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Interview mit Cumulo Nimbus (03.11.2009)
Renaissancemusik und Metal, wie passt das zusammen? Zwei Welten, wie sie verschiedener nicht sein können, mag man meinen. Doch die Gruppe CUMULO NIMBUS belehrt uns eines Besseren. Warum dies perfekt zusammenpasst, was die Band grade zu diesem Musikstil brachte und was den Fans und Gönnern von CUMULO NIMBUS alles in Zukunft erwarten kann, erzählten uns Mathis Manjolin (Sänger, Gitarrist) und Erik der Müllermeister (Gitarrist) .
Ihr habt euch Cumulo Nimbus (Gewitterwolke) genannt, wie kam es zu dem Namen und was steckt dahinter?
Erik, unser Gitarrist, wollte schon immer als Naturwissenschaftler in der Meteorologie glänzen, verfing sich aber im Laufe seiner Berufswahl zwischen sechs Saiten und blieb darin hängen. Er hatte die Idee, mit dem Namen und der trifft, wie ich finde, in der Musikbeschreibung den Nagel auf den Kopf: Die donnernde Gewalt der Rhythmusfraktion aus Schlagzeug, Bass und zwei E-Gitarren und das sanfte Perlen und Plätschern der Melodieinstrumente wie Blockflöten und Violine vereint in einem musikalisch-wuchtigen Naturschauspiel. So soll das Firmament jederzeit für uns kostenlos Werbung machen!
Auf dem aktuellen Album „Totensonntag“ beschäftigt ihr euch vorwiegend mit dem Thema Tod. Was war die Inspiration gerade zu einem so trauerbehafteten Thema?
Das Thema Tod ist eines der großen Rätsel der Menschheit, die auch auf ewig ungelöst bleiben werden. Das hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Natürlich klingt der Begriff „Totensonntag“ im ersten Moment morbide und trauerschwanger, doch er hat auch etwas Feierliches an sich. Meiner Meinung nach ist der Tod nicht das Ende des Lebens, sondern nur ein Übergang in eine andere Daseinsform. So erleben es auch die in unseren Liedern beschriebenen Charaktere: In „Knochenmann“ erlebt die scheinbar heilige Reliquie die beste Zeit ihres „Lebens“ beim Tanz auf dem Altar und auch in „Stadt unter Wasser“ gleicht das Sterben im Freitod einer Erlösung. Offen bleibt immer das „wohin“.
Die ersten beiden Alben von Cumulo Nimbus habt ihr noch in Eigenregie vertrieben, wie kam es zur Zusammenarbeit mit Black Bards?
Nachdem wir im Frühjahr 2007 das zweite Studioalbum „Stunde der Wahrheit“ veröffentlicht hatten, bemerkten wir, dass wir trotz großen Anstrengungen bekanntheitstechnisch leider auf der Stelle traten. Wir haben bei verschiedenen Plattenfirmen angerufen, ob sie dieses Werk in einem Bandübernahme-Vertrag nehmen würden, aber es fand sich kein passendes Label oder es war, nachdem das Album schon komplett fertig war, einfach zu spät. Zu Beginn des Jahres 2009 hat mich dann Dirk Zimmermann von den Black Bards aufs gerate Wohl angerufen und mir eine Zusammenarbeit vorgeschlagen. Da war für uns klar, dass wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen sollten, da die ganze Arbeit kaum für die Band zu bewältigen war.
Ihr verwendet in euren Songs einige „Mittelalter-Instrumente“, im Gegensatz zu Bands wie Subway to Sally oder Schandmaul bezeichnet ihr euren Stil als „Renaissance-Metal“. Was genau ist der Unterschied?
Das hat sowohl etwas mit den historischen Instrumenten, als auch mit dem Arrangement und der Melodieführung der Lieder zu tun. Erst in der Renaissance erlebte die musikalische Mehrstimmigkeit ihre Blüte. Es entstanden neuartige Instrumente, die ganz eigene Familien hervorbrachten, wie z.B. die Blockflöte oder Streichinstrumente, wie die Viola da Gamba und unter anderem auch die Renaissance-Laute, wie sie sowohl Erik der Müllermeister, als auch Ingo Hampf von Subway spielt. Für uns hat der Begriff „Renaissance-Metal“ eine doppeldeutige Aussage. Einerseits verkörpert er die mehrstimmige Musik der Renaissance auf deren Grundlage wir unsere Arrangements aufbauen, auf der anderen Seite stellt das Wort Renaissance die Wiedergeburt des Heavy Metals der 80er Jahre dar, mit zwei holzenden E-Gitarren, drückendem Bass und berstendem Schlagwerk.
Ist es für euch eher Segen oder Fluch mit eben solchen Bands verglichen zu werden?
Natürlich ehrt uns der Vergleich, einen musikalisch ebenbürtigen Sound wie Subway to Sally oder Schandmaul zu fahren. Es gibt ja unleugbare Parallelen in der Besetzung mit Blockflöten und Geige, die bei uns die Maiden spielen, was des Öfteren zu Vergleichen mit Schandmaul führt, oder der Gesang von Frontmann Mathis, der auf dem aktuellen Album mit dem Gesang von Eric Fish verglichen wird. Das Konzept ist jedoch sehr unterschiedlich: Schandmaul machen Folkrock mit mittelalterlich angehauchten, märchenhaften Texten. Wir hingegen praktizieren Renaissance-Metal und fahren mit zwei E-Gitarren einen, wie ich denke, härteren Sound. Dann passt noch eher der Vergleich mit Subway to Sally. Doch am meisten freut uns immer wieder die Aussage der Presse, dass wir einen ganz eigenständigen Sound und Stil haben: Eben Renaissance-Metal!
Woher kommt eure Inspiration zu den Songs, die ihr schreibt?
Die Texte ranken sich oft um ein Schlagwort, das ich dann zu einem Text aufbaue. Die Entstehung des Textes, im Besonderen aber vor allem das Metrum der Verse geht Hand in Hand mit der Geburt des Rhythmus eines jeden Songs. Angelehnt an die lyrischen Naturbeschreibungen der Romantik ziehe auch ich einen Großteil der Inspiration aus der Natur, da diese Schilderungen eine ganz eigene Kulisse und Stimmung verbreiten, vor der sich dann die Handlung abspielen kann.
Was hat euch bewogen, gerade diesen musikalischen Weg zu gehen?
Diese Musik ist für mich ungeheuer abwechslungsreich. Sie birgt viele Möglichkeiten, alte und moderne Klangbilder zu verbinden. Da kann das Ganze nach brachialem Metal-Brett klingen oder eher jazzig angehaucht mit Non-Akkorden. Für lyrische Texte birgt diese Musik ebenfalls reichhaltigste Quellen, die wiederum lautmalerisch von den historischen Instrumenten sowie durch abgefahrene Bühnenshows unterstrichen werden können. Langweilig wird es da uns und auch dem Zuhörer nie werden.
Ab Ende Oktober kann man euch wieder live sehen, was erwartet den Konzertbesucher?
Wahrlich viel neues Liedgut und eine dazugehörig komplett neue Show mit neuem Bühnenbild und neuem Outfit. „Totensonntag“ ist natürlich Programm und passt wunderbar in die herbstlich-gruselige Zeit um Halloween. Wir freuen uns schon darauf, mit dem Publikum gediegen abzufeiern. Zur CD-Release werden wir auch schweren Herzens Abschied von unserem langjährigen Drummer Pat Houdt nehmen, der aus zeitlichen Gründen die Combo verlassen hat. Das wäre dann der „Trauer-part“ im Set. Für den Gig in Memmingen, der am Vorabend zum Totensonntag am 21. November stattfindet, haben wir uns natürlich etwas ganz besonderes einfallen lassen. Lasst euch überraschen!
Welche Musik hat euch, bzw. den musikalischen Weg von Cumulo Nimbus beeinflusst?
Bei sechs Leuten in der Band ist es da schwierig eine Aussage zu treffen. Jeder hat da so seine Vorbilder und ist ja auch Meister seines eigenen Instruments. Bei den Mädels liegt da der Schwerpunkt eher auf der klassischen Linie, bei Erik ist es unter anderem Gary Moore in seiner frühen Schaffensperiode oder der alte John Dowland. Bei mir sind es neben der Renaissancemusik auch Gestalten wie King Diamond, Yngwie Malmsteen oder auch Sting.
Wenn ihr eine Live-Band aus bekannten Musikern kreieren könntet (Lebende oder Tote), wie würde eure Mischung aussehen?
Das würde ja der Adams Family gleich kommen! Soll das ganze denn funktionieren? Ich würde die Sache sehr experimentell gestalten: Ich hätte mal gern Freddie Mercury an der Gitarre und Jimi Hendrix am Schlagzeug! Wenn Sting dabei wäre, dann würde ich selbst gerne mitspielen. Ach ja, dann fehlen bloß noch ein paar Mädels auf der Bühne: Tina Turner an den Sackpfeifen, aber bitte 40 Jahre jünger und Marlene Dietrich (egal was die spielt, Hauptsache sie sieht gut aus!)
Und Ozzy Osbourne mischt das Ganze!
Wo seht ihr Cumulo Nimbus in 2 Jahren, was sind eure Wünsche?
Viele Wünsche haben sich für uns ja schon erfüllt: Z.B. den Kulturförderpreis unseres Heimatlandkreises zu gewinnen oder auf dem 20. Anniversary von Wacken zu spielen. In erster Linie wünsche ich uns viel positive Resonanz auf unsere Musik und das neue Album, so dass unser Bekanntheitsgrad rapide steigt und wir möglichst viele Festivals beschallen können. Und natürlich wünsche ich mir in Zukunft genauso geile musikalische, sowie lyrische Ideen wie für das aktuelle Album, nicht zu vergessen das ganze Geld zu bekommen, das uns die GEMA noch schuldet....
Ich gehe davon aus, dass ihr eine Art Faszination für die Renaissance-Musik teilt. Beschäftigt ihr euch, abseits von der Musik auch mit dieser Epoche?
Nun gut, einige Bücher über die Renaissance hat der Großteil der Band schon gelesen. Letztens hat man uns auch bei einer Buchlesung über die Fugger zu Augsburg eingeladen. Dass ich mich überdurchschnittlich mit der Epoche der Renaissance beschäftigt habe, könnte ich aber nicht behaupten. Wenn mich ein Thema hieraus interessiert, dann beschäftige ich mich damit, ansonsten: Leave it!
Im Opener zu eurem aktuellen Album „Totensonntag“ verwendet ihr ein Stück von einem der größten klassischen Musiker des Barock, Johann Sebastian Bach. Warum gerade Bach?
Mir gehen einige Werke Bachs seit Jahrzehnten nicht mehr aus dem Sinn, er hat sicher die Musik verfasst, die am wenigsten irgendwelchem Zeitgeist unterzuordnen ist. Wer seine Biographie etwas näher kennt, weiß, wie er permanent in seinem engsten Familienkreise mit dem Tod konfrontiert wurde: Vollwaise mit 10, kurz darauf verstarben sein älterer Bruder und sein Onkel, die ihn weiter aufzogen hatten, seine erste Frau erlebte nicht mal die 35 und von 20 Kindern starben 12 früh. Kein Wunder, dass bereits der Anfangsakkord der Sarabande, auf die ich mich hauptsächlich beziehe, so nach Friedhof klingt.
Den meisten dürfte „Toccata und Fuge“ von Bach ein Begriff sein. Habt ihr euch bewusst für ein anderes Stück entschieden?
Die Canzona von Purcel im Intro „Dämmerung“ unseres Albums taucht auch später im Titelsong wieder auf. Wir wollten die ersten paar Takte nochmals bringen, da sie ja in der typischen Tonart für Trauermärsche, in c-moll intoniert werden, was passender für den Kontext nicht gewesen wäre. Die Verschmelzung von Drop-C-Gitarren und Gambe mit Tenorflöte sind einfach göttlich. Lady Doro und Erik führten im Winter mit einem kleinen Ensemble die "Funeral Music for Queen Mary" in einer saukalten Kirche auf, als uns auffiel, wie treffend er den Klang vom Einklopfen der Sargnägel in diesem Stück vertont hatte. Treffender kann man die Arbeit eines Totengräbers nicht vertonen, oder?
Darf es denn in eurer Freizeit auch mal der Griff zu einer klassischen CD sein?
Klar! Inspirieren lasse ich mich da von vielen Musikströmungen. Ich bin ein absoluter Fan von John Williams, dem Gitarristen, der in genialer Arrangierkunst klassische Gitarre mit Streichern verbindet. Der „Mainstream-Klassik“ gehe ich dabei aber eher aus dem Weg.
Warum passen, eurer Meinung nach, Renaissance und Metal zusammen?
In der Renaissance änderte sich das Musikempfinden der Leute. Sexten und Terzen wurden als konsonant empfunden. Ohne diese Tatsache wäre das zweistimmige E-Gitarren-Solo-Genudel des Heavy Metal undenkbar.
Wie geht ihr mit dem alltäglichen Stress eines Musikers um? Was ist euer „Ruhepol“?
Seit wann brauchen Musiker Ruhe?
Vielen Dank für das Interview
Vielen Dank an unseren Gast-Rezensenten Michael Bredohl!