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Interview mit El Rojo (01.03.2013)

El Rojo

Wie in der Rezension angedeutet findet man nicht oft eine Rockband aus Mexiko, die es obendrein mit internationalen Konkurrenten aufnehmen kann. EL ROJO sind eine Ausnahmeerscheinung, was dies betrifft, und stellen sich kollektiv zum Beantworten unserer Fragen.

Stellt euch mal vor für alle, die nichts mit eurem Namen anfangen können.

EL ROJO sind die Cousins Diego, Yaxum und Bruno gemeinsam mit Aangel und Jorge. Wir kennen uns schon seit der Highschool und sind recht unterschiedliche Typen, die jedoch bestimmte Geschmäcker gemeinsam haben. Der eine fährt Skateboard, der andere ist ein Bücherwurm, der dritte kocht gerne und der nächste steht auf Videospiele sowie Sciencefiction, während der letzte starkes Interesse an Akustik und Aufnahmetechniken hat. Ohne Musik hätten wir vermutlich nie miteinander angebandelt und diese dicke Freundschaft geschlossen. Das macht diese Band zu etwas Besonderem: das Feeling beim Musikmachen und -hören lässt uns über das hinausgehen, was wir als einzelne Personen sind.

Wie muss man sich eine mexikanische Musikszene vorstellen? In Europa grassieren nach wie vor Stereotypen von einem Land voller Gangster und Drogenhändler ...

Beide sind auch allgegenwärtig; Mexiko Stadt wird von Korruption beherrscht, aber dies betrifft vornehmlich Menschen mit viel Geld und Macht. Unser Leben wird davon nicht direkt beeinträchtigt, und wir müssen uns im Alltag auch nicht fürchten, zumal wir uns nicht als Teil dieser verbrecherischen Welt sehen. Statt uns den Kopf über den Zustand unserer Umgebung zu zerbrechen, suchen wir unser Heil in der Musik. Leider läuft das Geschäft ganz ähnlich, wenn man es mit dem Staat vergleicht: Ohne Beziehungen und Kohle läuft nichts, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass du dich einer Szene anbiedern musst, um eine Chance zu erhalten. Die Kultur in Mexiko ist verdreckt. Die Medien diktieren, was gehört wird, wie es auch in anderen Ländern der Fall ist, indem sie einen vermeintlichen Hit durch stete Wiederholung auf allen Kanälen erzwingen.

Was ist der "Mantel von Graad"?

Das Stück wurde von H.P. Lovecraft inspiriert, aber der Hintergrund dazu ist ziemlich interessant: Wir haben dem Lovecraft-Kosmos eine weitere Dimension hinzugefügt und einen bösen Geist erdacht, dazu einen Namenlosen als Verteidiger dagegen. Er muss den Fluch brechen, der auf der Erde lastet, indem er Graad vernichtet. Im übertragenden Sinn geht es darum, bis zum bitteren Ende für etwas zu kämpfen.

Ist das "unsterbliche Tier" ein Symbol für nie versiegende Leidenschaft?

Der Ausdruck stammt aus einem Stück, das sich mit dem Schmerz beschäftigt, der einer intensiven Liebe innewohnen kann, die so perfekt erscheint, dass es eben wehtut. Das Paar kann weder miteinander noch ohne den jeweils anderen.

In "Aurora", personifiziert ihr die Witterung in einer Wüste als Gottheit; worum geht es genau?

Aurora als Sinnbild der Morgenröte ist eine Frau mit gebrochenem Herzen, die von Einsamkeit aufgezehrt wird. Gleichzeitig gibt es eine weitere Figur in dem Stück, die sich danach sehnt, Aurora wieder nahezukommen. Mit diesem Stück drücken wir unsere ehrlichen Gefühle im Rahmen eines wirklich geschehenen Ereignisses aus. Das Drama beschwören wir vor allem mit den Gitarren herauf, die förmlich explodieren und satten Latin Rock daraus machen. Wir alle haben uns eine zeitlang ein und derselben Empfindung hingegeben, um den Song besonders eindringlich zu machen. Deshalb gehört er auch zu unseren liebsten.

Ihr bezieht euch auch auf die Xtabay, einen weiblichen Dämon aus der mittelamerikanischen Mythologie ...

Die Legende stammt von den Maya. In bestimmten Gegenden heißt der Dämon auch La Llorona, und die Handlung variiert je nach Erzähler. In Mexiko kennt sie jeder, und nicht zuletzt weil sie so populär ist, wird sie von manchem sogar für wahr gehalten. Unser Text beschreibt den Zustand einer Frau, deren Seele von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht wird, die sich auch nachts über Männer hermachen. Wir möchten damit unseren Wurzeln Tribut zollen, der Kultur und Tradition unserer Vorfahren. Wir schreiten durch die Ruinen dessen, was sie hinterlassen haben.

Wollt ihr noch andere konkrete Botschaften mit euren Lyrics loswerden?

Sie nehmen eine wichtige Rolle für uns ein. Wir bemühen uns um Aufrichtigkeit analog zu unserer impulsiven Musik. Es ist schwierig, Rock mit spanischen Texten zu spielen, aber wir strengen uns an und werden immer besser. Es gibt nichts schlimmeres als aussageloses Geseier. Musik ist zwar eine universelle Sprache, aber da wir eben aus Mexiko kommen, erachten wir es als wichtig, einen Stil zu kultivieren, der typisch für dieses Land sein kann, nur eben im Heavy- oder Progressive-Bereich. Jeder soll mitsingen und seine Emotionen herauslassen können.

Welche Pläne verfolgt ihr weiter?

Na ja, das Übliche: Platte promoten, live spielen. Wir träumen natürlich auch davon, mit unserer Musik in anderen Ländern auftreten zu können, aber das ist bislang noch weit hergeholt.

Na ja, wer sich keine Ziele setzt, kann gleich aufhören. Wir wünschen euch viel Glück!

Andreas Schiffmann (Info)
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