kartoffeln klauen. Ich bin mir nicht sicher, ob die seit 2012 nicht einmal im Jahr auch backstage Bier verschwinden lassen...
Haha, verdammt, das hört sich so an, als sollten wir unser Bier gut wegschließen, oder? Wir freuen uns darauf, und wir freuen uns, wieder auf Tour zu gehen! Grüße an die Leser und hört einfach mal in "The Long Road Made Of Gold" rein – vielleicht wollt Ihr uns ja ein bisschen auf unserer Reise begleiten!