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Interview mit Fairy Tale (10.09.2012)
Spartenfreie Alben gibt es selten, und wenn man auf eines stößt, findet man sich prompt im Pfuhl der Beliebigkeiten wieder. Anders ergeht es dem Hörer bei FAIRY TALE aus der Slowakei, deren "Loveland" stilistisch vielfältig, aber mit langer Halbwertszeit gesegnet ist. Die Band beantwortet unsere Fragen im Kollektiv.
Anders als viele Bands aus eurem Land singt ihr überwiegend in Englisch. Wie hoch sind eure Ambitionen, auf ausländischen Märkten zu punkten.
Es motiviert uns nicht an erster Stelle, wengleich wir schmeichelhafte Kritiken aus unterschiedlichen Ländern eingeheimst haben. FAIRY TALE geht es aber nicht um den großen Reibach; wir träumen von etwas Anderem. Bevor unsere Musik die Grenzen dieses Landes im eigentlichen Sinn überquert, muss sie es aus künstlerischer Sicht tun. Freunde, die beim Radio arbeiten, fragen ständig, weshalb wir unsere Muttersprache weitgehend außen vor lassen; viele Slowaken tragen vermutlich Scheuklappen, was dies betrifft, und wir möchten eigentlich nicht wie eine seltsame Folklore-Truppe vom Balkan wahrgenommen werden.
Da man euch schwerlich kategorisieren kann: Wo liegen eure Einflüsse, und welche musikalische Ausbildung habt ihr genossen?
Wir stehen vor allem auf ältere Musik, sei es der Art Rock der Siebziger, Prog und auch Pop - warum nicht? Es gibt überall brillante Kompositionen, bei Yes, Rush und King Crimson genauso wie von Paul Simon. Bisweilen legt man einen Jazz-Klassiker auf, ein andermal, wenn man unbändige Energie verspürt, staubt man seine Metal-Scheiben ab.
Die Texte auf "Loveland" passen genauso gut zum Bandnamen wie zum Titel des Albums. Seid ihr wirklich so eskapistisch?
Nun ja, wir sind keine Sekte, aber viele unsere Texte idealisieren die Vergangenheit, das stimmt. Mit dieser Scheibe wollten wir unserern Sound sehr klar umreißen, aber nicht im wörtlichen Sinn. FAIRY TALE sollen rein wie sauberes Wasser klingen, also ohne Geschmacksverstärker, und deshalb passt der Name "Loveland" sehr gut: Er subsumiert die mit diesem Bestreben zusammenhängenden Gefühle.
"State Of Neurotica" kritisiert die Reizüberflutung in der modernen Welt. Wie wirkt ihr dem entgegen?
Alles ist möglich, und man sollte nicht jammern, denn der Zeitgeist ist kein solcher, wenn man den einzelnen Menschen heranzieht: Niemand gleicht dem nächsten aufs Haar, was sein Wesen betrifft. Wer sich mehr Licht in seinem Leben erbittet, sollte aufstehen, hinausgehen und tatsächlich leben, statt vor seinem Computer zu heulen. Viele junge Leute wissen gar nicht, was gute Musik und Songwriting sind. Nichts davon hat mit Superstars zu tun, Pop-Idolen oder Reality-Shows.
Worum geht es in "Domov ... raj"? Der Titel verweist auf Heimat und Paradies.
Es dreht sich um eine zwischenmenschliche Beziehung. Das Paar traut sich, "Ich liebe dich" zu sagen und weiß, dass niemand perfekt ist, man aber über alles sprechen kann. Geht man aufeinander zu, findet man zu einem harmonischen Zusammenleben. Unser Heim kann einem Paradies nahekommen, die Familie Probleme und Wunden heilen, vor denen wir im Alltag nicht gefeit sind.
Ist "Music" euer Tribut ans Sujet, eine Liebeshymne?
Gewissermaßen schon. Die Melodie stammt von Barbora, und die Worte huldigen der Musik als Kunstform. Gleichzeitig handelt es sich aber auch um eine Art Klagegesang der Musik selbst, weil sie es heutzutage wie gesagt schwer hat.
Neben dem "Loveland" ist das Karussell ein wiederkehrendes Wort in euren Texten.
Die Lyrics behandeln Träume, etwa auch eine kurze Geschichte, in der ein schlafendes Mädchen ein fremdes mit seiner Mutter sieht. Die Träumende begreift, dass die beiden Teile ihres eigenen Wesens sind. Es handelt sich um eine psychologische Reflexion: Erkenne das Kind in dir an und beziehe es auf dein gegenwärtiges Befinden als Erwachsener, lass dich ins Land der Liebe leiten Was Karussells angeht, mögen wir sie nicht besonders, aber manchmal fühlt sich der Mensch eben, als schwirre die gesamte Welt um seinen Kopf.
Was dürfen wir in Zukunft von euch erwarten?
Wer weiß? Zwei von uns haben Nachwuchs bekommen; drei Monate nach der Veröffentlichung des Albums kam Nina zur Welt, also müssen wir uns arrangieren. Am wichtigstens ist uns das Feedback und Interesse der Hörer. Heute kann man sich überhaupt nicht mehr sicher sein, ob es noch jemanden gibt, der sich mit Songs auseinandersetzt. Wir möchten spüren, dass Musik nicht bloßes Chaos ist, das man aus dem Internet-Dschungel laden und mit dummen "Likes" versehen kann, keine Geräuschkulissse beim Arbeiten oder trivial heiteres Radio. Für uns gibt es Musik vor allem in Form von ganzen Alben als Kunstsammlungen von Liedern für die sich Hörer Zeit nehmen und emotional fallenlassen. Beten wir dafür, dass es besser wird; als Band sind wir jedenfals optimistisch.
Ein schönes Schlusswort, vielen Dank!