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Prog 66 Meeting - Spirit Of 66, Verviers, Belgien - 11.11.2012

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Lothar Epe von UNWRITTEN PAGES war so frei und berichtete für uns vom ersten kleinen Prog-Festival im beliebten belgischen Club Spirit Of 66. Hier seine Ausführungen; die Fotos stammen von Jutta Fassbinder.

Die erste Auflage des Prog 66 Meetings steht an, und es ist der letzte Tag eines langen Wochenendes. Dass trotz großer Namen und einer sehr interessanten Auswahl an Bands pro Veranstaltungstag weniger als 100 Zuschauer zusammenkommen, verwundert inzwischen niemanden mehr.

Das Problem

Während die eingesessene Riege der Progrock-Bands immer noch von ihren alten Pfründen zehrt, die teilweise bis in die späten Sechziger zurückreichen - Pink Floyd, Led Zeppelin, Uriah Heep und Yes, um nur die einschlägigen Namen zu nennen -, stehen selbst namhafte junge Vertreter ständig am Abgrund und haben bis auf wenige Ausnahmen trotz neuer Vertriebswege sowie eines unglaublichen Fleißes mit Hinblick auf Live-Aktivitäten nicht den Hauch einer Chance, eine wirklich stabile Szene zu etablieren. Die Gründe hierfür sind vielfältig, und sie aufzuzählen oder gar zu erklären würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Natürlich wissen auch die Veranstalter des Spirit Of 66 von diesen Umständen, was sie jedoch nicht an dem Wagnis hindert, dieses Event auf die Beine zu stellen. Ohne Leidenschaft für die Musik beziehungsweise den Enthusiasmus in Sachen "Förderverein Progrock" und die damit verbundenen mutigen unternehmerischen Entscheidungen der wenigen Veranstalter, die sich auch livetechnisch um das Genre kümmern, wäre die aktuelle Progrock-Szene längst tot. Das Spirit Of 66 hat sich auch diesmal nicht lumpen lassen.

Die Bands

Heute stehen RPWL aus München, French TV aus Louisville im US-Bundesstaat Kentucky und Agents Of Mercy aus Schweden auf dem Programm.

Eine großartige Band wie RPWL als Opener einzusetzen ist eine ziemlich gute Idee. Die Bayern bringen den Laden richtiggehend zum Kochen und sorgen dafür, dass gleich zu Anfang unter den gegebenen Umständen, also bei weniger als geschätzten 100 Zuschauern, vor der Bühne eine Menge los ist. Obwohl man sagen muss, dass die Jungs - allen voran Yogi Lang - einen mehr als überzeugenden Job abliefern, ist es vor allem Gitarrist Karlheinz Wallner, der durch sein Spiel beeindruckt. Er beherrscht sein Instrument nicht einfach nur handwerklich, sondern weiss sich im Gegensatz zu vielen anderen Gitarristen zurückzunehmen und muss eben kein komplettes Konzert mit halsbrecherischen Kabinettstückchen bestreiten. Wallner verfährt nach dem Motto "Weniger ist mehr", um nur in den entscheidenden Situationen Akzente zu setzen. Die Setlist der Band ergibt sich weitgehend aus "Beyond Man And Time", dem aktuellen Album von 2012, das es auch als limitierte Doppel-CD mit Hörbuch gibt. Hinzu kommen ein paar ältere Knaller, zum Beispiel als Zugabe "Roses", das die Stimmung im Publikum noch einmal an den Siedepunkt treibt.

Die Formation French TV ist eine sehr mutige Wahl, weil man in ihrem fall weniger über Progressive Rock reden kann als von einer komplexen Jazz-Fusion-Kapelle mit obendrein frankophonem Ansatz. Mögen sie auch nicht zu Unrecht ihre Fans haben, passen sie nicht so recht zu diesem Festival, und die Resonanzen fallen auch entsprechend aus: Viele Fans, die RPWL zugejubelt haben, nutzen diese 45 Minuten für einen Imbiss und kehren allenthalben zurück, um sich den letzten Gig des Tages mit Agents Of Mercy anzuschauen.

Dies ist wiederum eine kluge Entscheidung. Szene-Kenner dürften um die Qualität dieser Gruppe von Gitarrist Roine Stolt wissen. Auch Agents Of Mercy fokussieren die Titel ihrer aktuellen CD "The Black Forest" und beeindrucken nicht wenig: Noch vor zwei Jahren war Sänger Nad Sylvan nicht gut bei Stimme, doch inzwischen glänzt er in allen Facetten und unterstreicht dies außerdem mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz. Folglich muss er hart an sich gearbeitet haben, was auch Steve Hackett offenbar zu schätzen weiß, in dessen aktuellem Projekt er ebenfalls als Sänger agiert. Über Roine Stolts Können zu berichten kommt dem sprichwörtlichen Tragen von Eulen nach Athen gleich, da er sich vor allem mit den Flower Kings und Transatlantic einen Namen gemacht hat. Der Mann ist Mitte 50 und mit allen Wassern gewaschen, da er bereits alle Höhen und Tiefen des Business hinter sich hat. Zwei weitere Musiker sorgen indes dafür, dass man aus Staunen icht herauskommt: Keyboarder Lalle Larsson macht immer wieder Ausflüge in den klassischen Bereich und improvisiert dabei, was das Zeug hält. Er weckt den Eindruck, seit seiner Kindheit nichts weiter zu tun als in die Tasten zu langen, während der noch sehr junge Schlagzeuger Walle Wahlgren einen so souveränen und angenehm lässigen Groove hinlegt, dass es dem Betrachter und Hörer die Schuhe auszieht.

Dieser Gig ist trotz langer Zugabe und einer Gesamtdauer von fast zwei Stunden äußerst kurzweilig, sodass man durchaus ein paar weitere Stunden im Spirit Of 66 weilen könnte.

Der Sound
Der Klang von der Bühne wandelt sich im Laufe des Tages. Er bleibt beim ersten Gig eher durchwachsen, wird im Mittelteil der Veranstaltung grottenschlecht und genügt erst während des letzten Auftritts den Ansprüchen des Zuhörers.

Die Location

Es handelt sich um eine ziemlich coole Veranstaltungsstätte mit einem atmosphärisch sehr interessanten Ambiente, das man als familiär bezeichnen kann, zumal die Größe des Lokals eher übersichtlich ist. Man steht entweder direkt vor der Bühne, sitzt an der Theke oder verfolgt den anstehenden Liveact von einer Empore aus. Dort im oberen Bereich gibts in der Regel CDs und DVDs sowie die Shirts der auftretenden Künstler zu kaufen. Die Empore ist ausserdem ein beliebter Treffpunkt für den Austausch untereinander. Im Eingangsbereich gibt es eine Rampe für Rollstuhlfahrer.

Andreas Schiffmann (Info)

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Live-Fotos

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