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Interview mit BLAZING ETERNITY (20.04.2024)

BLAZING ETERNITY

Sie sind tatsächlich zurück – the boys are back in town! Genauer gesagt: BLAZING ETERNITY sind wieder am Start, haben im vergangenen Herbst in Kopenhagen ein Konzert gespielt und bei diesem Anlass gleich einige neue Songs vorgestellt, die derweil auf "A Certain End Of Everything" verewigt wurden. Mit diesem Album knüpft die Band quasi nahtlos an ihre ersten beiden Langspieler an, obwohl doch gefühlt ein halbes Leben – und manch bitterer Verlust – zwischen den Veröffentlichungen liegt. Peter Mesnickow (Gesang und Texte) und Morten Lybecker (Gitarre und Komposition) haben sich viel Zeit genommen, um Entwicklungen aus rund zwei Jahrzehnten zu reflektieren...

Es entbehrt keineswegs einer gewissen Ironie, dass BLAZING ETERNITY mit einem Comeback-Album namens "A Certain End Of Everything" den Beweis antreten, dass die Band noch lange nicht am Ende ist. Also, willkommen zurück - nach wie vielen Jahren? - und herzlichen Glückwunsch zu einem Album, das tatsächlich nach "guten, alten" BLAZING ETERNITY klingt!

Peter: Danke! Es ist toll, zurück zu sein – und sich willkommen zu fühlen. 21 Jahre sind seit dem letzten Album "A World To Drown In" von 2003 vergangen. Wir haben allerdings vier Konzerte in den Jahren 2011 und 2012 gespielt.

Die erste Single "One Thousand Lights" wurde mit viel Applaus bedacht und einige Leute zeigten sich freudig überrascht, dass Eure neue Musik sie an "Times And Unknown Waters" erinnert. Seid Ihr ähnlich überrascht, dass Euer Debütalbum nach all der Zeit eine solche Wertschätzung erfährt? Bisher hatte ich den Eindruck, dass "A World To Drown In" besser aufgenommen wurde, doch ich mag mich täuschen...?

Peter: In den letzten Monaten haben wir in der Tat festgestellt, wie nachhaltig der Einfluss von "Times And Unknown Waters" auf viele Leute war. Letzte Woche sagte ein Journalist von einem der größten dänischen Metal-Medien, dass das Album seiner Meinung nach vielleicht das beste dänische Metal-Album aller Zeiten sei. Ziemlich große Worte. Vielleicht zu große Worte. Nach der Veröffentlichung der Single "One Thousand Lights" haben uns sehr viele Leute mitgeteilt, wie viel ihnen unser erstes Album bedeutet. Um ehrlich zu sein, hat uns das ziemlich überrascht. Vielleicht liegt es daran, dass wir nicht wie der Standard-Death-Metal oder der generische Black Metal klangen, die zu dieser Zeit aus Dänemark kamen. Insofern fühlen wir uns geschmeichelt. Was "A World To Drown In" betrifft, so ist es vielleicht zwischen zwei Stühlen gelandet: Zu hart, um von einem Mainstream-Publikum gemocht zu werden, und zu weich, um von den Metal-Fans geliebt zu werden. Obwohl, vielleicht ist das zu schwarz/weiß. Es wurde in bestimmten Medien gut aufgenommen, doch von diesen beiden Alben verkaufte sich "Times And Unknown Waters" definitiv am besten. "A World To Drown In" hat sein eigenes Publikum gefunden, wird immer noch sehr gelobt und gilt als "unterschätztes Juwel", wie das französische Rock Hard es vor ein paar Jahren bezeichnete. Unserer bescheidenen Meinung nach ist das zweite Album viel besser produziert als das Debüt, und von den Songs her auch viel stärker. Doch die Musikstile der beiden Alben sind sehr unterschiedlich, so dass man sie nicht wirklich vergleichen kann. Das erste Album war eine Mischung aus Songs, die über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren geschrieben wurden, während die Songs für das zweite Album in maximal ein bis zwei Jahren entstanden sind.

Als wir das letzte Mal über ein neues Album sprachen, waren wir ungefähr halb so alt, und natürlich hat sich in der Zwischenzeit vieles verändert, allerdings nicht der typische Sound von BLAZING ETERNITY, den Ihr damals als "Nordic Night Metal" bezeichnet hattet. Als ich im ersten verrückten Covid-Jahr 2020 auf der Insel Møn Urlaub machte und abends an der Küste spazieren ging, erinnerte ich mich an Euer Demo und diese besondere Stimmung in der Dämmerung, die sich schon vom zeitgenössischen Black Metal unterschied. Könnt Ihr in Euren eigenen Worten beschreiben, woher Eure Melancholie heutzutage rührt und inwieweit sich Eure Musik noch aus "alten" Quellen speist?

Peter: Deine Beschreibung ist sehr zutreffend. Die Stimmung der Dämmerung war schon immer eine große Inspiration und ist es immer noch, zumindest für mich. Die Melancholie speist sich heutzutage aus vielen verschiedenen Quellen. Die Trauer und der Kummer über den Verlust von Menschen, die uns sehr nahestanden, haben das neue Album sowohl musikalisch als auch textlich zweifellos stark beeinflusst. Allerdings haben uns auch viele andere Dinge inspiriert. Und Morten hat wahrscheinlich seine eigene Art, inspiriert zu werden, während ich meine habe. Morten kann da für sich selbst sprechen. Inwieweit speist sich unsere Musik noch aus "alten" Quellen? Was denkst du, Morten?

Morten: Heutzutage stellt das Schreiben von Musik für mich etwas ganz anderes dar als in früheren Zeiten. Ich habe ein kleines Studio bei mir zuhause, in das ich fast jeden Tag verschwinde. Im Grunde habe ich mit mir selbst vereinbart, dass ich mindestens einmal am Tag dorthin gehen und etwas aufnehmen muss. Ungefähr 80 Prozent davon werfe ich über Bord, doch das restliche Material bearbeite ich so lange, bis es etwas in mir bewegt. Es ist sehr schwer zu erklären, was das ist, aber es ist ein bestimmtes inneres Gefühl. Zum Beispiel der letzte Teil des Titelstücks der neuen Platte: Bereits bei den Grundakkorden hatte ich dieses gewisse Gefühl, es hat mich irgendwie bewegt. Und dann kam der Rest fast von alleine. Für mich geht es also um die beharrliche harte Arbeit, um das Material, das bei dieser Arbeit herauskommt, und um die Form und das Gefühl, das die Töne auslösen. Weniger um das Umfeld, das eigene Leben und so weiter.

Euer neues Album wurde wieder von Markus Stock gemischt und gemastert, der Eure Musik offensichtlich mehr als gut kennt. Trotzdem sind zwei Jahrzehnte vergangen, seit Ihr mit ihm gearbeitet habt, also habt Ihr Euch vielleicht neuen Herausforderungen stellen müssen, oder war der Prozess eher old school?

Peter: Markus hat die ersten beiden Alben von BLAZING ETERNITY produziert. Wir werden nie das erste Mal vergessen, als wir 1999 nach Zeltingen in Deutschland reisten, um unser erstes Album "Times And Unknown Waters" aufzunehmen. Prophecy Productions war in einem großen Haus untergebracht, in dem sich die Prophecy-Büros, das Prophecy-Lager, das Studio Klangschmiede E und auch noch die Wohnung von Markus und seiner Freundin Nadine befanden. Wir wohnten also drei Wochen im Gästezimmer des Studios bzw. Labels, und haben mit Markus während dieser Zeit fast jeden Abend gebechert. Damals war Prophecy ein kleines Label mit nur 15 bis 20 Veröffentlichungen. Für das nächste Album "A World To Drown In" wohnten wir in einer Gästewohnung in der Nähe des Studios und tranken unglaubliche Mengen an Mosel-Weißwein. Auch das war eine tolle Erfahrung, und die Produktion war viel besser als die des ersten Albums. Für das neue Album haben wir alles in Dänemark aufgenommen, doch es war uns von Anfang an wichtig, dass Markus den Mix und das Mastering übernimmt, und zwar aus zwei Gründen: Erstens weil seine Arbeit ein wichtiger Teil unserer Vergangenheit ist, und zweitens und am wichtigsten weil er immer noch ein "Mastermind" für unsere Art von Musik ist. Die Arbeit mit ihm war auch dieses Mal wieder sehr zufriedenstellend. Er sagte, dass er das neue Album wirklich liebt – wir hoffen, dass er immer noch so denkt! – und es war offensichtlich, dass es für ihn etwas Besonderes war, wieder mit uns zu arbeiten, genau wie für uns. Es war fast so, als wäre keine Zeit vergangen. Ursprünglich war geplant, zu ihm zu fahren und das Album gemeinsam mit ihm zu mischen und zu mastern – und vielleicht wie früher einen über den Durst zu trinken, doch wir mussten uns stattdessen an die elektronische Kommunikation halten.

Auf der Bühne unterstützt Euch kein Geringerer als Kim Larsen von OTWATM an der Gitarre, der schon seit Ewigkeiten ein Freund von Euch ist und dessen Wirken im Dienst von Saturnus in den ersten Jahren unvergessen ist. Wie wichtig sind sein Rat, seine Erfahrung und sein Humor für BLAZING ETERNITY? Und würdet Ihr zustimmen, dass "The Lone Descent" eine der schönsten musikalischen Vertonungen von Melancholie ist, die jemals aufgenommen wurde?

Peter: Kim ist ein sehr wichtiger und enger Freund, und wir sind froh, dass er uns seit 1997 immer noch live begleitet, auch wenn er mit Of The Wand & The Moon so sehr beschäftigt ist. Kim ist seit mehr als 25 Jahren Teil unseres Lebens, und ich schätze, er ist ziemlich glücklich damit, bei uns eine laute Metal-Gitarre spielen und sich im Hintergrund halten zu können – quasi als Gegenteil seines Auftretens als Frontmann von Of The Wand & The Moon. Und ja, ich kann nur zustimmen, dass "The Lone Descent" ein absolutes Meisterwerk ist.

Was bedeutet es für dich, wieder mit einem Line-up auf die Bühne zu gehen, das es schon in den Neunzigern gab?

Peter: Der Tod unseres Live-Keyboarders Jens Hansen im Jahr 2022 zwang uns, einen neuen Keyboarder zu suchen. Doch als Band, die seit 30 Jahren besteht, sind wir nicht so scharf darauf, neue und unbekannte Leute in die Band zu holen. Also fragten wir einfach Anders Ro Nielsen, der bereits von 1997 bis 2001 bei uns an Bord war – und er hat ja gesagt! Kim und Anders hatten beide bereits früher in Saturnus gespielt, machten aber seit über 20 Jahren nicht mehr zusammen Musik, bis sie nun in BLAZING ETERNITY wieder zusammenfanden. Wir alle finden es fantastisch, mit der gleichen Besetzung wie vor 24/25 Jahren auf die Bühne zu gehen, denn wir haben wieder eine tolle Zeit. Das gilt auch für Magnus Ringling am Bass, der schon beim zweiten Demo sowie beim ersten Album dabei war.

Im November 2023 habt Ihr auf dem Nocturne Fest in eurer Heimatstadt gespielt, und für 2024 sind bereits Festival-Auftritte in Dänemark gebucht. Gibt es eine realistische Chance, dass Ihr auch in den Süden reist?

Peter: Ja, absolut, doch wir brauchen ein paar deutsche Booker/Agenten, die uns dabei helfen. Es ist nicht so, dass wir uns einfach aussuchen können, wo wir einen Gig spielen wollen. Vielleicht kann Musikreviews.de-Tour-Booking uns bei einer Europatournee helfen? Spaß beiseite, wir würden liebend gerne fast überall spielen – also bitte deine Leser, ihre lokalen Booker zu beauftragen, sich bei uns zu melden! Und ja, Deutschland ist für uns von besonderer Bedeutung, und wir planen bereits einige Konzerte für 2025.

Von allen neuen Songs hat "Your Mountains Will Drown Again" den stärksten "A World..."-Vibe, was an den Gesangsharmonien ebenso wie an den Melodielinien liegt. Wenn ich mir Euer zweites Album in den letzten zwei Jahrzehnten anhörte, fragte ich mich manches Mal, ob es für Euch "zu groß" war, um kurz darauf einfach ein weiteres Album aufzunehmen?

Peter: Ich glaube nicht, dass es für uns "zu groß" geworden war - denn es erhielt erst einige Jahre nach der Veröffentlichung immer mehr Lob. Wobei die Kritiken gemischt waren, einige sehr positiv und einige sehr negativ. Wie auch immer, die Stimmung in der Band war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und auch danach sehr schlecht. Wir alle hatten uns einfach auseinandergelebt, es gab viele Meinungsverschiedenheiten und negative Schwingungen. Allerdings waren wir auch fast jeden Tag seit 1993 zusammen gewesen, und nun begann für uns alle ein neuer Lebensabschnitt. Wir haben uns nie offiziell getrennt, doch irgendwie ging es auseinander... Dann wurden wir 2008 und 2009 von dem dänischen Kultfestival Metal Magic angesprochen und gebeten, eine Reunion-Show zu spielen. Wir haben beide Male abgelehnt, weil wir uns nicht vorstellen konnten, wieder zusammenzukommen. Dann fragten sie uns 2010 erneut, und dieses Mal stimmten wir zu, uns in einer Bar zu treffen, um über alles zu reden, also über all die Dinge zu sprechen, die uns auseinandergetrieben haben. Natürlich und zum Glück haben wir uns betrunken und alles zwischen uns geklärt. So kam es dazu, dass wir vier Konzerte in 2011 und 2012 spielten, auf dem Metal Magic Festival, in Kopenhagen, in Aarhus und beim Wave Gotik Treffen in Leipzig. Und nach einigen Jahren ist plötzlich wieder ein neues Album fertig!

Gerüchten zufolge wird es 2024 eine weitere Veröffentlichung von BLAZING ETERNITY geben...?

Peter: Ja, das dänische Label Deadbangers wird eine Vinyl-Edition unserer beiden Demos "Over Sorte Heder" und "Der Hviler En Nat Under Sorte Vinterbøge" veröffentlichen. Layout und Remastering haben soeben begonnen, also dürfen wir uns auch darauf freuen. Wir hoffen auf eine Veröffentlichung im Jahr 2024. Die LP wird ein Booklet mit alten Presseberichten, seltenen Fotos und brandneuen Liner Notes enthalten.

 

Live-Photo: David Mesnickow

Thor Joakimsson (Info)
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