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Interview mit Helen Money (19.02.2013)

Helen Money

Alison Chelsey, eine der interessantesten Musikerinnen, die gerade zumindest in Nordamerika etwas breitere Aufmerksamkeit erfahren, zeigt sich im Interview exzentrisch wie bescheiden. Dies entspricht dem, was sie mit ihrem Cello beim Hörer auslöst: Gefühle von Vertrautheit wie Befremden gleichermaßen ...(Foto: Jason Roeder)

Wann hast du beschlossen Musik machen zu wollen, und warum ausgerechnet mit einem Cello?

Ich begann mit acht Jahren im Rahmen eines Programms der Grundschulen in Los Angeles. Ob meine Mutter das Cello wählte oder ich selbst, weiß ich gar nicht mehr, aber ich fand das Instrument von Anfang an sehr spannend. Ich konnte kaum erwarten, meinen Eltern die einzelnen Teile zu beschreiben: "Hey Mom, das ist die Schnecke!"

Gab es irgendwann einen Punkt, an dem du dir sagtest: Ich will die Konventionen brechen, mit denen man dieses Instrument verbindet?

Bewusst sicherlich nicht; es geschah von selbst.  Ich stand mitten im Studium an der Northwestern University von Illinois als ich Jason Narducy kennenlernte, mit dem ich dann so etwas wie Punk im Duo spielte: Cello, Gitarre und Gesang in Anlehnung an Bob Moulds Musik. Wir ergänzten uns sehr gut, weil wir musikalisch auf einer Wellenlänge lagen, aber obwohl es sich natürlich anfühlte, musste ich eine endgültige Entscheidung treffen, um diesen Weg weiter zu beschreiten. Ich war drauf und dran, eine Doktorenlaufbahn einzuschlagen, als Bob Mould fragte, ob wir mit ihm touren und aufnehmen wollten. Diese Gelegenheit hätte ich nie wieder erhalten. Während wir das also anpackten, schrieben Jason und ich weiter unsere eigene Musik. Ich passte mein Spiel weiter der Rockmusik an und arbeitete viel mit Pedalen. Es war aufregend wie lohnenswert, dieses Wagnis einzugehen.

Wie kommst du auf die Titel deiner Stücke?

Sie stehen an letzter Stelle, wenn alles andere fertig ist, weil ich mich schwer damit tue. Es fühlt sich an, als müsste ich noch einmal in Worte fassen, was ich ohnehin schon mit der Musik gesagt habe.

Wie viel deiner Musik ist improvisiert, wie viel komponiert?

Ich würde sagen, alles wurde komponiert, aber ich schreibe keine Noten auf. Die Stücke sind von vorne bis hinten durchdacht. Ich halte viel von Strukturen und einer konkreten Aussage, würde aber andererseits auch gerne mehr improvisieren, bloß bietet sich das bei meiner eigenen Musik selten an.

Kannst du dir vorstellen, je ein konventionelles Song-Album mit Sängern aufzunehmen?

Nein, eigentlich nicht. Würde ich mit Stimmen arbeiten, ginge es mir vornehmlich um deren Klang, zumal ich kein Mensch vieler Worte bin, sondern ein Sound-Typ, um es so auszudrücken. Dennoch habe ich Hochachtung vor Singer-Songwritern und Dichtern. Musik ohne Worte ist für mich auch nicht unvollständig, und genaugenommen kommt ein Großteil der besten Musik überhaupt ohne Gesang aus. Warum sollte man sich nicht etwas vom Klang selbst erzählen lassen?

Wie entscheidest du, ob du mit jemandem zusammenarbeitest oder nicht? In der Vergangenheit hast du viele unterschiedliche Projekte unterhalten.

Ich würde in Zukunft gerne selbst den Impuls geben, nachdem bis dato meistens andere auf mich zukamen. Dann sollten die betreffenden Künstler auch von der gleichen Baustelle wie ich kommen: ernste Musik, nicht unbedingt finster, aber auf Sounds beruhend und viel aussagend mit wenigen Elementen. 

Warum der Name Helen Money?

Ich wollte unabhängig von meinem tatsächlichen Namen sein, sodass die Musik, welche darunter fällt, offen bleibt.

Wie nehmen dich die eher akademischen Musiker wahr, mit denen du sicherlich noch Kontakte pflegst?

Keine Ahnung, denn das ist eigentlich nicht meine Welt. Ich bin viel zu sehr darauf bedacht, mir ein eigenes Publikum zu erarbeiten, und möchte mich mit Menschen kurzschließen, die mir ähnlich sind. Klassisch ausgebildete Musiker gehören dazu nicht.

Siehst du dich immer noch Beschränkungen ausgesetzt, wenn es zur Umsetzung deiner musikalischen Ideen kommt? Ich meine hinsichtlich der Technik, aber auch der Spielweise des Cellos.

Einzig meine eigenen Fähigkeiten sind limitiert, aber das Instrument selbst ist es nicht. Ich würde gerne düster minimalistische Stücke ohne Pedale schreiben können. Diesem Wunsch ist wahrscheinlich der Anfang des Titelstücks meines aktuellen Albums geschuldet: rein akustisches Cello, ungemein verstörend. Es ist schwierig, etwas Ausdrucksvolles aus einem Motiv zu erschaffen.

Woher rührt dein Kontakt mit der Metal-Szene eigentlich?

Die Szene hat mich wohl einfach entdeckt, was mit dem Umfeld des Empty Bottle in Chicago zusammenhängt. Dort unterstützte man mich von jeher, und ich lernte viele echte Musik-Fanatiker kennen. Diese Gruppe ist sehr positiv ausgerichtet und macht sich Gedanken, weshalb ich mich geehrt fühle, dort Zuspruch zu finden. 

Wie geht es weiter mit dir? Hast du noch großes vor mit dem Cello, oder lässt du dich einfach treiben, wohin auch immer die Reise gehen mag?

Beides. Ich lasse alles offen, will stilistisch aber auch weiter in die Breite gehen und mehr Menschen an meiner Musik teilhaben lassen, ohne sie aber zu verwässern. So viele Hörer wie möglich sollen von mir erfahren, denn mein Zeug kann jedem gefallen. Das weiß ich, nachdem ich festgestellt habe, wie unterschiedlich meine Fans sind. Das muss am Cello selbst liegen, das dich mitten ins Herz trifft. Genau dies liebe ich so sehr daran!

Vielen Dank für deine Zeit, Alison!

Andreas Schiffmann (Info)
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